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Wie der Münzwurf einst Fußballspiele entschied

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Wie der Münzwurf einst Fußballspiele entschied

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Als die Münze im Schlamm stecken blieb

Im Fußball gab es dramatische Entscheidungen per „Schicksal“ - eine davon jährt sich am 24. März zum 59. Mal. SPORT1 gibt einen Überblick.
Die Kansas City Chiefs stehen nach einem ungefährdeten 38:24-Sieg über die Buffalo Bills im AFC Championship zum zweiten Mal in Serie im Super Bowl.
Udo Muras
Udo Muras

Die Aufregung um den Münzwurf in der NFL, der zwar nicht unmittelbar über den Sieger entscheidet, aber einer Mannschaft einen sehr großen Vorteil bringt, ist Fußballfans heutzutage fremd. Das war mal anders: Es gab Zeiten, da entschied ein Münzwurf nicht nur darüber, wer Anstoß hat.

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Der dramatischste Münzwurf jährt sich am 24. März zum 59. Mal. Doch dazu später mehr.

Loszettel aus grünem Hut gezogen

Im DFB-Pokal, der eine fast neunzigjährige Geschichte hat, gab es nur zwei Mal eine Art „Gottesurteil“. Der erste entschied gleich über einen Finalisten: Waldhof Mannheim und Wacker Wien, das 1940 auch zu Deutschland gehörte, hatten sich auch im zweiten Wiederholungsspiel in München (0:0) Unentschieden getrennt, nun kannte die Regel nur noch einen Ausweg: Losentscheid.

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Nicht immer wurde der durch den Münzwurf getroffen, die Quellen berichten, die Spielführer hätten tatsächlich einen Loszettel „aus des stellvertretenden bayerischen Fachwarts Schäfer grünem Hut“ gezogen. So kam Waldhof ins Finale, verlor aber 0:2 gegen den 1. FC Nürnberg.

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30 Jahre später konnten sich die Bundesligisten Alemannia Aachen und Werder Bremen auch nicht auf einen Sieger einigen. In Aachen (1:1) und Bremen hieß es auch nach Verlängerung jeweils 1:1, so musste Schiedsrichter Beetz aus Regensburg im Weser-Stadion die Münze werfen. Sie entschied am 3. August 1970 für den Habfinaleinzug der Alemannia und Werder-Kapitän Heinz Steinmann seufzte: „Da ist man zweimal 120 Minuten überlegen und dann langt es doch nicht.“

Der Kicker warf die Frage auf: „Wie lange noch Losentscheid?“ und wies auf die FIFA-Empfehlung hin, Pokalspiele künftig per Elfmeterschießen zu entscheiden, wozu andere Länder schon übergegangen waren. Bloß die Deutschen nicht, dabei hatten sie es erfunden (Erfinder: Karl Wald). Immerhin zog der DFB nach, schon im Dezember 1970 war Premiere, Schalke gewann gegen Wolfsburg das erste Elfmeterschießen, die bis heute Pokalspiele entscheiden, die keinen Sieger finden wollen.

Deutschland profitiert bei WM-Quali

Bei WM-Endrunden hat es nie Losentscheide gegeben, obwohl die Regularien das durchaus vorsahen. Allerdings wurde nach der Vorrunde 1990 per Los der deutsche Achtelfinalgegner ermittelt, da sich Irland und die Niederlande Platz 2 mit identischen Bilanzen teilten. Deutschland musste aber gegen den Dritten dieser Gruppe spielen und das Los entschied auf die Neuauflage des Klassikers, der allen Erwartungen entsprach. Das 2:1 von Mailand war rein sportlich der Höhepunkt jener WM aus deutscher Sicht und blieb schon wegen der Spuckaffäre um Frank Rijkaard und Rudi Völler, die beide vom Platz gestellt wurden, in Erinnerung.

