Von Marieke Reimann
"Wie eine verlorene Meisterschaft"
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Bis zum letzten Spiel war die Hoffnung am Leben. Doch am Ende ist es nichts geworden mit dem Berliner Basketball-Wunder. ALBAs Traumblase, als erste deutsche Mannschaft in das Viertelfinale der Turkish Airlines Euroleague einzuziehen, war geplatzt.
Nach dem enttäuschenden 64:73 gegen Titelverteidiger Maccabi Tel Aviv stapften müde Albatrosse mit hängenden Köpfen und eingesackten Schultern in die Kabinen: "Nach so einem Spiel findet man wenig Worte, um die Niederlage zu erklären. Das schmerzt, als wenn man eine Meisterschaft verloren hätte", resümiert Akeem Vargas bei SPORT1.
"Es ging darum, in die Top 8 zu kommen, das wäre für ALBA und den deutschen Basketball etwas Besonderes gewesen. Wir hätten Geschichte schreiben können, aber haben es nicht geschafft", so der Guard der Hauptstädter weiter.
Fanansturm in Berlin
Schon Stunden vor dem Tip-Off war die Spannung am ersten warmen Frühlingstag in der Spree-Stadt greifbar. Kein Wunder: Solch ein europäisches Basketballspektakel hatte man in Berlin zuletzt beim Gewinn des Korać-Cups vor zwanzig Jahren erlebt.
Deswegen waren die Karten schnell ausverkauft, die gelben Trikots übergestreift und wer kein Ticket mehr bekommen hatte, fand sich in basketballfreundlichen Bars zum Public Viewing ein.
Tatsächlich hätten ungeübte Zuschauer in der Arena am Ostbahnhof ihre Probleme gehabt - wo man hinschaute, sah man Menschen in nahezu identischen Klubkluften, was nicht bedeutete, dass alle für ALBA klatschten.
Die rund 2000 Gästefans waren auch in Gelb gekleidet und erstaunt stellte der israelische Botschafter, Yakov Hadas-Handelsman, fest: "Mich freut die Atmosphäre sehr, es ist kaum zu unterscheiden, welche Fans mehr Stimmung machen."
Der Diplomat hatte Recht, denn obwohl der Alba-Fanblock immer wieder stehend seine Spieler nach vorne peitschte, hielten die israelischen Fans mit gleichlauten Klatsch-Salven dagegen.
Kein Mittel gegen Devin Smith
Das Einzige, was den Berlinern auf dem Court konstant glückte, waren Dreier und Freiwürfe, was ihnen völlig misslang war die Bewachung von Devin Smith. Die Dimensionen, die zwischen dem 1,98 m-Forward und der Berliner Defense lagen, zeigte allein seine Ausbeute: Smith verbuchte als bester Werfer des Spiels 28 Punkte beim 51-fachen israelischen Meister (Tabelle und Spielplan der Euroleague).
Alex Renfroe, Jamel McLean und Reggie Redding, die Erfolgreichsten bei ALBA, warfen 29 zusammen. "Smith ist auf Hochtouren gelaufen und war kaum zu stoppen. Wir müssen in den nächsten Spielen den Ball besser nach innen spielen, das haben wir heute nicht geschafft", sagte Vargas.
Vor allem McLean - seines Zeichens heißer MVP-Kandidat in der Beko BBL - kam mit der beinharten Verteidigung der Gäste nicht klar. Nur einen seiner acht Würfe aus dem Feld brachte der bullige Forward im Korb unter.
Das nächste Spiel beginnt zum Ärger der Berliner und entgegen der 48-Stunden-Regel schon 43 Stunden nach der Niederlage gegen Maccabi: Am Samstag trifft ALBA als Titelverteidiger im Pokal TOP FOUR in Oldenburg zunächst auf den starken langjährigen Rivalen Bamberg (ab 17 Uhr LIVESCORES).
Vargas: "Können stolz sein"
Euroleague, BBL und Pokal - war am Ende der Druck der letzten Wochen für das Team um Coach Sasa Obradovic einfach zu hoch? "Nein ich denke nicht", meint Akeem Vargas.
"Man muss bedenken, dass Maccabi Titelverteidiger ist und uns am Ende einfach die Erfahrung gefehlt hat. Wir können trotzdem stolz darauf sein, was wir erreicht haben."
Aus der Dreier- ist somit eine Doppelbelastung geworden und die Berliner verabschieden sich mit äußerst respektablen sieben Siegen aus 14 Spielen als Gruppenfünfter aus der Euroleague. Da, wo in den letzten Wochen vielleicht Reserven fürs internationale Parkett gespart wurden, ist jetzt wieder mehr Energie für die Meisterschaft und den Pokal da.
"Wir haben unsere Kräfte für die Euroleague kompensiert, aber jetzt ist Euroleague Geschichte, jetzt heißt es Bundesliga. Wir konzentrieren uns wieder voll auf die BBL, greifen den ersten Platz an und holen uns am Wochenende den Pokal", eine Kampfansage von Nationalspieler Vargas, die die verpasste Chance vielleicht schon bald vergessen macht.