Im November 2017 übernahm Kosta Runjaic den polnischen Erstligisten Pogon Stettin abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz. Nach knapp vier Jahren hat der 50-jährige den Klub zu einem Spitzenteam geformt, das in der letzten Saison sogar um die Meisterschaft mitspielte.
Kosta Runjaic im SPORT1-Podcast Leadertalk von Mounir Zitouni
Runjaic: Viele rieten von Stettin ab
Der Ex-Trainer vom 1. FC Kaiserslautern, MSV Duisburg und 1860 München erzählt in einer neuen Folge des SPORT1-Podcasts „Leadertalk“, wie er es schaffte, Stettin nach oben zu führen, beantwortet die Frage, ob es Unterschiede in der Arbeit zwischen Polen und Deutschland gibt und welche wichtigen Tipps er von Christoph Daum bekam.
November 2017: Pogon Stettin ist Tabellenletzter und sucht einen Retter. Zu dem Zeitpunkt ist Kosta Runjaic nach seiner Entlassung bei 1860 München frei. „Ich hatte 2017 keinen Job. Ich war bereit wieder zu arbeiten. Es war eine emotionale Entscheidung nach Stettin zu gehen. Viele haben mir davon abgeraten“, erzählt Runjaic. „Es war auch ein bisschen Abenteuer. Ich habe mir dann gesagt, was kann ich verlieren? Ich kann im Prinzip nur weiterwachsen und neue Erfahrungen sammeln. Und wie man sieht, ich bin immer noch in Stettin.“
Runjaic arbeitet sich ohne Profi-Karriere hoch
Von seinem Weg hatte Runjaic eine klare Vorstellung. „Man muss eine tägliche Präsenz zeigen und die Menschen für sich gewinnen. Du musst als Trainer dafür sorgen, Schutz und Stabilität im System zu gewähren. Du musst Orientierung geben. Und wenn man in der Schusslinie ist, muss man gewisse Sachen aushalten, die Mannschaft entlasten.“
Sein Fazit lautet: „Du musst als Trainer vorweg gehen, um eine Mentalität zu ändern. Um acht Uhr morgens da sein und um acht abends die Arbeit beenden. Dir bewusst sein, dass sich alle an dir ausrichten. Du bist der Leuchtturm.“
Runjaic, der im Rhein-Main-Gebiet aufgewachsen ist, hat sich seinen Weg zum erfolgreichen Profitrainer mühevoll erarbeitet. Ohne eine Profikarriere standen ihm zunächst kaum Türen offen. „Ich hatte mit vielen Widerständen zu kämpfen. Es war sehr anstrengend und mühevoll, aber die Mühe hat sich gelohnt. Ich bin täglich dankbar, dass ich jetzt als Profi-Trainer arbeiten darf. Für mich ist es täglich ein Privileg, in diesem Job arbeiten zu dürfen. Ich bin viel weiter in den letzten 20 Jahren gekommen als das in meiner Vorstellung möglich war.“ (SERVICE: Die volle Ladung Sport aufs Ohr mit der Podcast-Familie von SPORT1)
Daum half Runjaic mit Praktikum
Einer, der ihm auf seinem Weg geholfen hat, war Christoph Daum, bei dem Runjaic ein Praktikum in Istanbul machte. „Christoph Daum hat mir bei meinem Praktikum sehr viel Werkzeug und Unterlagen mitgegeben, die ich heute noch nutze. Das Gebot der Schriftlichkeit hat mir besonders imponiert. „'Wer schreibt, der bleibt‘ hat er gesagt. Ich war dementsprechend vorbereitet, hatte Stift und Papier in meiner Trainingshose. Da ist schon was Wahres dran. Er ist sehr strukturiert und detailversessen. Er ist sehr gut informiert und vorbereitet. Und ich denke, dass ich zum Teil ähnlich arbeite“, erzählt Runjaic.
Über das Niveau in Polen sagt der Trainer aktuell: „Zwei, drei Mannschaften aus Polen könnten in der Bundesliga spielen. Es ist eine sehr körperbetonte Liga. Man kann einen Vergleich zur 2. Liga in Deutschland ziehen. Polen exportiert viele junge Spieler. Die Liga ist sehr gut organisiert. Es wird alles professioneller.“
Auch in Stettin entsteht gerade ein neues, modernes Stadion. Die Erfolge sorgen für Druck. „Die Erwartungshaltung ist gestiegen in Stettin“, stellt Runjaic fest. „Stettin ist ein spezieller Fall. Ein Verein, der noch keinen Titel gewonnen hat. Die Fans wollen endlich den ersten Titel.“
Mounir Zitouni (50) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seit dem 1. Januar 2019 als Businesscoach, betreut Sportler, Trainer und Führungskräfte in punkto Auftreten, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Der ehemalige Profifußballer (OFC, SV Wehen, FSV Frankfurt, Esperance Tunis) hat zuletzt die Autobiographie von Dieter Müller verfasst und veröffentlicht regelmäßig eine Kolumne auf www.sport1.de.