Beim Blick auf die Tabelle der B-Junioren Kreisklasse A13 Lübeck werden sich in den vergangenen Tagen einige Leute verwundert die Augen gerieben haben.
Fußballspiel endet 40:35! Kurioser Protest-Kick beim 1. FC Phönix Lübeck
40:35! Fußballspiel wird zu irrem Protest-Kick
Dass der SV Viktoria die Tabelle nach dem 1. Spieltag mit 9:1 Toren anführt, ist durchaus beeindruckend, aber nicht allzu außergewöhnlich.
Wohl aber, mit welchem Torverhältnis der 1. FC Phönix Lübeck auf dem zweiten Tabellenplatz folgt: Die Tordifferenz von +5 scheint auf den ersten Blick gewöhnlich - auf den zweiten Blick aber fallen die 40:35 Tore ins Auge.
Wie erwähnt: nach einem Spieltag!
40:35 - mit eben diesem Ergebnis endete am vergangenen Sonntagmittag die Partie des 1. FC Phönix gegen den ATSV Stockelsdorf II.
Das ist allein schon aufgrund des außergewöhnlichen Ergebnisses bemerkenswert, gewinnt durch die Hintergründe des Zustandekommens aber zusätzlich an Bedeutung.
Amateurklubs machen auf Missstände aufmerksam
Denn: Die beiden Mannschaften führten dieses Ergebnis ganz bewusst herbei, um auf Missstände im Amateurfußball aufmerksam zu machen.
Auslöser für den irren Protest-Kick war das Nichterscheinen des für die Partie angesetzten Schiedsrichters. Laut HL-Sports hatte sich der Unparteiische im Tag geirrt, war bereits am Samstag auf dem Sportplatz erschienen - und am Sonntag verhindert.
Ersatz ließ sich kurzfristig nicht mehr finden. Kein Wunder, greift der Schiedsrichtermangel im Amateurfußball doch nahezu in ganz Deutschland immer mehr um sich - unter anderem wegen zunehmender Gewalt gegen Unparteiische.
Wohl aus diesem Grund wollte sich auch kein Anwesender bereit erklären, die Leitung der Partie aushilfsweise zu übernehmen - der Heimverein aber ist verpflichtet, bei Nichtantreten eines Schiedsrichters einen Ersatz zu stellen.
Schiri nicht da - keine Neuansetzung möglich
Eine Neuansetzung der Partie unter Zustimmung beider Teams war ebenfalls nicht möglich, wie Stockelsdorfs Trainer Matthias Kraushaar bei HL-Sports erklärte: „Wenn die Mannschaften nicht antreten, würden sie satzungsgemäß bestraft.“
„Eigentlich müsste die Möglichkeit bestehen, dass wenn sich beide Mannschaften einig sind, das Spiel neu anzusetzen und es zu einem späteren Zeitpunkt mit regulärem Schiedsrichter durchzuziehen“, kritisierte Phönix-Trainer Dirk Jahnholz: „Diese Möglichkeit der Neuansetzung ist in den Regularien leider nicht vorgesehen.“
Also wurde gespielt - zumindest bis zur 60. Minute, als die Mannschaften sich beim Stand von 15:3 für Phönix zu einer außergewöhnlichen Maßnahme entschieden.
„Beide Torhüter haben das Tor verlassen, die Feldspieler haben sich im Mittelkreis positioniert und die Heimmannschaft hat einen Einwurf zu einem gegnerischen Spieler ausgeführt. Dieser dribbelte mit dem Ball dann direkt und ohne Gegenwehr in unser Tor“, schildert Jahnholz.
Dasselbe hätten beide Mannschaften anschließend immer weiter wiederholt - bis es letztendlich beim Schlusspfiff eben 40:35 stand.
Trainer üben Kritik an Regularien
Ein kurioser Protest, zu dem Stockelsdorf-Trainer Kraushaar noch etwas klarstellen wollte: „Es ist eine Kritik an der Regel, dass ein Jugendspiel nicht neu angesetzt werden darf, obwohl sich beide Mannschaften einig wären, das Spiel nicht ohne Schiedsrichter durchzuführen. Es ist keine Kritik an den Schiedsrichtern, die wahrlich zurzeit einen nicht beneidenswerten Job in ihrer Freizeit ausführen.“
Es gebe ohnehin schon zu wenige Schiedsrichter im Umkreis, ergänzte Kraushaar beim Sportbuzzer, „und bei weiteren schrecklichen Vorfällen auf Sportplätzen wird es auch in Zukunft vermehrt vorkommen, dass Schiedsrichter nicht zu Spielen erscheinen“.