Fußball>

"Die Türen gingen extrem schnell zu"

„Die Türen gingen extrem schnell zu“

Julia Olbrisch spricht über ihren Weg ins Sport-Business und bedenklich deutliche Hürden als Frau. Die „Flutlicht an!“ Porträt-Kolumne #111.
Julia Olbrisch zu Gast bei „Flutlicht an!“
Julia Olbrisch zu Gast bei „Flutlicht an!“
© SPORT1
Julia Olbrisch spricht über ihren Weg ins Sport-Business und bedenklich deutliche Hürden als Frau. Die „Flutlicht an!“ Porträt-Kolumne #111.

Ein Wort fällt immer wieder, wenn Julia Olbrisch über ihren bisherigen Lebensweg spricht: Neugierde. Die, in Verbindung mit einem kleinen, liebevollen Schubs ihrer Mutter, bringt sie Anfang der 1990er als Teenagerin für ein Schuljahr in die USA.

„Es war das prägendste Jahr meiner Kindheit“, schaut sie heute zurück. „Es hat alles verändert.“ Fern der Heimat beginnt sie nicht nur darüber nachzudenken, wer sie ist und was sie vom Leben möchte. Sie entwickelt auch eine neue Wertschätzung für ihre Heimat, Europa.

Die Verbindung zu ihrer ehemaligen Gastfamilie und den Freund*innen aus dem Highschool-Jahr hat bis heute Bestand. Auch einen Teil ihres Jura-Studiums absolviert Olbrisch in den USA, einen weiteren später in Spanien. Das Studium löst bei ihr anfangs keine Begeisterung aus, eher aus Mangel an alternativen Ideen bleibt sie dabei.

Rolle als Mutter wird zum Problem

Anschließend arbeitet Olbrisch zunächst in der Sportvermarktung. Das sei genau ihr Ding gewesen, erzählt sie, der Job bereitet ihr viel Freude. Dass sie am Verhandlungstisch regelmäßig die einzige Frau ist, fällt ihr zwar auf, sie misst dem aber keine tiefere Bedeutung bei. Jahre später fragt sie sich, warum: „War ich zu oberflächlich? War ich zu ignorant?“

Als Olbrisch ihr erstes Kind bekommt und auf 30 Stunden reduziert, wird ihr erstmals wirklich bewusst, was die Buddy-Verhältnisse in ihrem Arbeitsumfeld auch bedeuten: „Da merkte man doch, wie Türen extrem schnell zugingen.“ Sie sei in der neuen Rolle als Mutter raus gewesen. Wer nicht 24/7 erreichbar ist, habe Pech gehabt, erinnert sie sich.

„Ich wollte arbeiten“

Die Juristin, heute Mutter von vier Kindern, bekommt das Gefühl, von ihr werde Dankbarkeit dafür erwartet, überhaupt beruflich im Sport zu sein. „Ich wollte arbeiten“, erzählt sie, „aber Dankbarkeit hatte ich in keiner Faser meines Körpers mehr.“ So trennen sich die Wege.

Längst beschäftigt Olbrisch sich da intensiv mit Strukturen, die es unter anderem Frauen schwermachen, ihren Weg so zu gehen, wie es für Männer kein Problem zu sein scheint. So, wie ihr selbst gewisse Themen erst spät auffallen, beobachtet sie heute die Jungen, die beispielsweise die Quote abtun. Es könne nicht sein, dass bei Frauen „jede Generation zurück auf Los geht und da neu anfängt“.

Olbrisch trifft auf ehemalige Nationaltorhüterin

Die Juristin, an der Hand ihres Vaters im Stadion aufgewachsen, sieht in dieser Phase just im Fußball eine Bewegung, auf die sie Lust verspürt: Ein Team von Frauen gründet seinerzeit „Fußball kann mehr“, mit klaren Forderungen für Quote und Diversity in den Chefetagen des Sports.

Olbrisch nimmt Kontakt zu einer der Köpfe auf: der ehemaligen Nationaltorhüterin Katja Kraus. Einige unkomplizierte Austausche später sitzt sie im Beirat von FKM. Dort berät sie intern, aber auch auf kurzem Dienstweg Spielerinnen, die juristische Fragen haben.

Mittlerweile arbeitet die Juristin bei HYROX, zuvor hat sie 2023 bei der FIFA ihren Football Agent gemacht, einfach: Weil sie es kann. „Als Frau muss man sich immer Plaketten ans Revers heften, damit man nur darlegen kann, wie viel Fachkenntnis man hat“, sagt sie hörbar amüsiert.

Für Olbrisch kein Problem. Wenn ihre Neugierde erstmal geweckt ist.