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In der Qualifikation kam es immerhin dreimal vor, hier in klassischer Weise per Münzwurf. Die Premiere im März 1954 erwischte Bundestrainer Sepp Herberger auf dem falschen Fuß. Sie entschied über den deutschen Gruppengegner. Herberger war eigens nach Madrid geflogen und rechnete nach dem 4:1 Heimsieg gegen die Türken mit Spanien, doch das Rückspiel ging an die Türkei (1:0). Da die Gesamtzahl der Tore keine Rolle spielte, gab es ein drittes Spiel (2:2 n.V.) und dann sprach die Münze für die Türken, was sich für Deutschland als Glücksfall erwies. Beide Duelle wurden klar gewonnen (4:1/7:2).

Kurios waren die beiden anderen Fälle, denn sowohl vor der WM 1962 als auch vor der WM 1970 musste die Münze zwischen Marokko und Tunesien entscheiden und jeweils fiel sie auf die Seite Marokkos, das diesem Umstand seine erste WM-Teilnahme (1970) verdankt. Auch dieser Münzwurf führte in eine Gruppe mit Deutschland, diesmal hatte das DFB-Team mehr Mühe (2:1).

Münzwurf entscheidet EM-Halbfinale

Es gab nur einen Fall, aber der sorgte für Aufsehen. Im Halbfinale der Endrunde 1968 quälten sich Italien und die Sowjetunion im Dauerregen von Neapel über zwei torlose Stunden hinweg und so musste der Münzwurf über die Finalteilnahme entscheiden. Der deutsche Schiedsrichter Kurt Tschenscher spielte Schicksal und warf in den Katakomben im Beisein der Spielführer und eines UEFA-Funktionärs ein französisches Zehn-Franc-Stück aus dem Weltkriegsjahr 1916 in die Luft.

Schiedsrichter Kurt Tschenscher, hier vor dem Bundesligaspiel zwischen Gladbach und Braunschweig, entschied schon mal ein EM-Halbfinale per Münzwurf
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Zur Freude der 68.000 im Stadion fiel die Münze auf Kopf und somit die Seite Italiens. Was im anderen Fall los gewesen wäre, möchte man sich besser nicht ausmalen. Ein Verbandsmitglied der Russen schimpfte: „Das Los bei der Europameisterschaft entscheiden zu lassen, ist ein Hohn für den Sport. In den Vorrundenspielen ist es schwer genug, in den Viertelfinals treten die Mannschaften zweimal gegeneinander an und ins Finale kommt man durch das Hochwerfen einer Münze. Das kann nicht in Ordnung sein.“ Es kam immerhin nie wieder vor, ab 1976 wurde auch hier das Elfmeterschießen eingeführt.

Deutsche Vertreter vom Pech verfolgt

Im alten Landesmeister-Pokal gab es allein zehn Fälle, die alle in die Sechziger Jahre fielen. Einmal war eine deutsche Mannschaft beteiligt, einmal war Deutschland zumindest Schauplatz. Am 24. März 1965 kam es zwischen dem ersten Bundesligameister 1. FC Köln und dem englischen Champion FC Liverpool nach zwei Remis in Rotterdam zum Entscheidungsspiel.

Trotz des Handicaps, dass Wolfgang Weber mit gebrochenem Wadenbein spielen musste, holte der FC ein 0:2 auf und nach 120 Minuten musste die Münze entscheiden.

Tragisch endete das Entscheidungsspiel zwischen Köln und Liverpool in Rotterdam
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Aber sie schien ihren eigenen Willen zu haben und blieb senkrecht im Schlamm stecken. So musste auch der Münzwurf wiederholt werden, ehe die Engländer die Arme hochwarfen: Fortuna wählte Liverpool. „Dieses Pech hat unser Deutscher Meister nach drei erregenden, dramatischen Schlachten nicht verdient“, tröstete das Sport Magazin die „Verlierer“.

1967 sah das Duisburger Wedau-Stadion das Entscheidungsspiel der Fußballzwerge Valur Reykjavik und Nantori Tirana, das im „Sieg“ der Isländer per Münzwurf gipfelte. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

Im Messe-Pokal, Vorläufer von UEFA-Cup und Europa League, fiel die Münze neunmal und nur Hannover 96 war als deutscher Vertreter an so einem Prozedere beteiligt – und ebenfalls vom Pech verfolgt. Immerhin können sie sagen, dass der große FC Barcelona sie anders nicht hatte besiegen können. So geschehen am 2. März 1966 vor 50.000 im Niedersachsenstadion.