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Weltmeisterschaft in Katar: Der FC Bayern und der DFB müssen Verantwortung übernehmen

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Weltmeisterschaft in Katar: Der FC Bayern und der DFB müssen Verantwortung übernehmen

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Nicht nur Bayern: Katar verlangt Haltung von uns allen

Die Weltmeisterschaft in Katar zeigt einmal mehr, wie politisch der Fußball sein kann. Die Vereine dürfen sich nicht mehr um ihre Verantwortung drücken, meint SPORT1-Chefredakteur Pit Gottschalk.
Ex-Bayern-Bosse Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß sind seit ihren Aussagen über die Geldzuschüsse aus Katar, stark in der Kritik. Auch im STAHLWERK Doppelpass So schaut's aus.
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von Pit Gottschalk

In ziemlich genau einem Jahr beginnt die Fußball-WM in Katar. Vom 21. November bis 18. Dezember streiten 32 Nationen darum, wer sich Weltmeister 2022 nennen darf. Für sportlichen Erfolg wird weitgehend ausgeblendet, was man dringend zu den überlieferten Lebens- und Arbeitsverhältnissen im Wüstenstaat sagen sollte.

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Man kennt die Zurückhaltung in der Fußballwelt schon. 1978, bei der WM in Argentinien, wollte man nicht so genau wissen, was die Militärdiktatur im Gastgeberland anrichtet. Vielleicht ist es auch gar nicht so verkehrt, wenn Fußballer ihren Blick auf den Rasen konzentrieren. Halbherzige Proteste wirken zu oft hanebüchen. Und die Verantwortung liegt eh woanders.

Bayerns innerer Widerspruch unüberhörbar

Zum Beispiel bei der Vereinsführung des FC Bayern München. Man schimpft einerseits über Gelder, die Klubs wie Paris Saint-Germain und Manchester City aus dem Mittleren Osten beziehen, und greift andererseits selbst beherzt zu, wenn Qatar Airways Sponsorenverträge anbietet und zum Trainingsbetrieb in Katar einlädt. Der innere Widerspruch ist unüberhörbar.

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Mitglieder würden die Haltung der Vereinsführung liebend gerne zur Abstimmung bringen (nicht irgendwann, sondern direkt am 25. November), um zu erfahren, ob Geld stinkt oder nicht. Der FC Bayern spürt offensichtlich Klärungsbedarf: Die Wurzeln des Vereins gehen auf Kurt Landauer zurück, einen jüdischen Mitbürger, der heute kein freies Rederecht in Katar hätte. (Bericht: Fan-Zoff bei Bayern spitzt sich zu!)

Der FC Bayern steht in der Verantwortung

Darf man als Bayern München das Katar-Geld annehmen? Oder sogar die Nationalmannschaft nächstes Jahr guten Gewissens zur Weltmeisterschaft fahren lassen? Auf beide Fragen gibt es keine einfachen Antworten, weder ein klares Ja noch ein überzeugendes Nein. Was aber schwer wiegt: dass die öffentliche Diskussion darüber, wie wir zu Katar stehen, ausgesessen wird.

Das einzige, was man von den Verantwortlichen hört, sind die Lippenbekenntnisse, dass man (a) das Thema durchaus ernst nimmt, (b) ein paar Sachen ja ansprechen will und (c) mit dem direkten Dialog vor Ort mehr bewirkt als mit Drohgebärden. Mag sein. Doch alle Absichtserklärungen sind so unverbindlich wie die Wettervorhersage für nächste Woche.

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Die Bayern-Führung darf die Konfrontation in dieser schwierigen Sachfrage nicht scheuen. Der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn samt Marketing hat ja Argumente. Aber dann soll er sie vortragen, Gegenreden zulassen und den Souverän des FC Bayern - die Mitglieder! - entscheiden lassen. Gegenüber Katar kann Kahn zeigen, was Demokratie hierzulande bedeutet.

Der DFB muss für Aufklärung in Katar sorgen

Gleiches beim DFB. Die Fußballdiplomatie erlaubt keinen Forderungskatalog mit Sanktionen, sondern allenfalls Protestnoten, die so leise sind, dass niemand sie hört und als störend empfindet. Damit darf der DFB nicht durchkommen. Man will im Jahr vor der WM schon wissen, ob man mögliche Missstände ignoriert oder doch anprangert.

Sogar Amnesty International, bisher vorsichtig optimistisch in der Katar-Frage, übt inzwischen scharfe Kritik an den Zuständen in Katar und stellte fest, „dass Fortschritte 2021 stagnierten und alte missbräuchliche Praktiken sogar wieder aufgetaucht sind“. Spätestens jetzt müsste alle Gutgläubigen zur Einsicht gelangen, dass Schweigen keinen Ausweg bietet.

Minderheitenschutz, Diskriminierungsfreiheit, Demokratie-Verständnis, Menschenrechte: An Kritikpunkten mangelt es Katar nicht. Aber wer kein Signal sendet und sich allein auf den Standpunkt zurückzieht, dass Katar in seiner künstlich geschaffenen Welt perfekt WM-Spiele organisiert (und Milliarden bezahlt), tut dem Kern des Fußballs richtig weh.

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