Home>Fußball>2. Bundesliga>

2. Bundesliga: Als der Karlsruher SC den SV Darmstadt 98 am Böllenfalltor abschoss

2. Bundesliga>

2. Bundesliga: Als der Karlsruher SC den SV Darmstadt 98 am Böllenfalltor abschoss

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Karlsruhes stolzer Rekord

Darmstadt 98 empfängt am Samstagabend den Karlsruher SC zum Top-Spiel der zweiten Bundesliga. Was nach purer Tradition klingt, hat auch schon so manch geschichtsträchtige Partie erlebt, wie jene im September 1981.
News, Hintergründe und Fakten zum Bundesliga-Wochenende. Alle wichtigen Infos im Vorfeld der Spiele gibt es hier bei "9PLUS1".
Udo Muras
Udo Muras

Der Karlsruher SC hat nicht allzu tiefe Spuren in der Bundesligahistorie hinterlassen, dafür dass er immerhin an 24 Spielzeiten beteiligt war. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 2. Bundesliga)

{ "placeholderType": "MREC" }

Keine Titel, keine Skandale, nur der Ruf einer Fahrstuhlmannschaft mit sieben Abstiegen, der in Winni Schäfers Zeiten (1987-94) mal kurz verstummte. Die wenigen Rekorde, die sie aufstellten wie etwa die längste Serie ohne Auswärtssieg (35 Spiele) geben wenig Anlass zum Prahlen.

Doch da war ja noch dieser Tag vor 40 Jahren in Darmstadt, wo der KSC heute zum Top-Spiel in der 2. Liga wieder antreten muss. Mit einem Schützenfest der besonderen Art schossen sich die Männer aus dem Wildpark in die Rekordbücher.

{ "placeholderType": "MREC" }

Man schreibt den 19. September 1981. Aufsteiger Darmstadt 98 empfängt am 7. Spieltag den Karlsruher SC am Böllenfalltor. Von der Papierform her sogar als Favorit, denn während die Lilien einen passablen 11. Platz einnehmen, ist der KSC als 15. wieder mal am Rande des Abgrunds. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 2. Bundesliga)

Lesen Sie auch

Das geflügelte Wort vom schwereren zweiten Jahr nach dem Aufstieg scheint sich 1981/82 für die Badener zu bestätigen. Zufrieden können sie mit der Ausbeute von vier Punkten nicht sein, im Gegensatz zu den vom früheren Bayern-Spieler Werner Olk gecoachten Lilien (sechs Punkte).

Der KSC geht mit dicker Luft ins Duell mit Darmstadt

Doch von der wahren Stimmung im KSC-Team hat kein Außenstehender eine Ahnung. Nach der 1:2-Heimpleite in der Vorwoche gegen das damals noch unbedeutende Bayer Leverkusen hat es in der Mannschaftssitzung richtig gekracht.

{ "placeholderType": "MREC" }

„Nichts Druckreifes, nichts für die Zeitung“, gibt sich Rechtsverteidiger Stefan Groß den Reportern, die von der Sitzung Wind bekommen haben, gegenüber verschlossen. Es sei eben „alles auf den Tisch gelegt“ worden, bleibt auch Kapitän Gerd Bold lieber im Ungefähren.

Es hat dazu geführt, dass die Partie beim Aufsteiger schon früh in der Saison zu einem Schlüsselspiel hochgestuft wird. „Der Druck war sehr groß“, gesteht Groß nach 90 Minuten, die in die Vereinsgeschichte eingehen – und in die Rekordbücher der Bundesliga.

Stefan Groß war einer der Hauptakteure beim furiosen Auftritt des KSC gegen Darmstadt
Stefan Groß war einer der Hauptakteure beim furiosen Auftritt des KSC gegen Darmstadt

Wobei es eigentlich nur um die zweiten 45 Minuten geht, jedenfalls was das Historische betrifft. Vor der Pause scheint das Team von Trainer Manfred Krafft da weiter zu machen, wo es aufgehört hat: Es produziert überflüssige Abwehrfehler und gerät früh in Rückstand. Zur Freude der meisten unter den 15.500 Zuschauern bekommt der SV 98 schon nach neun Minuten einen Foulelfmeter, den Rainer Ullrich ziemlich ungeschickt an Bodo Mattern verübt.

Nach der Pause erwacht der Karlsruher SC

Der Gefoulte schießt allen ungeschriebenen Regeln zum Trotz selbst und schickt Keeper Rudi Wimmer in die falsche Ecke. Trotz eines Chancenplus für den KSC rettet Darmstadt diese dünne Führung in die Kabine. Was dort passiert ist, bleibt ein noch größeres Geheimnis als die Mannschaftssitzung in den Tagen zuvor, aber der KSC der zweiten Hälfte ist eine andere Mannschaft.

