Jürgen Klopp hat beim FC Liverpool längst Kultstatus.
Dafür sah Klopp erstmals rot
Kein Wunder: Der deutsche Trainer hat in den letzten fünf Jahren aus dem schlafenden Riesen von der Merseyside wieder eines der besten Teams der Welt gemacht.
In einem - anlässlich des Erfolgs der Reds - vor kurzen erschienenen Film namens "The End of the Storm" spricht der 53-Jährige über seine erste Rote Karte als Trainer, seine ersten Eindrücke vor seinem ersten Spiel mit Liverpool, sein Verhältnis zu seinem Vater und vieles mehr.
Klopp über ersten Platzverweis: "Ironie hilft nicht"
Angesprochen aus seine leidenschaftliche Art an der Seitenlinie erzählt Klopp von seinem ersten Platzverweis als Trainer.
"Ich habe immer noch die meisten Roten Karten oder zumindest die meisten Geldstrafen eines Trainers in der Geschichte der Bundesliga. Ironie hilft nicht. Schiedsrichter können damit nicht wirklich umgehen. Ich meine, dass es meine erste rote Karte als Trainer war: Ich ging zum Schiedsrichterassistenten und sagte: 'Wie viele Fehlentscheidungen sind erlaubt? Weil wenn es fünfzehn sind, haben wir noch eine übrig.' Als er seine Fahne hob war ich schon auf dem Weg auf die Tribüne. Aber ich konnte nicht sitzen."
Tatsächlich steht Klopp häufig das gesamte Spiel an der Seitenlinie - obwohl er dort nach eigenen Aussagen nicht immer eine gute Figur abgibt.
"Die Leute sehen mich die ganze Zeit in Bewegung, Zähne knirschend und Finger zeigend. Ich kann nicht über Nacht wie der Denker aussehen, so da stehen (macht die Denker-Pose) und jeder denkt, offensichtlich muss etwas in seinem Kopf vorgehen. In bestimmten Momenten schaue ich immer noch wie ein kompletter Idiot an der Seitenlinie aus, das weiß ich."
Klopp bei Liverpool-Debüt schockiert von Trikots
Von dort machte Klopp bei seinem Reds-Debüt eine schockierende Beobachtung.
"Ich schaue immer dem anderen Team beim Aufwärmen zu. Tottenham sah mit ihrem dunkelblauen Trainingsanzügen gut aus - organisiert. Harry Kane, Dele Alli. Alles sah vorbereitet aus. Dann drehst du dich um und wow. Wir sahen alle aus wie Captain Picard", sagte der gebürtige Stuttgarter und ergänzte:
"Falsche Größen, sie passten den Spielern nicht wirklich. Ich war nicht glücklich. Ich dachte, wie kann es sein, dass das Spiel noch nicht einmal begonnen hat, aber wir bereits die zweitbesten sind? Am nächsten Tag berief ich ein Meeting ein und erklärte, was wir sofort verändern können, weil ich denke, dass diese Dinge echt wichtig sind. Ich bin kein Kontrollfreak, ich denke bloß, dass die Dinge in einer bestimmten Art und Weise passieren sollten."
Klopp führt Pausen für Salah und Co. ein
Damit sich seine Spieler nicht nur beim Aufwärmen, sondern während der gesamten Spielvorbereitung wohlfühlen, führte Klopp zudem Pausen ein.
"Ich liebe es, dass wir so viel multi-kulti haben", so Klopp. "Die besten Botschafter, um ein Moslem zu sein, im Team zu haben, ist toll. Muslime waschen sich in bestimmten Situationen sehr oft. Vor dem Aufwärmen, nach dem Aufwärmen, das braucht Zeit. Deshalb entschieden wir uns dazu, die Dinge anders zu machen."
"Wir haben nur eine Stunde von dem Zeitpunkt wo wir das Stadion erreichen, bis wir wieder in die Umkleidekabine gehen, nachdem wir uns aufgewärmt haben, um unsere Rituale zu machen. Es kostet uns genau zwei Minuten, diese Rituale zu machen. Es ist einfach, ihnen diese zwei Minuten zu überlassen, damit sie in dem Moment machen können, was für sie wirklich wichtig ist."
Klopp sieht Schlüssel zum Erfolg in der Defensive
Klopp wehrt sich im Laufe des Films zudem gegen Behauptungen, wonach sein Spielstil sehr kräfteraubendend sei.
"Du musst nicht fitter sein, um für Liverpool zu spielen. Du musst nur fit sein und in unseren Plan passen. Unser Spiel ist tatsächlich nicht so intensiv, wie es aussieht. Wir machen die Dinge, die wir machen, um Energie zu sparen. Den Ball sofort zurückzugewinnen erfordert einen zwei oder drei Meter Sprint. Wenn du den Ball da nicht gewinnst, müssen zehn Spieler 50, 60 Meter rennen, um den Ball zu gewinnen. Das ist viel anstrengender", so der Liverpool-Trainer.
Den Schlüssel zum Erfolg seines spektakulären Spielstils sieht der LFC-Coach in der Defensive.
"Selbst wenn wir angreifen, brauchen wir Spieler, die bereit sind, zu verteidigen. Denn im Leben fühlst du dich nur dann frei, wenn du Schutz hast."
Klopp stellt Verhältnis zu seinem Vater klar
Abseits vom Sportlichen spricht der 53-Jährige zudem erneut über sein Verhältnis zu seinem verstorbenen Vater und revidiert dabei frühere Aussagen.
"Rückblickend klingt es nicht fair, wie ich meinen Vater beschreibe. Die Beziehung basierte auf viel mehr als nur Respekt und klaren Ansagen. Er war ein unglaublicher Fußballspieler. Kaiserslautern bot ihm einen Vertrag an, als er 18 war. Aber mein Opa erlaubte ihm nicht, dem Klub beizutreten. Er wollte, dass ich seine Träume verwirkliche. Ich liebte all die Sachen, die er von mir wollte.
"Ich erreiche jetzt, was er wollte. Sehr erfolgreich im Sport zu sein. Das traurige an dieser Geschichte ist, dass er nicht mehr da war, als ich Trainer wurde."
Klopp ist sich sicher, dass seine Beziehung zu seinem Vater heute deutlich besser wäre, als damals.
"Mein Vater starb vor fast 20 Jahren. Wenn ich jetzt in den Spiegel schaue, erschrecke ich mich, weil ich genau wie mein Vater aussehe. Heute hätte ich eine tolle Beziehung mit ihm, weil ich jetzt alt und stark genug bin, um im richtigen Ton zu sagen, was ich sagen möchte. Wir könnten eine richtig coole Unterhaltung über die Dinge haben, die geschehen sind, aber leider können wir das nicht."