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EM 1972 - DFB-Team besiegt Sowjetunion im EM-Finale - als das deutsche Team Geschichte schrieb

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EM 1972 - DFB-Team besiegt Sowjetunion im EM-Finale - als das deutsche Team Geschichte schrieb

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Als Deutschland EM-Geschichte schrieb

Auf den Tag genau 50 Jahre ist es her, als Deutschland erstmals Europameister wurde – nach Ansicht vieler Experte war es das beste DFB-Team der Geschichte. Vor dem Anpfiff wird ein Spieler aus der Kabine geworfen.
Berti Vogts wurde als Bundestrainer Europameister und war trotzdem nie geliebt. Sein Vorgänger Beckenbauer hatte die Erwartungen ins Unermessliche gesteigert.
Udo Muras
Udo Muras

Vor 50 Jahren wurde Deutschland erstmals Fußballeuropameister. Der Tag von Brüssel war ein glanzvoller, auch weil der Sieg so brillant erspielt wurde. Man sprach von der besten Nationalmannschaft aller Zeiten.

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Überall sah man vor Stolz und Glück strahlende Gesichter an jenem 18. Juni 1972 im Heysel-Stadion im Schatten des Atomiums.

Vor dem Spiel indes flossen die Tränen in der Kabine. Verteidiger Berti Vogts war eigentlich nur vorbei gekommen, um den Kameraden Glück zu wünschen für das Finale gegen die Sowjetunion.

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Tränen bei Vogts vor dem Anpfiff

Doch dann übermannte den Reservisten die Verzweiflung darüber, dass er ausgerechnet an diesem Tag verletzt zusehen musste.

Bundestrainer Helmut Schön warf ihn aus der Kabine, Tränen vor dem Anpfiff seien doch ziemlich kontraproduktiv. Spielkraftzersetzung quasi.

Schön: „Berti, du kannst jetzt nicht vor einem Endspiel um die Europameisterschaft mit Tränen in den Augen in der Kabine sitzen. Das ist nicht gerade eine Stimulanz für die anderen!“, gab er dem Mönchengladbacher zu verstehen.

DFB-Team lässt Sowjetunion keine Chance

Es blieben die einzigen Tränen an diesem Tag. Die deutsche Mannschaft, die in Brüssel erstmals Europameister wurde, knüpfte dort an, womit sie Ende April beim historischen 3:1 im Viertelfinale von Wembley, dem ersten Sieg in England, begonnen hatte.

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In jenen Tagen überschlugen sich die Kritiker mit Lobliedern über den plötzlich so schönen Fußball der Adlerträger, die doch eigentlich für Kampf, Härte und Disziplin standen. Nun aber zauberten sie, in einem 4-3-3 System mit Libero, aber keineswegs in ein Schema gepresst.

Es kam Betrachtern so vor, als könne jeder alles spielen. Bezeichnend der Vorstoß von Vorstopper „Katsche“ Schwarzenbeck, der in Mittelstürmerposition das 3:0 auf dem Fuß hatte, ehe ihm Gerd Müller den Ball klaute.

Es war auch die Zeit, als es in Deutschlands Mannschaft einen Kaiser und einen König gab. Libero Franz Beckenbauer und Spielmacher Günter Netzer führten im Wechsel die Regie auf dem Feld, der Boulevard erfand dafür das Etikett vom „Ramba-Zamba-Fußball.“

Günter Netzer war im EM-Finale 1972 kaum zu stoppen
Günter Netzer war im EM-Finale 1972 kaum zu stoppen

„Macht doch einfach, was ihr wollt“

Die hauptsächlich aus den Blöcken der in jenen Tagen führenden Teams aus München und Mönchengladbach bestehende Elf spielte anno 1972 jeden Gegner an die Wand und brauchte eigentlich keinen Trainer.

Günter Netzer erinnert sich: „Vor diesem Finale gab es eine Situation, die den Geist der Mannschaft sehr gut beschreibt. Helmut Schön stellte uns an einer Tafel die Mannschaft der Sowjetunion vor, er malte taktische Formationen auf. Dann drehte er sich plötzlich um und sagte zu uns: ‚Macht doch einfach, was ihr wollt.‘ Für mich das größte Kompliment, das ein Trainer einer Mannschaft machen kann. Er vertraute uns.“

Co-Trainer Jupp Derwall warnte pflichtgemäß vor den Stärken der Russen, deren Halbfinalsieg gegen Ungarn (2:1) er vor Ort beobachtet hatte, gab aber hinterher zu, er habe maßlos übertrieben.

Keine echten Gegner in Europa

Es gab einfach keinen echten Gegner in Europa für diese Deutschen, das galt auch für die Russen, denen die DFB-Elf schon im Mai in München eine Lektion erteilt hatte (4:1).

Auf der Busfahrt verlas Schön noch ein aufmunterndes Telegramm seines Vorgängers Sepp Herberger und das Brüsseler Heysel-Stadion war fest in deutscher Hand; rund 40.000 Schlachtenbummler unter den 55.000 machten Stimmung.

Nicht immer auf die feine Art, die Polizei hatte in Belgien einigen Ärger mit alkoholisierten deutschen Fans, die schon beim Halbfinalsieg gegen die Gastgeber in Antwerpen (2:1) aus der Rolle gefallen waren.

Maier muss Flitzer einfangen

Kurz vor Abpfiff des Finales musste Sepp Maier sogar einen (bekleideten) Flitzer einfangen, der den Sieg schon feiern wollte.

Einen Sieg, der schon früh fest stand. Netzer: „Das Finale war derartig klar und beherrschend, da wirkte bei den Russen noch das 1:4 von München nach.“

Nach 57 Minuten hieß es 3:0, zwischen zwei Müller-Toren (28., 57.) durfte auch der Gladbacher Herbert Wimmer (52.) einnetzen.

Hinterher überschlug sich die Presse mit Lob für den neuen Europameister, nicht jeder traf dabei den richtigen Ton: „Man müsste es gegen die Deutschen mit einem Maschinengewehr versuchen. Ohne ein solches kann man die Mannschaft nicht stoppen.“ (Gazzetta dello Sport).

„Deutschland ist Europas König!“

Galanter formulierten es die französische L‘ Èquipe, die vom „Fußball 2000″ sprach.

Der Kicker titelte: „Deutschland ist Europas König!“ und fand: „Und das erfreulichste daran: die Siege werden vor allem erspielt und erst in zweiter Linie erkämpft. Man kann sich kaum vorstellen, dass eine geschlossenere Leistung möglich ist.“

Noch immer behaupten viele Experten: einen besseren Europameister hat es nie gegeben und eine bessere deutsche Elf auch nicht. Neun Europameister wurden zwei Jahre später im eigenen Land sogar Weltmeister, aber so schön spielten sie nie wieder wie heute vor 50 Jahren.

Das erkannte auch Schön, der 1978 in seinen Memoiren schlicht feststellte: „Man kann Traummannschaften nicht einwecken.“ Das nicht, aber gelegentlich an sie erinnern.