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„Es war eine Extrem-Situation auf Schalke!“ Mustafi spricht bei SPORT1 über Schalke, Löw und seine Zukunft

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„Es war eine Extrem-Situation auf Schalke!“ Mustafi spricht bei SPORT1 über Schalke, Löw und seine Zukunft

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„Sonst rennen die Bayern vorbei“

Shkodran Mustafi spricht bei SPORT1 über seinen ehemaligen Mitspieler Granit Xhaka, seine Beziehung zu Joachim Löw - und über die schreckliche Nacht auf Schalke, als die Ultras die Spieler jagten.
Da mag man aus Schalker Sicht gar nicht mehr hinschauen. Beim desolaten Auftritt in Kaiserslautern werden wieder einmal gnadenlos alle Schwächen offenbart werden.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Shkodran Mustafi will es nochmal wissen. Der 31-Jährige, der 2014 mit der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister wurde, spielte in seiner Karriere vornehmlich im Ausland, fünf Jahre stand er beim FC Arsenal unter Vertrag. In der Bundesliga spielte er nur rund vier Monate und stieg am Ende der Saison 2020/2021 mit Schalke 04 in die zweite Liga ab. Im exklusiven SPORT1-Interview spricht Mustafi unter anderem über seine bisherige Karriere, einen neuen Verein und seine Zeit bei den Königsblauen.

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SPORT1: Herr Mustafi, was machen Sie gerade?

Shkodran Mustafi: Ich verbringe viel Zeit mit der Familie. Nachdem mein Vertrag bei Levante ausgelaufen war, habe ich erstmal Urlaub gemacht. Ich hatte gehofft, dass ich einen neuen Vertrag unterschreiben kann. Doch leider war dem nicht so, weil ich mich an der Ferse operieren lassen musste. Das hat alles durcheinander geworfen. Dann kam die Reha und die Vereinssuche gestaltete sich zuletzt schwierig. Ich war auch als TV-Experte tätig, das hat mir viel Spaß gemacht.

SPORT1: Sie haben zuletzt mit anderen Klubs verhandelt beziehungsweise Ihr Berater. Wie ist da der Stand?

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Mustafi: Es gab zuletzt intensive Gespräche mit den Verantwortlichen einiger Vereine. Aber Verhandlungen können sich auch hinziehen. Ich warte ab und bin bereit für eine neue Aufgabe. Die Vorfreude ist groß. Es kribbelt immer noch, das habe ich gemerkt, als ich als Experte gearbeitet habe und am Spielfeldrand stand.

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Mustafi sucht Verein: “Wird eher das Ausland werden”

SPORT1: Wird es die Bundesliga oder das Ausland?

Mustafi: Es wird wohl eher das Ausland werden. Ich habe meinem Vater und meinem Berater gesagt, dass ich für alles offen bin. Ich spreche fünf Sprachen und bin durch meine Zeit im Ausland vor allem sehr anpassungsfähig geworden. Ich bin also ziemlich flexibel.

SPORT1: Bereuen Sie es, nie über einen längeren Zeitraum in der Bundesliga gespielt zu haben?

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Mustafi: Das wäre für mich natürlich optimal gewesen. Dann hätte ich in der Heimat leben und die Familie direkt in der Nähe haben können. Es ist doch das Schönste für einen Fußballer seine Lieben bei sich zu haben, so dass sie regelmäßig im Stadion miterleben können, was du machst. Aber im Fußball muss man oft das nehmen, was kommt. Ich war oft im Ausland, was Vieles kompliziert hat. Ich bereue es nicht, dass ich nicht länger in der Bundesliga gespielt habe. Ich habe in anderen Ländern viel Schönes erleben dürfen.

SPORT1: Was waren neben dem WM-Titel 2014 die Highlights bisher in Ihrer Karriere?

Mustafi: Ein Highlight war sicher mein Wechsel zu Arsenal. Es war immer ein Traum, in der Premier League zu spielen. Ich war vorher schon bei Everton, habe dort aber nie in der Premier League auflaufen dürfen. Die Zeit bei den Gunners war nochmal eine andere Nummer. Ein weiteres Highlight war mein Wechsel zu Valencia. Das erste Jahr dort war überragend. Da hat alles gepasst. Nach der WM 2014 war sehr viel Druck da, weil einiges von mir erwartet wurde. Man kannte mich bis dahin eigentlich nur in Italien. International war ich bis zur WM kein weltbekannter Spieler. Mit meinem Wechsel zu Valencia stieg dann das öffentliche Interesse an mir. Der Aufstieg mit Sampdoria Genua in die Serie A war auch eine tolle Sache. Da war ich erst 20 Jahre alt. Und natürlich zählt auch mein erstes Tor für Deutschland bei der EM 2016 gegen die Ukraine zu den Highlights.

Mustafi: “Abstieg mit Schalke ist ein schwarzer Fleck”

SPORT1: Hätten Sie sich das Schalke-Abenteuer sparen können?

Mustafi: Der Abstieg mit Schalke ist natürlich ein schwarzer Fleck. Derzeit läuft es leider wieder nicht gut für den Verein und es droht erneut der Abstieg. Aber Schalke bleibt Schalke. Das ist in Deutschland einer der größten Vereine. Ich habe damals natürlich gehofft, dass es ein anderes Ende nimmt und wir den Klassenerhalt schaffen, aber leider hat es nicht geklappt. Ich bin damals voller Vorfreude dorthin gewechselt, weil es auch das erste Mal Bundesliga für mich war. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass es anders ausgeht, aber ich habe Schalke nicht bereut. Es war eine wichtige Erfahrung für mich. Ich hätte mir auch gewünscht, in einer vollen Veltins-Arena zu spielen. Leider ging das durch Corona nicht. Das war sicher auch ein Faktor, der für die Rettung fehlte. Wenn ich irgendwann die Schuhe an den Nagel hänge, kann ich stolz sagen für Schalke gespielt zu haben.

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SPORT1: Wie schlimm war es wirklich in der Nacht der Schande auf Schalke, als die Mannschaft nach dem feststehenden Abstieg am Stadion ankam?

Mustafi: Es war einer der schwierigsten Momente in meiner Karriere. Ich habe in Italien aber auch schon einiges mit Ultras erlebt. Da kochen öfter mal Emotionen hoch. Die Nacht auf Schalke war sehr unangenehm, aber es hielt sich noch in Grenzen. Die Bilder haben natürlich kein schönes Bild abgegeben für uns Spieler, die Fans und den Verein. Aber es war eine Extrem-Situation auf Schalke und ich konnte die Ultras teilweise verstehen. Das ist nicht nur im Sport so: Wenn man die Erwartungen nicht erfüllt, ist man enttäuscht.

SPORT1: Zum Glück ist es damals nicht eskaliert und es gab keine Gewalt.

Mustafi: Stimmt. Das hätte man nicht entschuldigen können. Ich hatte keine Angst, aber es war beunruhigend nicht zu wissen, was noch passiert. Ich habe die Lage schon auch ein bisschen einschätzen können, aber du weißt nie, wohin sich die Situation entwickelt, wenn Emotionen im Spiel sind. Man wünscht sich einfach, dass es nicht zu einer kompletten Eskalation kommt.

SPORT1: Haben die Ultras zu viel Macht?

Mustafi: Ich war noch nie in der Rolle als Kapitän, der mit Ultras reden musste. Ich musste mich nie konkret damit auseinandersetzen, um zu verstehen, was da passieren kann. Im Endeffekt muss man einfach sagen, dass Ultras Menschen sind, die mit viel Herzblut an dem Verein hängen und auch das Beste für ihren Klub wollen. Wenn es nicht läuft, ist es immer schwierig den Ultras zu vermitteln, dass man als Spieler auch nur das Beste für den Verein will. Aber Ultras haben sicher eine gewisse Macht. Ob es zu viel ist, kann ich nicht beurteilen.

SPORT1: Am vergangenen Donnerstag hat mit Erik Durm der nächste Weltmeister von 2014 seinen Rücktritt bekannt gegeben. Was sagen Sie über ihn?

Mustafi: Ich hätte mir natürlich für ihn gewünscht, dass er noch ein, zwei Jahre spielen kann. Aber man kann einfach gewisse Dinge nicht vorhersehen. Das habe ich auch bei mir gemerkt. Erik hatte mit der einen oder anderen Verletzung zu kämpfen und das hat ihn zurückgeworfen. Es ist nicht immer einfach als Fußballer dann zurückzukommen. Sportlich lief es auch nicht mehr so, wie er sich das gewünscht hat. Gerade bei seinem Herzensverein, dem FCK. Und dann kommst du zu dem Entschluss die Karriere zu beenden, weil es einfach nicht mehr geht. Ich habe großen Respekt davor, dass er diese Entscheidung mit erst 31 getroffen hat. Ich könnte es noch nicht machen, weil es bei mir noch zu sehr kribbelt. Ich hätte mir für Erik einen besseren Abschluss gewünscht.

SPORT1: Wie bewerten Sie die Chancen auf ein neues Sommermärchen 2024?

Mustafi: Das ist sehr abhängig davon, wie die Mannschaft auf dem Platz performt. Ich glaube, wenn die Jungs es durch ihre Leistung schaffen, wieder das ganze Land mitzureißen, dann kann das erneut ein Sommermärchen auslösen. Ich wünsche mir das sehr, weil wir wissen, was so ein Turnier entfachen kann. Aber wie gesagt, entscheidend wird die Leistung auf dem Platz sein. Wenn man das Eröffnungsspiel erfolgreich gestaltet und Selbstvertrauen tankt, dann kann das pushen. Die Qualität in der Mannschaft ist absolut da. Es müssen aber bei so einem Turnier viele Sachen zusammenkommen wie 2014.

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SPORT1: Was meinen Sie?

Mustafi: Hätten wir das Spiel gegen Portugal zu Beginn des Turniers nicht so deutlich gewonnen und durch eine Rote Karte einen Vorteil gehabt, dann hätte es anders ausgehen können. Gegen Ghana und Algerien haben wir uns auch schwer getan. Dann kam der Sieg gegen Frankreich und dieser Riesenerfolg gegen Brasilien (7:1, d. Red.). Wir haben die Zutaten für ein Sommermärchen. Wichtig wird eine gute Vorbereitung und der Start ins Turnier sein. Dann muss man von Spiel zu Spiel als Mannschaft wachsen. Das fällt sicher einfacher, wenn die Ergebnisse stimmen und die Jungs spüren, dass das ganze Land hinter ihnen steht.

Mustafi dankt Löw: “Er ist eine große Persönlichkeit”

SPORT1: Sie wurden unter Joachim Löw Nationalspieler. Er ist momentan ohne Job. Was könnte ein nächster Schritt für ihn sein?

Mustafi: Jogi bleibt natürlich bei mir immer in Erinnerung weil ich unter ihm mein Debüt in der Nationalmannschaft gegeben habe. Er war als Mensch und als Trainer wichtig für mich. Er ist eine große Persönlichkeit. Jogi hat mir geholfen, beim DFB Fuß zu fassen. Von daher wünsche ich mir und sicher auch viele andere, ihn nochmal als Trainer irgendwo zu sehen.

SPORT1: Ist der FC Arsenal in dieser Saison titelreif?

Mustafi: Schon in der vergangenen Saison waren die Gunners nah am Titel dran. Aber es hat leider nicht geklappt. Nachdem Arsene Wenger (1996 bis 2018, d. Red.) den Klub verlassen hat, konnte man die Ziele nicht mehr erreichen. Zuvor war man rund 20 Jahre hintereinander in der Champions League vertreten. Dann einige Jahre nicht mehr. Eine Saison war Arsenal leider komplett international nicht dabei. Momentan tut es dem Klub sehr gut, dass man sich oben festgespielt hat. Das große Ziel ist in der Premier League nun mal, dass man regelmäßig um die Meisterschaft mitspielen kann. Der FC Liverpool und Manchester City haben das in den zurückliegenden Jahren erfolgreich geschafft. Ich denke, wir sehen jetzt mit Arsenal die nächste Mannschaft, die Saison für Saison um den Titel mitspielen kann.

