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Paul Breitner vs. Uli Hoeneß - der Bruch der FC-Bayern-Legenden

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Gute Freunde kann niemand trennen, sang einst ein berühmter Teamkollege dieser beiden Männer. Stimmt nicht, wie die Geschichte von Uli Hoeneß und Paul Breitner zeigt. Die beiden Bayern-Legenden waren einst dicke Freunde, jetzt bewegt ihr heftiger Streit die Fußballnation
Wie kam es zu dem Bruch der beiden und warum erschüttert er vor allem die treuesten Bayern-Fans so? SPORT1 zeichnet die Geschichte einer zerbrochenen Freundschaft nach
Wir schreiben das Jahr 1970: Bayern-Trainer Udo Lattek präsentiert zwei vielversprechende Neuzugänge: Den 18 Jahre alten Defensivmann Paul Breitner vom ESV Freilassing und den gleichaltrigen Angreifer Uli Hoeneß von der TSG Ulm 1846
Die beiden kennen sich aus gemeinsamen DFB-Lehrgängen, lernen einander schätzen, werden WG-Genossen, teilen sich den Abwasch. Legendäre Anekdote: Hoeneß hilft Breitner sogar dabei, sich im Kohlenkeller vor den Feldjägern der Bundeswehr zu verstecken
Auch sportlich entsteht eine gedeihliche Partnerschaft, in den kommenden vier Jahren werden Hoeneß und Breitner dreimal gemeinsam Meister mit Bayern, holen 1972 die EM, 1974 den Europapokal der Landesmeister und schließlich auch den WM-Titel im eigenen Land
Der streitbare Breitner eckt schon damals an, unter anderem missfallen seine (damals) politisch linken Ansichten der konservativen Klubführung. Hoeneß steht ihm zur Seite, hilft die Wogen zu glätten. 1974 wird Breitner zu Real Madrid verkauft
Im Jahr 1978 holt Bayern Breitner für die Ablösesumme von 1,5 Millionen D-Mark von der Zwischenstation Eintracht Braunschweig zurück, das "alte Ehepaar" (O-Ton Breitner 1979) ist wieder vereint, auf dem Platz jedoch nicht lange
Hoeneß muss seine Karriere 1979 verletzungsbedingt frühzeitig beenden, wechselt mit nur 27 Jahren in den Manager-Job bei Bayern. Er begründet eine neue Erfolgsära
In den Jahren 1980 und 1981 wird Bayern nach sechs Jahren Durststrecke wieder Meister, Breitner und sein neuer kongenialer Partner Karl-Heinz Rummenigge haben entscheidenden Anteil. Mit Manager Hoeneß jedoch vollzieht sich eine Entfremdung
Nach der Saison 1982/83 kommt es zum großen Knall, auf einer von Hoeneß organisierten Marketingreise durch Asien. Als Hoeneß sich da die Mannschaft zur Brust nimmt, sich besser zu präsentieren, verliert Breitner die Fassung
"Du hast uns gar nichts zu sagen", herrscht Breitner Hoeneß an: "Halt die Klappe, mach’ du deinen Job, wir machen unseren." Er pfeffert ihm Trikot und Schuhe hin - und bestreitet nie wieder ein Profispiel
Nach dem großen Knall herrscht jahrelang Funkstille, Breitner ist unerwünschte Person im von Hoeneß geführten Klub, tritt stattdessen als scharfzüngiger Experte und Kolumnist in Erscheinung - auch die Bayern schont er nicht
Entspannung tritt nur sehr langsam ein: Bis Hoeneß und Breitner wieder friedlich nebeneinander laufen können - wie hier beim "Legend's Day" auf St. Pauli 2005 - muss viel Gras über den alten Konflikt wachsen
Im Jahr 2007 dann die Überraschung: Hoeneß stellt Breitner als Berater ein, der "von Zeit zu Zeit" Expertise beisteuern soll. Später wird er offiziell Chefscout, dann Markenbotschafter
Dicke Freunde werden Breitner und Hoeneß trotz der Wiederannäherung nicht noch einmal, die Verpflichtung Breitners gilt als Zweckbündnis, als produktive Einbindung eines Unbequemen. Tatsächlich teilt Breitner in den kommenden Jahren vor allem gegen die Kritiker der Bayern aus
Im Jahr 2017 legt Breitner seinen Botschafter-Posten nieder, er will sich nach eigenen Angaben wieder anderen Aufgaben widmen. Wie inzwischen bekannt ist, gab es schon da neuen Stunk mit Hoeneß, während dessen Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung zwischen 2014 und 2016. Im Oktober 2018 bricht der Konflikt dann offen aus
Nachdem Hoeneß in der schon jetzt legendären PK der Bayern-Bosse Medien und Kritikern die Leviten liest (und zugleich dem zu PSG verkauften Juan Bernat vorhält, einen "Scheißdreck" gespielt zu haben), hält Breitner nicht mehr mit seiner Meinung hinter dem Berg
"Karl-Heinz Rummenigge kommt rein, zitiert das Grundgesetz und zehn Minuten später tritt der neben ihm dieses Grundgesetz mit Füßen - und das schon seit einem halben Jahr", schimpft Breitner in der BR-Sendung "Blickpunkt Sport"
Breitner vermisst "Respekt, Achtung vor den Menschen, Höflichkeit und Fairness" bei Hoeneß und kommt zum Schluss: "Bei Uli Hoeneß geht es immer um die FC-Bayern-Familie. Da müssten jetzt die Kinder der Familie sagen: Für den Papa müssen wir uns jetzt gewaltig schämen."
