2. Bundesliga>

2. Bundesliga: Rekordpleite! Als der FC St. Pauli bei Fortuna Düsseldorf unterging

St. Paulis historisches Debakel

Am Samstagabend empfängt Fortuna Düsseldorf den FC St. Pauli (LIVE im Free-TV auf SPORT1). Gegen die Kiezkicker erlebte die Fortuna einst eine Sternstunde - und St. Pauli sein größtes Debakel.
News, Hintergründe und Fakten zum Bundesliga-Wochenende. Alle wichtigen Infos im Vorfeld der Spiele gibt es hier bei "9PLUS1".
Am Samstagabend empfängt Fortuna Düsseldorf den FC St. Pauli (LIVE im Free-TV auf SPORT1). Gegen die Kiezkicker erlebte die Fortuna einst eine Sternstunde - und St. Pauli sein größtes Debakel.

Wenn Fortuna Düsseldorf am Samstagabend im Topspiel der 2. Liga auf den FC St. Pauli trifft, sind die Rollen klar verteilt. Der Gast ist vorzeitiger Überraschungsherbstmeister in einer Liga, in der es vor Traditionsklubs nur so wimmelt. Weil dem so ist, gehen die Hamburger auch gegen die Fortuna als Favorit ins Spiel, ungeachtet der Historie. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 2. Bundesliga)

In Düsseldorf haben die Kiez-Kicker nicht nur eine negative Bilanz (4-5-9), hier kassierten sie auch ihre höchste Auswärtsniederlage in einem Punktspiel. Dass es damals um nichts mehr ging, dürfte nur ein kleiner Trost gewesen sein. Für die Fortuna wiederum war das Schützenfest vor über 31 Jahren ihr höchster Sieg in der Bundesliga.

Am 12. Mai 1990 steht der letzte Spieltag vor der WM in Italien an, die Bayern sind schon wieder Meister und wer die Liga international vertreten wird, steht auch schon fest. Nur der Abstiegskampf fasziniert die Fans noch, fünf Mannschaften befinden sich in höchster Not. Nicht aber Aufsteiger Fortuna und der FC St. Pauli, ungeachtet der Weisheit vom schweren zweiten Jahr des Aufsteigers.

Kein Spektakel in Halbzeit eins

Beide haben sich am 33. Spieltag mit Siegen in Sicherheit gebracht und sehen einem lockeren Saison-Halali entgegen. Obwohl die Lage auf dem Kiez durchaus heikel ist. Die Lizenz ist noch in Gefahr angesichts von sechs Millionen D-Mark Schulden - und angesichts von acht Ausfällen hat Trainer Helmut Schulte Probleme, den Kader voll zu bekommen. Weshalb er in Düsseldorf auch als Spieler auf der Bank sitzt.

Die Fortuna dagegen ist guter Dinge, Trainer Aleksandar Ristic verspricht: „Wir wollen uns durch ein gutes und erfolgreiches Spiel bei unseren Zuschauern bedanken.“ Sein Fazit zieht er schon vor dem Anpfiff: „Für uns war es eine optimale Saison. Klassenerhalt, gute Zuschauerzahlen, erstklassige Werbeeinnahmen, Was wollen wir mehr?“

Vielleicht noch ein paar Tore schießen? Darauf hoffen jedenfalls 13.500 Zuschauer, die ihre Mannschaft in die Sommerpause verabschieden wollen. Zunächst deutet nichts darauf hin, dass sie Zeugen eines Rekordergebnisses werden sollten. St. Pauli, das am Spieltag noch Verstärkung durch einen per Intercity angereisten Amateur bekommt, spielt frisch drauf los und hat in den ersten 20 Minuten „deutliche Feldvorteile und auch die besseren Chancen“, wie der kicker feststellt. Andre Bistram trifft sogar den Pfosten des Fortuna-Tores. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 2. Bundesliga)

Ristic versteht auch bei diesem bedeutungslosen Kick keinen Spaß und wechselt seine Schwachpunkte Petr Rada und Pavel Chaloupka aus und erschöpft das damals vorgeschriebene Auswechselkontingent schon nach 23 Minuten! Die restlichen Spieler haben den Weckruf verstanden, nach 31 Minuten erzielt Thomas Allofs, im Vorjahr noch Torschützenkönig der Bundesliga, endlich seinen ersten Saisontreffer. Mit 1:0 geht es in die Kabinen, noch immer liegt kein Spektakel in der Luft.

Vier Fortuna-Tore in zwöf Minuten

Nach der Pause „baute St. Pauli in erschreckendem Maße ab“, steht in der Fachpresse. Das Fehlen von Topleuten wie Andre Golke, Rüdiger Wenzel und Dieter Schlindwein macht sich allmählich bemerkbar, die Routiniers Andre Trulsen und Jan Kocian patzen in Serie und Keeper Klaus Thomforde wird von einer Verlegenheit in die andere gestürzt.

Die Fortunen treffen nun, wie sie wollen: Bernd Klotz (48.) und Allofs (49.) erhöhen binnen 60 Sekunden auf 3:0. Dann verwandelt Verteidiger Anthony Baffoe einen Foulelfmeter (56.). Mittelstürmer Klotz verwertet eine Vorlage von Libero Ralf Loose (60.), auf den Rängen geht La Ola um. (DATEN: Die Tabelle der 2. Bundesliga)

Joker Dirk Krümpelmann (75.) und Verteidiger Martin Spanring (90.) geben der Menge noch mehr Grund zum Feiern. Weil das Hunderte auf dem Platz tun wollen, pfeift Schiedsrichter Witke die Partie nach dem 7:0 einfach 40 Sekunden zu früh ab und bringt sich in Sicherheit.

Alle können den Fans nicht entkommen, manche wollen es auch gar nicht. Trainer Ristic genießt es sichtlich, auf Schultern vom Platz getragen zu werden und hat auch auf der Pressekonferenz noch gute Laune. Er beendet sie mit dem Bonmot in eigener Sache: „Ende gut - Aleks gut.“

Erfolgreicher Saisonabschluss für Aufsteiger Düsseldorf

Bei Bier (1 DM) und Bockwurst (2 DM) feiern die Fans im Stadion noch ein Weilchen mit ihren Spielern eine tolle Saison, die auf Platz neun endet. Die Welt am Sonntag titelte: „St. Pauli lustlos - Düsseldorf stürmte mit Vergnügen.“

Das Vergnügen der Fortunen wird mittels einer Abschlussfahrt nach Kreta fortgesetzt. Viel schöner kann eine Saison für einen Aufsteiger ja auch nicht enden. Für St. Pauli ist das Debakel indes kein gutes Omen, im Sommer 1991 führt der Weg wieder zurück in die 2. Liga, wo sie vier Jahre verbleiben werden.

Bis 2012 wird das 0:7 die höchste Bundesligapleite der Kiez-Kicker bleiben, dann gewinnen die Bayern am Millerntor mit 8:1. Auswärts aber haben sie nie höher verloren.

Alles zur 2. Bundesliga bei SPORT1: