Hellseherischer Fähigkeiten bedurfte es kaum:
Mercedes' Angst vor dem nächsten Crash
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Dass die beiden Silberpfeile von Lewis Hamilton und Nico Rosberg beim Großen Preis von Großbritannien (ab 14 Uhr im LIVETICKER) in der ersten Startreihe stehen, daran gab es nach der Dominanz der Mercedes schon in den Trainingseinheiten nicht wirklich Zweifel.
So weit, so öde angesichts des alles überragenden Rennstalls. Und dennoch: Schöner hätte die Konstellation vor dem Silverstone-GP eigentlich nicht sein können.
Hochspannung in Kurve 1
Nur wenige Zentimeter trennen dann Pole-Setter Hamiltons Heckflügel vom rechts hinter ihm versetzt startenden Boliden Rosbergs.
Exakt also die Konstellation, wie sie bei den drei von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff genannten "Zwischenfällen" in Spielberg, Kanada und Spanien geherrscht hat.
Nun wollten die Schwaben derartige Zwischenfälle durch einen jüngst mit beiden Fahrern vereinbarten Verhaltenskodex in Zukunft tunlichst vermeiden.
Blöd nur, dass die beiden silberen Streithähne aller Voraussicht nach nicht weit voneinander entfernt und mit ordentlich Karacho in die erste Rechts-Links-Kombination rasen werden.
Rosberg will den Start nutzen
Bedacht? Gar Rücksichtnahme? Fehlanzeige! Und kein Wunder, dass Rosberg noch einmal die Wichtigkeit des Starts auf der britischen Traditionsstrecke betont, auf der sich sonst kaum Überholmöglichkeiten bieten.
"Die Entscheidung wird vielleicht nicht auf den ersten 300 Metern fallen, aber es ist schon eine wichtige Phase", meint der Deutsche. "Ich sehe den Start als Möglichkeit für mich, denn Hamilton ist bei vielen Rennen nicht so gut weggekommen, ich hingegen schon."
Das klingt wie eine Drohung an den Teamkollegen, der schon in Spanien den Start verpennte und Rosberg vorbeiziehen lassen musste.
Zur Erinnerung: Wenig später standen beide Kollegen dann bedröppelt im Kiesbett. Eine Horrorvorstellung für das Mercedes-Lager, was eigentlich auch die Fahrer wissen sollten. Oder?
Hamilton: "Volle Attacke"
An Hamilton scheint all das aber abzuprallen.
"Wir werden Rennen fahren. Wie immer", sagt er lakonisch. "Natürlich ist uns bewusst, was man uns vor diesem Wochenende gesagt hat, und das werden wir sicher im Hinterkopf haben.
"Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht genauso hart fahren können wie bisher. Morgen ist also alles wie immer", ergänzt Hamilton.
Und die 140.000 Fans beim Heimrennen im Rücken motivieren eher noch zusätzlich: "Beim Heim-Grand-Prix ist der Druck immens. Aber ich habe mich nie vor Druck gedrückt, sondern in solchen Situationen gibt es für mich nur volle Attacke."
"Volle Attacke" und "alles wie immer"?
Gut nur, dass beide Piloten wohl nicht schon nach der ersten Kurve mit null Punkten dastehen wollen.
Rosberg prohezeit immerhin einen fairen Kampf: "Wir werden weiter fighten und versuchen, Kollisionen zu vermeiden."
Der Wahl-Monegasse sieht wegen seiner technischen Probleme und der damit verbundenen verlorenen Zeit aus dem Feritagstraining sogar Vorteile für den Teamkollegen, der wiederum den Fokus auf den Umgang mit dem Reifenverschleiß legt, "der ein Riesenthema sein wird", so Hamilton.
Ferrari und Red Bull abgeschlagen
Dass die beiden Red Bull, im Qualifying mehr als eine halbe Sekunde langsamer als das Mercedes-Duo, ein Wörtchen um den Sieg mitreden können, scheint unter normalen Wetterverhältnissen ausgeschlossen.
Auch Ferrari, erst recht nach Sebastian Vettels Versetzung auf Startplatz 11, wirkt derzeit außer Schlagdistanz.
Was der Konkurrenz zugute kommen könnte: Für den Rennsonntag sind leichte Regenschauer angesagt.
Und dann gibt es ja noch das besagte Duell in der ersten Startreihe. Wie sagte Toto Wolff nach der jüngsten Kollision in Spielberg doch so schön: "Für einen Tango braucht es immer Zwei."