Luke Humphries will bei der Darts-WM zurück auf den großen Darts-Thron. Der Weltmeister von 2024 gehört neben Titelverteidiger Luke Littler zu den großen Favoriten.
Darts-WM: Humphries mit forscher Ansage und Sonderlob für Deutschen
Superstar mit forscher WM-Ansage
Sollte Humphries tatsächlich seinen zweiten WM-Titel einfahren, wird er auch die Spitze in der Weltrangliste zurückerobern. Da bei der WM 2026 deutlich mehr Preisgeld als zuvor ausgeschüttet wird, kann er Littler die Spitze wieder abluchsen.
Im exklusiven SPORT1-Interview erklärt „Cool Hand Luke“, warum er die Diskussion über eine mögliche Rückeroberung der Nummer eins der Welt ungerecht findet und die Spitzenposition für ihn keine große Rolle spielt.
Zudem spricht Humphries über seine Ziele für die Zukunft, sein Verhältnis zu seinem großen Rivalen Littler und darüber, welchem Deutschen er bei der WM sogar den ganz großen Coup zutraut.
SPORT1: Herr Humphries, es sind jetzt zwei Jahre vergangen, seitdem Sie erstmals die Nummer eins der Welt wurden. Wenn Sie auf die Zeit zurückblicken: Wie haben Sie sich persönlich, aber auch als Dartsspieler in der Zeit verändert?
Luke Humphries: Als Person habe ich mich nicht wirklich verändert. Als Spieler bin ich mental stärker geworden, weil ich im Laufe der Jahre vielen Kritikern begegnet bin. Ich musste mit großem Druck umgehen, da ich bei jedem großen Turnier entweder als Favorit galt oder zumindest erwartet wurde, dass ich sehr gut abschneide. Diese Erwartungen können sehr belastend sein. Aber ich denke, dass ich den Erwartungen gerecht werden konnte. Als ich Weltmeister wurde, hatte ich vier Major-Titel. In den beiden darauffolgenden Jahren konnte ich die Anzahl verdoppeln. Ich habe jetzt acht Major-Titel geholt. Dazu konnte ich noch den World Cup of Darts und mehrere European-Tour-Titel gewinnen. Es waren also zwei sehr erfolgreiche Jahre für mich. Jetzt beginnt ein neues Kapitel. Als Nummer zwei der Welt ist es meine Aufgabe, hart zu arbeiten, um mir die Spitzenposition zurückzuholen.
SPORT1: Gibt es Unterschiede zwischen dem Luke Humphries von damals und dem Luke Humphries von heute?
Humphries: Ich bin einfach etwas reifer geworden. Die jahrelange Erwartungshaltung hat mich mental gestärkt. Solche Erfahrungen helfen einem, sich selbst besser kennenzulernen und zu wissen, wie viel Druck man aushalten kann, bevor es zu viel wird. Ich habe mich dem Druck immer gestellt und musste nie dagegen ankämpfen. Gerade deshalb bin ich mir sicher, dass ich in Zukunft mit allem klarkommen werde, was auf mich zukommt.
Darts-WM: Humphries erklärt warum die Weltranglisten-Führung nicht so wichtig ist
SPORT1: Sie waren 682 Tage die Nummer eins der Welt. Damit stehen Sie in der Rangliste auf dem fünften Platz. Von den aktiven Spielern war nur Michael van Gerwen länger die Nummer eins der Weltrangliste. Das muss ein gutes Gefühl sein, oder?
Humphries: Ja, das ist großartig. Wenn man Weltmeister wird, ist einem der Platz an der Spitze ja nicht automatisch garantiert. Es ist schon gut, wenn man ein Jahr an der Spitze steht. Zum Glück konnte ich eben vier weitere Major-Titel gewinnen und mich so noch deutlich länger an der Spitze halten. Hätte ich diese vier Titel nicht gewonnen, wäre Luke (Anm. d. Red.: Luke Littler) wahrscheinlich schon vor neun Monaten die Nummer eins geworden. Ich habe hart gekämpft, um ihn so lange wie möglich hinter mir zu halten. Jetzt habe ich bei der WM vielleicht die Chance, mir den Platz nochmal zurückzuholen.
SPORT1: Hat sich etwas verändert, seitdem Sie die Position an Luke Littler verloren haben?
Humphries: Ehrlich gesagt hat sich nicht wirklich etwas verändert. Es ist ja nur eine Zahl neben deinem Namen. Manche denken vielleicht, die Welt geht unter, wenn man plötzlich Nummer zwei statt Nummer eins ist, aber eigentlich bleibt alles gleich. Es ändert sich, wie man aufgerufen wird, und es gibt vielleicht ein paar finanzielle Vorteile, wenn man die Nummer eins ist. Aber im Grunde hat sich für mich nichts geändert. Ich bin jetzt die Nummer zwei, aber ich habe jede Chance, das wieder zu ändern und ich will es auch ändern. Also konzentriere ich mich jetzt auf die Weltmeisterschaft und hoffe, sie zu gewinnen. Dann bin ich wieder oben.
SPORT1: Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?
Humphries: So viel gewinnen wie möglich. Ich will mehrmaliger Weltmeister werden, so viele Majors wie möglich holen und mir ein Vermächtnis aufbauen. Man braucht im Leben und im Sport immer eine Motivation. Meine Motivation ist es, so viel wie möglich zu gewinnen und so auch Luke Littler zu pushen. So will ich gleichzeitig auch die Fans mit dieser goldenen Ära des Dartsports begeistern.