SPORT1: Wer wird in dieser Saison die Champions League gewinnen und warum?

Mustafi: Zu den Favoriten gehört sicher Manchester City. Es muss aber vieles passen. ManCity sehe ich deshalb als Favorit, weil ich sehr überzeugt bin von dem, was dort passiert. Die Spielweise, der Trainer und die Mannschaft überzeugen mich einfach. Die Citizens sind aktuell die beste Mannschaft in Europa.

“Leverkusen als Meister würde der Bundesliga gut tun”

SPORT1: Wird die Bayern-Serie bei deutschen Meisterschaften endlich durchbrochen? Seit Samstag spürt Bayer Leverkusen nach der Nullnummer gegen Borussia Mönchengladbach wieder den Atem der Münchner.

Mustafi: Das stimmt. (lacht) Bayer Leverkusen spielt bisher mit Xabi Alonso eine überragende Saison. Klar, das 0:0 gegen Gladbach am Wochenende war ein kleiner Kratzer, aber sie können nicht jedes Spiel im Hurra-Stil gewinnen. Es macht Spaß ihnen zuzuschauen. Das waren keine Zufalls-Erfolge. Bayer hat sich in dieser Saison alles hart erarbeitet. In Leverkusen wächst etwas zusammen. Man ist absolut vom Trainer und von der Truppe überzeugt. Aber die Spieler müssen diesen Marathon bis zum Ende in einem guten Tempo bis ins Ziel laufen. Sonst rennen die Bayern vorbei. Leverkusen als Meister würde der Bundesliga gut tun. Alonso und sein Team hätten es verdient. Die Bayern sind am Wochenende durch ihren Sieg in Augsburg wieder etwas ran gerückt und die Leverkusener müssen wachsam bleiben.

SPORT1: Sie haben bei Arsenal fünf Jahre mit Granit Xhaka zusammengespielt. Ist er der entscheidende Faktor auf dem Platz, um den Titel endlich nach Leverkusen zu holen?

Mustafi: Ein Spieler ist nicht allein dafür verantwortlich, dass ein Team erfolgreich ist. Da spielen einige Faktoren eine Rolle. Bei Bayer Leverkusen stimmt im Moment einfach vieles. Als Mannschaft performen sie und jeder einzelne Spieler kann seine Stärken einbringen. Das ist das Erfolgsrezept der Werkself. Es bringt nichts, wenn nur ein Spieler performt. Auch Florian Wirtz oder Jonas Hofmann zeigen tolle Leistungen und blühen auf. Granit ist ein großer Spieler, der eine Mannschaft führen kann. Das hat er bei Gladbach und Arsenal schon gezeigt. Granit ist das perfekte Bindeglied zwischen Defensive und Offensive.

SPORT1: Ihre Karriere war gefühlt wie eine Rutschbahn. Warum konnten Sie Ihr Niveau nicht halten?

Mustafi: Es ist einiges passiert und es sind auch einige Dinge vorgefallen, die die Situation komplizierter gemacht haben. Ich habe meinen Beitrag dazu geleistet, dass die Leistungen nicht immer meinen Erwartungen entsprochen haben. Trotzdem hatte ich eine schöne Zeit bei Arsenal, in Valencia und bei Sampdoria Genua. Mit dem Wechsel zu Schalke kamen jedoch negative Erfahrungen dazu, insbesondere mit dem Abstieg. Bei Levante konnte ich gar nicht richtig zeigen, was ich kann. Die Zeit war von Verletzungen geprägt, dazu kamen noch persönliche Probleme wie ein Raubüberfall, das hat mich weiter zurückgeworfen. Es war dann sehr schwierig meinen Rhythmus wieder zu finden. Dieser hat mir zu der Zeit am meisten gefehlt, um erfolgreich Fußball zu spielen. Bei Levante kam leider auch nochmal ein Abstieg dazu. Das hat mich schon sehr frustriert.