Joachim Löw und seine Nationalspieler hatten schon längst die schmachvolle Heimreise von der WM angetreten, da traf sich Jürgen Klinsmann in Russland mit DFB-Präsident Reinhard Grindel zum Mittagessen. Der frühere Bundestrainer verriet nun, dass er sich in dem Gespräch damals für seinen einstigen Assistenten Löw stark gemacht habe. Wie? Indem er Grindel die Parallelen zur enttäuschenden WM 1994 in den USA verdeutlichte.
Klinsmann: Löw steht unter Druck
"Mit Berti Vogts hatte man den Schuldigen ausgemacht. Aber er hatte damit gar nichts zu tun. Von den Einzelspielern war der Kader damals besser besetzt als die Weltmeister-Mannschaft 1990 - aber wir waren kein Team", sagte Klinsmann der Sport Bild: "Damals wurde seitens des DFB entschieden: Wir ziehen das Ding mit Berti durch. Das Ergebnis: Deutschland wurde zwei Jahre später Europameister."
Klinsmann: Löw steht unter Druck
Nun zieht der Deutsche Fußball-Bund (DFB) das Ding mit Löw durch - und der steht genau wie Vogts damals unter einem enormen Erfolgsdruck. "Die Situation ist vergleichbar mit der von heute", sagt Klinsmann. Es werde "von Jogi erwartet, dass er die Dinge korrigiert mit reinem Erfolg. Das heißt: Minimum das Halbfinale bei der EM zu erreichen."
Klinsmann hat nach der WM auch mit Löw telefoniert. Er habe ihm "geraten, Abstand zu gewinnen", verriet Klinsmann: "Ich sagte ihm: 'Korrigiere das, was zu korrigieren ist. Mach nicht halt vor schwierigen Entscheidungen.'" Klinsmann glaubt zu wissen, dass bei Löw noch "der Hunger da ist", nicht nur wegen der völlig verpatzten WM: "Wer will nicht in seiner Vita stehen haben: Europameister."
Klinsmann lehnt Posten beim DFB ab
Eine Beratertätigkeit beim DFB, den er gemeinsam mit Löw schon durch das Sommermärchen 2006 bereichert hatte, kann sich Klinsmann aber nicht vorstellen. Er wolle keine Rolle übernehmen, bei der er "nicht das absolute Sagen" habe, nicht "mit allen Kompetenzen ausgestattet" sei.
Klinsmann verriet, dass er vor der WM "vier, fünf Anfragen" von Mannschaften erhalten habe, die sich für die Endrunde in Russland qualifiziert hatten. Er habe jedoch den Trainerjob jeweils abgelehnt, "weil deren Ziel es war, die Vorrunde zu überstehen". Dies habe er jedoch mit den USA 2014 bereits erreicht, nun komme für ihn nur noch eine Auswahl infrage, die "ein gewisses Kaliber und das Ziel hat, unter die letzten Vier zu kommen bei einer WM."
Doch auch eine Trainertätigkeit im Klubfußball schloss der einstige Coach des deutschen Rekordmeisters Bayern München nicht aus, genauso wenig wie eine Rückkehr in die Bundesliga. Diese müsse künftig aber deutlich mehr investieren, meinte Klinsmann: "Die Bundesliga braucht die Superstars, um nicht nur sportlich die Qualität nach oben zu bringen. Sondern auch, um externe Investoren zu gewinnen." Ansonsten könne die Liga im internationalen Wettlauf nicht mithalten.