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Neuer DFB-Präsident? Das ist Favorit Bernd Neuendorf

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Neuer DFB-Präsident? Das ist Favorit Bernd Neuendorf

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DFB-Chef? Der unbekannte Favorit

Am 11. März wird in Bonn der neue DFB-Präsident gewählt. Erstmals kommt es zu einer Kampfabstimmung. Die Kandidaten: Ex-Schalke-Boss Peter Peters und Bernd Neuendorf. Letzterer geht sogar als Favorit ins Rennen. SPORT1 stellt den 60 Jahre alten Rheinländer vor.
Peter Peters kann sich Uli Hoeneß in einer Kontrollfunktion beim Deutschen-Fußball-Bund grundsätzlich vorstellen.
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von Patrick Berger

Bernd Neuendorf hat in diesen Tagen alle Hände voll zu tun. Interviews, Besuche von Vereinen und Verbänden, Redevorbereitungen und ganz nebenbei leitet der 60 Jahre alte Rheinländer auch noch einen Fußballverband. Neuendorf ist nämlich seit Juni 2019 Präsident des Fußball-Verbandes Mittelrhein (FVM) mit Sitz in Hennef und will nun auch DFB-Chef werden.

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Am 11. März wird der gebürtige Dürener auf dem DFB-Bundestag im World Conference Center in Bonn in einer Kampfwahl gegen Peter Peters antreten. Zum ersten Mal in der langjährigen DFB-Historie fällt die Wahl damit zwischen zwei Personen.

Bernd Neuendorf könnte der nächste DFB-Präsident werden
Bernd Neuendorf könnte der nächste DFB-Präsident werden

Während Peters vielen Fußball-Fans aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Finanzchef beim FC Schalke 04 (1994 bis 2020) und als DFL-Aufsichtsratsvorsitzender (2019 bis 2022) ein Name ist, ist Neuendorf dagegen noch relativ unbekannt. Sogar Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff gab Anfang Oktober ehrlich zu, dass er Neuendorf nicht kenne.

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Knapp fünf Monate später hat sich das geändert. Neuendorf schmunzelt im Video-Gespräch mit SPORT1 darüber. Er habe sich gewundert, was aus diesem Thema gemacht wurde. Und überhaupt: „Woher soll er mich auch kennen? Ich kannte ihn auch noch nicht persönlich. Nur aus den Medien. Wir sind uns in Frankfurt in einer Sitzung begegnet und haben beide darüber gelacht.“

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Der unbekannte Herausforderer gilt als Favorit

In den vergangenen Wochen hat Neuendorf mit einer regelrechten Tingeltour durch die Republik an Profil gewonnen. Er hat sich – ob in echt oder digital - bei den Profi-Klubs aus der 1. und 2. Liga sowie den Regional- und Landesverbänden persönlich vorgestellt.

„Das ist mir aus mehreren Gründen wichtig“, sagt er. „Ich wollte, dass auch alle Profivereine vor dem DFB-Bundestag einen persönlichen Eindruck von mir bekommen. Das ist aber keine Einbahnstraße. Ich möchte umgekehrt auch von den Vereinen wissen, welche Ideen sie haben, welche Veränderungen sie sich wünschen und was sie speziell vom DFB erwarten.“

Neuendorf geht als unbekannter Herausforderer ins Rennen - und gleich auch als Favorit. Grund: Er hat das mächtige Amateur-Lager hinter sich und kann sich den Stimmen der fünf Regional- und 21 Landesverbände sicher sein. Sie stellen die Mehrheit der Stimmen auf dem Bundestag. Für Gegenkandidat Peters, der dem Profi-Lager zugeordnet wird, ist ein Wahlsieg also nur schwer möglich.

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Neuendorf wuchs in Düren auf und drückte als Kind zunächst Borussia Mönchengladbach die Daumen (sein Vater war ein großer Fan). Ein späterer Besuch am Aachener Tivoli brachte den jungen Anhänger aber zur Alemannia.

Politische Karriere nach dem Journalismus

Nach dem Abitur studierte Neuendorf, der bis zu einer schweren Knieverletzung hobbymäßig als Linksaußen beim heimischen FC Grenzwacht Hürtgen kickte, in Bonn und Oxford Neue Geschichte, Politikwissenschaften und Soziologie. Später arbeitete er als Journalist in Frankfurt bei den Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press sowie ab 1992 in Bonn für verschiedene Tageszeitungen als Parlamentskorrespondent. Von 2001 bis 20023 war er stellvertretender Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung in Halle.

Anschließend schlug Neuendorf eine politische Karriere ein. Zwischen 2003 und 2004 fungierte er in Berlin als Sprecher des SPD-Parteivorstands unter Altkanzler Gerhard Schröder, war ab 2004 Pressesprecher des SPD-Landesverbands NRW und von 2007 bis 2012 Landesgeschäftsführer der SPD in NRW. Von 2012 bis 2017 war er Staatssekretär im NRW-Landesministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport.