Binnen 34 Minuten schießen die Karlsruher ein halbes Dutzend Tore. Teils mit gütiger Mithilfe der Darmstädter, deren Keeper Dieter Rudolf einen rabenschwarzen Tag erwischt und mit seinem Patzer beim 1:1 von Emanuel Günther (47.) die Schleusen für die Torflut, die über sein Team hereinbricht, öffnet.

Auch beim Kopfball des überragenden Kapitäns Gerd Bold zum 1:2 (59.) sieht er schlecht aus, ist zwar im Eck, aber packt nicht entschlossen genug zu. Bold macht nur wenige Sekunden später, offiziell ist es auch noch die 59. Minute, wieder per Kopf schon fast alles klar. Oder doch nicht?

Gerd Bold ist nicht zu stoppen

Darmstadt kommt noch einmal zurück, Mittelstürmer Peter Cestonaro schiebt nach einem abgefangenen Konter unbedrängt flach zum 2:3 ein (61.). So ist es wieder Blondschopf Bold, der die Spannung aus der Partie nimmt. Mit einem Dribbling, das einem Stan Libuda Ehre gemacht hätte, setzt er sich über links gegen drei Darmstädter durch und spitzelt den Ball fast von der Torauslinie in den Lilien-Kasten – 2:4 (68.).

Es ist sein erster Dreierpack in der Bundesliga und die pure Verlegenheit. Kurioses Geständnis von Bold: „Ich hatte mich verdribbelt, da konnte ich den Ball nur noch ins Tor schießen.“ Ein Tor als Notlösung – Sachen gibt‘s.

Gerhard Bold war an diesem Tag am Böllenfalltor nicht zu stoppen
Gerhard Bold war an diesem Tag am Böllenfalltor nicht zu stoppen

Olk bringt mit Rudi Collet und Helmut Vorreiter seine beiden Ersatzstürmer und geht „all in“. Krafft hat dagegen keinen Grund zum Wechseln, zumal ohnehin fünf Stammkräfte auf der Ausfallliste stehen. Ein Konter aus dem Lehrbuch macht alle Hoffnungen der Gastgeber zunichte, Günther trifft frei von der Strafraumgrenze mit einem sehenswerten Schlenzer zum 2:5 (79.).

Das Spiel ist längst gewonnen, jetzt geht es nur noch um den Rekord für die meisten Auswärtstore in einer Halbzeit. Der steht bei sechs und wird von Borussia Dortmund (1964 beim 6:2 auf Schalke) und den Bayern (1976 beim 6:5 in Bochum) gehalten. In der 81. Minute klettert der KSC zu ihnen aufs Treppchen.

Ein Rekord des Karlsruher SC für die Ewigkeit?

Als die ersten Zuschauer schon abwandern, drückt Verteidiger Groß eine Rechtsflanke mit dem Kopf ein, Rudolf reagiert schon gar nicht mehr. Endstand 2:6, die KSC-Welt ist wieder in Ordnung. Bold sagt voller Euphorie: „Jetzt werden wir am Freitag auch Werder Bremen aus den Wolken holen.“

Sein Trainer empfiehlt ihn für höhere Aufgaben, „normalerweise müsste er sofort noch für die B-Nationalmannschaft nachnominiert werden.“ Der geschlagene Lilien-Trainer Olk verdonnert seinen Torwart Rudolf zwar zu einem Straftraining, deckt aber ansonsten den Mantel der Nächstenliebe über seine Mannschaft.

Lieber lobt er den Gegner, der „uns richtig zerlegt hat. Eine hundertprozentige Chancenauswertung wie in der zweiten Halbzeit, als alle sechs KSC-Möglichkeiten auch in Tore umgemünzt wurden, trifft man nur selten.“

In der Tat. So selten, dass es 40 Jahre dauert, bis einer anderen Mannschaft ein vergleichbarer Coup glückt: Der SC Freiburg schafft sein halbes Dutzend Treffer im vergangenen Dezember in Mönchengladbach schon in den ersten 37 Minuten. Nun sind sie eben die glorreichen Vier auf dem Podest.

Borussia Mönchengladbach – SC Freiburg (0:6) Tore und Highlights | 1. Bundesliga
06:47
0:6 nach 37 Minuten! Gladbachs historische Abreibung im Video

Alles zur 2. Bundesliga bei SPORT1: