Es klingt erstmal ja nur nach einer Kleinigkeit.
Ein Haarriss in Reals Herz
© Getty Images
"Haarriss am fünften Mittelfußknochen des rechten Fußes": Ach Gott, könnte man denken, Toni Kroos hat doch sicher noch viele andere Fußknochen mit noch mehr heilen Haaren.
Aber wie das manchmal so ist mit den detailverliebten Verletzungsnamen von heute: Sie täuschen manchmal hinweg über das ganze Ausmaß des Schadens. Oder auch darüber, dass das Ausmaß des Schadens überhaupt nicht zu überblicken ist.
Zehn Tage Pause? Drei Monate? In Spanien wird noch gerätselt, wie schwer die Verletzung wiegt, die vor den kommenden deutschen Länderspielen beim Weltmeister diagnostiziert wurde. Sicher ist:
Sie beschert dem spanischen Rekordmeister große Sorgen zu einem ungünstigen Zeitpunkt.
Real Madrid vor Schlüsselduellen
Auf die beiden DFB-Duelle mit San Marino und Italien folgen in der Primera Division wichtige Spiele. Am 19. November steht das Derby bei Atletico Madrid an, am 3. Dezember der Clasico beim FC Barcelona, Reals erstem Verfolger mit derzeit zwei Punkten Abstand.
Der Tabellenführer muss fürchten, diese Schlüsselpartien - und auch die Klub-WM im Dezember - ohne Kroos zu bestreiten.
In jedem Fall ohne Kroos in der Bestform, in der er sich in den vergangenen Monaten präsentiert hat – und die ihm eben erst einen neuen, lukrativen Rekordvertrag beschert hat (20 Millionen Euro Brutto-Jahresgehalt bis 2022).
Der Haarriss in Kroos Fuß' ist gleichbedeutend mit einem Haarriss durch Reals spielerisches Gefüge, in dem Kroos eine zentrale Rolle einnimmt. In jüngster Zeit eine womöglich zu zentrale.
Kroos womöglich überstrapaziert
Kroos spielte in den vergangenen elf Real-Spielen durch, was Trainer Zinedine Zidane schon kritische Fragen einbrachte, ob er dem 26-Jährigen nicht zu viel zumute.
"Ich bin nicht besorgt, weil er nicht besorgt ist", antwortete der Franzose: "Toni kann einen Tag spielen, sich einen Tag erholen und ist dann am nächsten Tag wieder bereit."
Zidane war da womöglich zu sicher, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Ihm fehlten wohl auch schlicht die Alternativen: Kroos' brasilianischer Backup Casemiro ist ebenfalls verletzt, auch Mittelfeldkollege Luka Modric hat eine Zwangspause hinter sich.
Zidane muss Mittelfeld umbauen
Es sind Umstände, die nun auch die Aufarbeitung der Kroos-Verletzung erschweren: Sollte auch Casemiro nicht die nötigen Fortschritte machen, muss Zidane wohl Isco oder James auf die defensivere Kroos-Position beordern.
Zidane kann auch dem jungen Kroaten Mateo Kovacic weitere Chancen geben oder - eher unwahrscheinlich - einen Verteidiger nach vorn ziehen.
Real steht vor komplizierten Umbauarbeiten. Was ein kleiner Riss in einem kleinen Knochen eben so anrichten kann.