Hoeneß lässt die Attacken zunächst unbeantwortet, aber hinter den Kulissen brodelt es. Ende November 2018 kommt schließlich heraus: Hoeneß hat Breitner übermitteln lassen, er solle sich nicht mehr auf der Ehrentribüne der Bayern blicken lassen
Anstelle von Hoeneß überbringt Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen Breitner die Nachricht, aus eigenem Antrieb, wie Hoeneß später klarstellt. Breitner reagiert gelassen: "Ich möchte den einen oder anderen im Moment sowieso nicht sehen", sagt er - und gibt seine Ehrenspielführer-Freikarten freiwillig zurück
Der Ärger mit Breitner sorgt für Verstimmung im Klub, mit der Hoeneß dann auf der Jahreshauptversammlung am 30. November konfrontiert wird
In einer auch sehr schnell legendär gewordenen Rede begehrt Klubmitglied Johannes Bachmayr gegen Hoeneß auf, hält ihm unter Applaus unter anderem vor: "Der Herr Dreesen wurde ja vor Kurzem zum Telefonlakaien degradiert, weil Sie es ja nicht im Kreuz hatten, Ihren alten Weggefährten selber anzurufen."
Im Anschluss an die JHV tritt Hoeneß vor die Presse und erzählt seine Version der Geschichte. Er enthüllt auch, dass der Riss tiefer liegt als bisher bekannt: "Ich werde zu dem Thema nix mehr sagen, ich habe mit Paul Breitner gebrochen, als ich aus dem Gefängnis kam - und das war's für mich." Den Grund führt er nicht aus
Bei einem Fanclub-Besuch am 2. Dezember versucht ein anderer Anhänger mit versöhnlicheren Worten die Wogen zu glätten, formuliert den Weihnachtswunsch, dass Breitner und Hoeneß Frieden schließen mögen. Hoeneß antwortet, diesen Wunsch könne er leider nicht erfüllen
Hinterher, im Gespräch mit der Presse, wird er deutlicher: "Dieses Verhältnis ist nicht mehr zu kitten, er hat den Rubikon überschritten." Breitner sei "Täter, nicht Opfer". Mit Blick auf Breitners frühere Tätigkeit tritt er auch noch nach, Breitner habe "fast zwei Millionen Euro Honorar bekommen für 15 bis 20 Vorträge vor Sponsoren"
Rummenigge, mittlerweile Vorstandschef der Bayern, stützt die Position des Präsidenten. "Dass sich ein ehemaliger Spieler ins Fernsehen setzt und den Uli Hoeneß verbal schlachtet, finde ich nicht gut. Ich befürchte, das Band zwischen beiden ist endgültig zerschnitten."
48 Jahre nach den gemeinsamen WG-Zeiten mit Hoeneß ist Breitner also wieder unerwünschte Person beim FC Bayern. Gute Freunde kann eben doch etwas trennen. Bayern-Fans und anderen Nostalgikern bleibt die zarte Hoffnung, dass auch über diesen Konflikt der beiden Mittsechziger noch Gras wächst
Paul Breitner vs. Uli Hoeneß - der Bruch der FC-Bayern-Legenden
Gute Freunde kann niemand trennen, sang einst ein berühmter Teamkollege dieser beiden Männer. Stimmt nicht, wie die Geschichte von Uli Hoeneß und Paul Breitner zeigt. Die beiden Bayern-Legenden waren einst dicke Freunde, jetzt bewegt ihr heftiger Streit die Fußballnation
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