Noch im Auto wurde Sebastian Vettel von seinen Gefühlen übermannt. Kurz nachdem er die Ziellinie überquert hatte, richtete er sich mit bewegenden Worten an sein Team, wenig später kämpfte er mit den Tränen.
Triumphfahrt im Gefühlschaos
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"Dieser Sieg ist für dich Jules, du wirst immer in unseren Herzen sein", sagte er mit belegter Stimme und widmete seinen überraschenden Sieg dem verstorbenen Jules Bianchi. "Früher oder später wäre er ein Teil des Ferrari-Teams geworden."
Erster deutscher Sieg seit Schumacher
Ein Teil der Scuderia-Familie, wie es bis heute auch Michael Schumacher ist. Zehn Jahre lang fuhr er für den italienischen Rennstall, wurde dort zu Legende. Vettel trat in diesem Jahr an, um in die großen Fußstapfen seines Vorbilds zu treten.
Nun gelang ihm das, was Schumacher zuvor als letzter - und bisher einziger - Deutscher geschafft hatte: ein Sieg auf dem Hungaroring. "Ich bin sehr stolz darauf, in einem Rennen triumphiert zu haben, das ich zuvor noch nie gewonnen habe", sagte Vettel.
Blitzstart von Vettel
Den Grundstein dafür legte er bereits am Start. Von Platz drei aus erwischte er einen Blitzstart und zog gleich an beiden vor ihm gestarteten Mercedes-Piloten vorbei. "Das war ein unglaublicher Start", resümierte er.
Da auch Teamkollege Kimi Räikkönen hervorragend wegkam, bekamen die Fans an der Strecke plötzlich eine rote Doppelführung zu sehen. In der Ferrari-Box sprangen die Mechaniker wie wild durcheinander und ballten die Fäuste als ob Vettels Sieg zu diesem Zeitpunkt bereits festsgestanden hätte.
Mercedes ohne Chance
Nach den Eindrücken im Training schien es allerdings nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Lewis Hamilton oder Nico Rosberg zurückschlagen würden, doch zur Überraschung aller setzte sich der Ferrari an der Spitze immer weiter ab. (Gesamtwertung Teams)
Und das, obwohl Vettel nach eigener Aussage in den ersten Runden noch mit seinen Gefühlen zu kämpfen hatte: "Die Schweigeminute auf der Startaufstellung war sehr emotional. Es war nicht einfach, hinterher in den Rhythmus zu kommen."
Gedenkminute für Bianchi
Gemeinsam mit den Eltern und Geschwistern hatte die Formel 1 Abschied von dem vor einer Woche verstorbenen Bianchi genommen. Zur ungarischen Nationalhymne bildeten die Fahrer zusammen mit der Familie des Franzosen einen Kreis um ihre Helme.
"Es war schwer, aber wenn man im Auto sitzt, dann ist nicht mehr viel Platz für etwas Anderes. Wir machten, was wir alle lieben und was uns alle verbindet", sagte Vettel.
WM wieder spannend
Und da Vettel das, was er liebt an diesem Tag unglaublich gut machte, hat er plötzlich wieder die Chance auf eine Rückkehr in den Titel-Kampf.
Nach seinem zweiten Saisonsieg liegt er mit 160 Zählern nur noch 21 Punkte hinter dem Zweitplatzierten Rosberg, der am Ende des Rennens Pech hatte und nur Achter wurde. Auch der Führende Hamilton, der in Budapest als Sechster die Ziellinie überquerte, ist mit 201 Punkten noch in Reichweite. (Gesamtwertung Fahrer)
Mit Senna gleichgezogen
Für Vettel gab es allerdings noch mehr Grund zur Freude - und erneut wurde es emotional. Der Heppenheimer feierte in Ungarn seinen 41 Grand-Prix-Sieg, verbesserte sich auf Rang drei der ewigen Bestenliste und zog mit Formel-1-Legende Ayrton Senna gleich.
"Diese Marke erreicht zu haben, ist etwas Unglaubliches", sagte der 28-Jährige, als er auf den 1994 tödlich verunglückten Brasilianer angesprochen wurde: "Mir fehlen die Worte, um die Gefühle zu beschreiben, die das bei mir auslöst."
"Eine Achterbahn der Gefühle"
Dass Vettel, der Bianchi am Dienstag gemeinsam mit fünf Fahrer-Kollegen zu Grabe getragen hatte, überhaupt in der Lage war seinen historischen Sieg einzufahren, verdankt er einer Kraft, die wohl alle Piloten miteinander vereint.
"Es war heute eine Achterbahn der Gefühle. Wir sind sehr unterschiedliche Menschen, aber wir alle teilen diese eine Liebe zum Racing", so Vettel.
Ayrton Senna und Jules Bianchi würden ihm sicherlich Recht geben.