Erhöhung des Preisgeldes? „Unfair für die Weltrangliste“
SPORT1: Gerade die Duelle mit Luke Littler scheinen besonders für Sie zu sein. Dort spielen Sie oft Ihr bestes Niveau. Brauchen Sie diese großen Duelle?
Humphries: Ja! Wenn du gegen Luke spielst, musst du einfach dein bestes Spiel bringen. Es ist immer ein besonderes Duell, wenn die beiden besten Spieler der Welt gegeneinander spielen. Wenn du dann gewinnst, fühlt es sich noch besser an, weil du den Besten geschlagen hast. Aktuell gibt es einfach niemanden Besseren als ihn. Wir freuen uns beide auf diese Spiele. In großen Finals steht es zwischen uns ja drei zu drei. Wir haben also beide schon unsere Momente gegen den anderen gehabt.
SPORT1: Durch die Erhöhung des Preisgeldes bei der anstehenden WM können Sie sich mit dem WM-Titel auch die Spitze in der Weltrangliste zurückholen. Ist das eine zusätzliche Motivation?
Humphries: Ich kann quasi das Double schaffen – die WM und die Nummer eins zurückholen. Aber mein primäres Ziel ist es nicht, wieder die Nummer eins der Welt zu werden, sondern erneut die WM zu gewinnen. Ich würde jedem als zweimaliger Weltmeister in Erinnerung bleiben, nicht als ehemalige Nummer eins. Wenn ich dadurch aber gleichzeitig dann auch noch zur Nummer eins der Welt werde, ist das natürlich umso besser.
SPORT1: Wie bewerten Sie die Erhöhung des Preisgeldes für die anstehende WM?
Humphries: Ich finde es einerseits natürlich großartig. Aber es ist andererseits natürlich auch ein bisschen unfair für die Weltrangliste. Ich kann mit einem Sieg bei der WM wieder die Nummer eins werden, obwohl Luke, glaube ich, in den vergangenen zwei Jahren acht Major-Titel gewonnen hat und ich nur vier. Also verdient er es eigentlich so oder so die Nummer eins zu sein. Wenn das Preisgeld wie früher bei einer halben Million läge, hätte ich keine Chance. Aber jetzt habe ich sie – das ist eine goldene Gelegenheit, auch wenn es für Luke etwas unfair ist. Für den Sport insgesamt ist es aber gut. Es zeigt, dass Darts neue Maßstäbe setzt. Und wenn ein Außenseiter plötzlich gewinnt, kann das sein Leben verändern.
Diesem Deutschen traut Humphries sogar den WM-Titel zu
SPORT1: Wie hat sich Ihr Verhältnis zu Luke Littler über die letzten Jahre entwickelt?
Humphries: Wir haben großen Respekt voreinander. Das sollten wir aber auch haben. Ich respektiere ihn sehr, und ich hoffe, er respektiert mich genauso. Wir haben beide so hart gearbeitet und uns in den letzten beiden Jahren auch mit zahlreichen Erfolgen belohnt. Wenn einer von uns beiden nicht da wäre, hätte der andere wahrscheinlich zwölf oder 13 Majors gewonnen. Dass wir beide in so kurzer Zeit so viele Titel geholt haben, ist eine starke Leistung. So einen starken Spieler muss man einfach respektieren, speziell seine enorme Qualität, die er in seinem jungen Alter schon hat. Und ich glaube, er respektiert meinen Weg, dass ich mich aus einer schwierigen Phase herausgekämpft habe und jetzt zu den Besten gehöre. Abseits des Darts machen wir nicht viel zusammen, aber auf der Tour verstehen wir uns sehr gut.
SPORT1: Mit John McDonald wird bald jemand aufhören, dessen Stimme jeder Darts-Fan kennt. Wie fühlt es sich für Sie an, dass er bald aufhört?
Humphries: Ehrlich gesagt bin ich ziemlich traurig. Ich hatte viele Jahre ein enges Verhältnis zu John, genauso wie zu Russ Bray. Als Russ aufgehört hat, war ich auch enttäuscht, obwohl ich ihn zum Glück noch sehe. John ist wie Russ eine Ikone – nicht als Spieler, sondern als Stimme des Sports. Es gibt viele Kommentatoren, aber keinen Zeremonienmeister in Großbritannien, der so legendär ist wie er. Ich dachte, er würde vielleicht ab und an noch weitermachen, aber er hört ganz auf. Ich hoffe, ich kann, wie bei Russ’ letztem Turnier, auch bei Johns letztem Auftritt noch einmal die WM gewinnen.
SPORT1: Zum Abschluss noch eine Frage zu den deutschen Spielern. Denken Sie, dass einer der Deutschen bei der WM weit kommen kann?
Humphries: Ja, das glaube ich wirklich. Das deutsche Darts-Niveau ist so gut wie nie zuvor. Vor fünf Jahren gab es fast nur Max Hopp. Jetzt gibt es viele gute Spieler. Gabriel Clemens spielt momentan nicht ganz so stark, aber es gibt viele, die das Potenzial haben. Niko Springer ist für mich der auffälligste Kandidat, der weit kommen könnte. Aber auch mein Kumpel Martin Schindler ist ein großartiger Spieler. Beide haben eine Chance, aber Niko hat etwas Besonderes – hohe Scores, gute Form, stark gegen Topspieler, und er lässt sich vom Druck nicht beirren. Wenn er das beibehält, kann er weit kommen – vielleicht sogar gewinnen. Es ist schwer, sein erstes Major gleich als Weltmeisterschaft zu holen, aber er hat definitiv das Zeug dazu. Ich bin mir sicher, dass er an sich selbst glauben wird und auch daran, dass er das Turnier gewinnen kann.