Ob er als möglicher DFB-Präsident aufgrund seiner guten Kontakte nach Berlin dafür sorgen wird, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – so wie einst Angela Merkel (CDU) – bald in die Kabine der Nationalmannschaft kommt? Neuendorf lacht bei diesem Gedanken. Er kokettiere damit nicht, aber natürlich sei er gut verdrahtet in die Politik. „Wir müssen unser wieder mehr politisches Gehör und Durchschlagskraft verschaffen“, fordert er. „Zuletzt war das nicht mehr der Fall.“

Worin liegt der Reiz eines bisweilen unscheinbar wirkenden Mannes, an die Spitze eines Verbandes zu kommen, der seit 2012 in Wolfgang Niersbach (Affäre um WM 2006), Reinhard Grindel (Luxusuhr) und Fritz Keller (Nazi-Vergleich) drei starke Persönlichkeiten verschlissen hat?

„Müssen Vertrauen der Menschen zurückgewinnen“

„Ich glaube trotz allem, dass der DFB ein großartiger Verband ist, der viel bewegt“, findet Neuendorf, der bisweilen unscheinbar wirkt. „Wir müssen das Vertrauen der Menschen wieder zurückgewinnen. In den letzten Jahren haben wir nicht mehr über Fußball gesprochen, sondern vorwiegend über Skandale und Auseinandersetzungen an der DFB-Spitze. Wir müssen wieder zurückkehren zum Fußball. Ich stehe für einen Neuanfang.“

Diesen beansprucht auch Peters für sich. Die beiden Kandidaten werben um Vertrauen und Glaubwürdigkeit, was angesichts der jüngsten Krisen und Skandale (Steuerrazzien, Rücktritte, Intrigen, Affäre um die Heim-WM-2006) alles andere als einfach ist.

Neuendorf betont immer wieder, dass er einen Kulturwandel anstrebt. Er möchte, dass man beim DFB wieder „vertrauensvoller und vor allem geräuschloser zusammenarbeitet“. Dabei hebt er in seinem Programm unter anderem folgende Botschaften hervor: „Wir rücken den Fußball in den Mittelpunkt“, „Wir stärken die politische Interessenvertretung des Fußballs“, „Wir nutzen sportliche Großveranstaltungen speziell für den Fußball, aber auch für Amateurfußball“ und „Wir nehmen unsere gesellschaftliche und soziale Verantwortung erkennbar wahr“.

In Heike Ullrich (als Generalsekretärin) und Stephan Grunwald (als Schatzmeister) sind bislang zwei Personen aus Neuendorfs Team der Öffentlichkeit bekannt. Der umstrittene DFB-Interimsboss Rainer Koch spielt ebenso bei Neuendorf wie auch bei Peters keine Rolle. Unklar ist indes noch, welche Person Neuendorf für die neue Position im Präsidium mit dem Schwerpunkt Diversität vorschlagen wird. „Diversität ist mir sehr wichtig. Daher möchte ich eine neue Position im Präsidium schaffen, die den DFB bei diesem Thema voranbringt“, betont der Funktionär. „Wir müssen die Gesellschaft im Fußball und auch im Verband besser abbilden und insgesamt vielfältiger werden.“

Neuendorf sieht Katar-WM kritisch

Die anstehende Wüsten-WM 2022 in Katar sieht Neuendorf indes als „sehr kritisch“ an. „Es hätte gar nicht erst dazu kommen dürfen“, findet der Ex-Politiker. „Man hätte viel früher schon bei den Vergabekriterien Wert auf die Einhaltung von Menschenrechten und Nachhaltigkeit legen müssen. Die Entscheidung ist nun aber gefallen. Trotz aller Probleme halte ich einen Boykott aber für falsch. Wir sollten Präsenz zeigen und vor Ort das Gespräch auf allen Ebenen suchen.“

Die jüngsten Sanktionen der FIFA und UEFA gegen Russland hält Neuendorf für richtig. „Ich persönlich habe hierzu eine klare Haltung: Angesichts von Putins Krieg in der Ukraine ist es für mich undenkbar, dass derzeit Fußballspiele gegen russische Mannschaften ausgetragen werden“, betont er mit Nachdruck. „Das gilt gleichermaßen für National- und Vereinsmannschaften. Das wäre für mich angesichts der Opfer, des Leids und der Flüchtlingsströme eine unerträgliche Vorstellung. Putin hat sich und sein Land isoliert. Er muss jetzt mit den Konsequenzen seiner aggressiven Politik leben. Ich begrüße außerordentlich, dass FIFA und UEFA Russland nunmehr von allen Wettbewerben ausgeschlossen haben und sich damit klar und deutlich von Moskau distanzieren.“