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Bernd Stange will Syrien mit Fußball-Coup vom Krieg ablenken

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Bernd Stange will Syrien mit Fußball-Coup vom Krieg ablenken

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Stanges heikle Syrien-Mission

Bernd Stange will mit Syrien beim Asien-Cup Historisches erreichen - kein ganz normaler Job im kriegsgeplagten Land mit seinem geächteten Regime.
Bernd Stange ist seit 2018 Fußball-Nationaltrainer von Syrien
Bernd Stange ist seit 2018 Fußball-Nationaltrainer von Syrien
© dpa Picture-Alliance
von Sportinformationsdienst

Nach der Ankunft am Flughafen von Schardscha ging erst einmal nichts mehr.

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Die Fußballer der syrischen Nationalmannschaft und ihr Trainer Bernd Stange wurden vor dem Beginn des Asien-Cup von Scharen frenetischer Fans fast erstickt, den Teambus erreichten die Kicker aus dem geschundenen Land nur mit Müh und Not.

"Die Anhänger sind unsere gefährlichste Waffe", sagte Stange, der sich auf zahlreichen Selfies mit Papp-Pokal wiederfand: "Sie sind unser zwölfter Mann. So eine Euphorie habe ich noch nie erlebt."

Fans als Waffe - eine etwas unbedarfte Wortwahl für die vom Bürgerkrieg gepeinigte Bevölkerung. Prinzipiell ist sich der 70-Jährige aber bewusst, dass es keine ganz normale Trainer-Mission ist, auf die er sich da eingelassen hat: "Der Fußball bietet den Menschen eine Abwechslung", sagte der 70-Jährige kurz vor dem Beginn des Turniers.

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Dem Krieg zum Trotz möchte Stange mit seinem Team in den Vereinigten Arabischen Emiraten Geschichte schreiben - die Syrer wollen bei der 17. Auflage der kontinentalen Titelkämpfe zum ersten Mal die Vorrunde überstehen.

Bernd Stange und sein Team beim Training vor dem Auftakt zum Asien Cup
Bernd Stange und sein Team beim Training vor dem Auftakt zum Asien Cup

Fans sprechen vom Titel

"Das ist ein Muss, das ist Pflicht", verriet Stange dem kicker. Die Fans erwarten sogar noch mehr als den Einzug in die K.o.-Runde des Turniers, das wie die EM-Endrunde zuletzt auch erstmals mit 24 Teilnehmern ausgetragen wird. Die Anhänger sprechen laut Stange, der seinen Job im Februar des vergangenen Jahres angetreten hat, eigentlich nur vom Titelgewinn.

Schon beim Abschlusstraining in der Hauptstadt Damaskus war das Stadion voll. Beim Empfang in den Emiraten, wo eine Million Syrer leben, wurde das Team noch einmal frenetisch gefeiert.

Mitarbeiter der syrischen Botschaft verteilten Tausende Fan-Shirts, bei jedem Gruppenspiel werden über 10.000 Anhänger erwartet. "Ich weiß nicht, ob das mit dem Krieg oder der Ablenkung davon zusammenhängt", äußerte Stange: "Ein unheimlicher Fanatismus."

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Stange, der sich als unpolitisch ansieht ("Ich bin Fußballtrainer, nur Fußballtrainer"), würde auch dem international umstrittenen Machthaber Baschar al-Assad die Hand schütteln. "Ja, würde ich, wohlwissend, was die Fotos wieder auslösen würden", sagte Stange dem am Donnerstag erscheinenden Playboy. Der Fußball werde "überall von Regierungen vereinnahmt", sagte Stange - dem nach wie vor seine Vergangenheit als inoffizieller Mitarbeiter des DDR-Geheimdiensts Stasi anhaftet.

Assad ist bekannt dafür, den Fußball für seine Zwecke zu vereinnahmen - und der Fußball hat sich auch vereinnahmen lassen: Während der Qualifikation zur WM 2018 tauchten mehrere Spieler und Ex-Nationalcoach Fajr Ibrahim mit Assad-Shirts bei einer Pressekonferenz auf.

Fajr Ibrahim (M.) und seine Spieler warben mit T-Shirts für das Assad-Regime
Fajr Ibrahim (M.) und seine Spieler warben mit T-Shirts für das Assad-Regime

"Das wichtigste Spiel der letzten Jahre"

Die Vorbereitung des 74. der Weltrangliste in den Bergen bei Damaskus lief ruhig ab - trotz des Krieges. Der Konflikt hat allerdings dafür gesorgt, dass Syrien seit sieben Jahren kein Heimspiel mehr austragen konnte.

Immerhin hat die Liga vor einem Jahr wieder ihren Spielbetrieb aufgenommen. "Aber die Lage ist nach wie vor sehr kompliziert", sagte Weltenbummler Stange, der bereits den Irak, Oman, Singapur und Weißrussland sowie in Zypern, Australien und der Ukraine trainiert hat.

Mit dieser Erfahrung im Gepäck geht der Coach in die erste Partie am Sonntag gegen Palästina. "Für uns ist es das wichtigste Spiel der letzten Jahre. Die Erfahrung zeigt, dass man mit dem Auftaktspiel ins Turnier kommt oder auch nicht. Ich denke an Deutschland gegen Mexiko bei der WM", äußerte Stange.

Stanges Mission nach dem Turnier beendet

Nach dem Duell mit Palästina geht es gegen Jordanien und zum Vorrundenabschluss gegen Titelverteidiger Australien. Bei den Socceroos wollen sich die Syrer für das Scheitern in den Playoffs zur zurückliegenden WM revanchieren. Für Stange ist allerdings klar, dass Australien einer der Favoriten ist. Dazu kommen Rekordsieger Japan, Iran und Südkorea.

Bernd Stange war von 1983 bis 1988 Nationaltrainer der DDR
Bernd Stange war von 1983 bis 1988 Nationaltrainer der DDR

"Also alle Mannschaften, die bei der WM waren", sagte der frühere DDR-Coach, der in der Bundesliga Hertha BSC und den VfB Leipzig betreut hat. Seine Mission in Syrien, die nach dem Turnier enden soll, wird vom Weltverband unterstützt. Die FIFA-Bosse hatten wohl von der Unzufriedenheit Stanges im Ruhestand erfahren.

Schließlich war ein Hauptgrund für das Engagement des Sachsen "die Langeweile, die ich hatte - beim Entenfüttern und Rasenmähen".