Es war Sonntag der 4. Dezember 2011, als ganz Brasilien um 4.30 Uhr in die Trauer stürzte: Beim großen Socrates versagten die Organe und der „Doktor“ verlor seinen letzten Kampf.
Als Socrates Brasilien in Trauer stürzte
Das Genie, das sich zu Tode trank
Im Alter von 57 Jahren erlag er im Albert-Einstein-Hospital von Sao Paulo einem septischen Schock. Dieser soll von einem bakteriell verseuchten Mittagessen ausgelöst worden sein.
Brasilien Star-Ensemble stirbt in Schönheit
Socrates war Arzt, politischer Querdenker und vor allem genialer Fußballer: Obwohl Socrates Brasileiro Sampaio de Souza Vieira de Oliveira den Brasilianern keinen Weltmeistertitel bescherte, spielte er sich mit dem WM-Team von 1982 für immer in die Herzen der Fans. Zico, Falcao, Toninho Cerezo und Socrates - die Mannschaft damals hatte unglaubliches Talent und den Titel verdient gehabt, sie gingen in Schönheit unter.
Der Vater von sechs Kindern soff sich langsam zu Tode. „Ich war Alkoholiker, wenn ich wollte. Wer täglich Alkohol trinkt, ist Alkoholiker. Ich war abhängig vom Alkohol, habe aber nicht jeden Tag getrunken“, gestand der studierte Mediziner kurz vor seinem Tod. Schon als Spieler hatte er seine Bierchen genossen.
„Ich bin kein Athlet, ich bin Fußball-Künstler“
„Ich trank morgens ein wenig, dann am Nachmittag. Während ich arbeitete, trank ich ein Flasche Wein im Laufe des Tages. Wenn ich die Flasche nicht gehabt hätte, hätte dies nichts geändert, aber es war eben Gewohnheit“, berichtete der Brasilianer.
Während eines dpa-Interviews im Jahr 1984 trank er große Mengen Bier und rauchte eine Zigarette. Socrates wurde darauf angesprochen und er antwortete: „Ich bin kein Athlet, ich bin Fußball-Künstler.“
Den Rat der Ärzte ignorierte der Brasilianer. Im Juni 2010 traten erstmals Magenblutungen auf, und seine damalige Ärztin gab ihm eine Reihe an Empfehlungen. Sie berichtete einst im Gespräch mit der Zeitung Folha Sao Paulo: „Er hat nichts gemacht, was ich verlangt habe. Er trank weiter und ließ auch keine Endoskopie machen, um das Ausmaß des Problems zu diagnostizieren.“
Socrates glänzt auf dem Platz und engagiert sich in der Politik
Zu seiner Studentenzeit begann Socrates seine Profikarriere beim kleinen Botafogo FC aus Ribeirao Preto, wurde dann Anfang der 80er-Jahre beim beliebten SC Corinthians aus Sao Paulo zur Kultfigur. Mit hagerer Gestalt und Che-Guevara-Bart zelebrierte er einen eleganten Fußballstil, der Hackentrick war sein Markenzeichen.
Doch nicht nur auf dem Platz war der im verarmten Norden Brasiliens (Belem) geborene Komplettfußballer der Kopf des Teams. Socrates setzte sich am Ende der Militärdiktatur öffentlich in der Kampagne „Diretas Ja“ für die direkte Wahl des Staatspräsidenten durch das Volk ein und gehörte zu den treibenden Kräften der „Democracia Corintiana“.
Die Bewegung ermöglichte es jedem Spieler und Mitglied der sportlichen Leitung von Corinthians Sao Paulo, per Abstimmung bei wichtigen Entscheidungen rund um den Verein mitzuwirken. Politisch linksstehend gab er einst zu: „Ich wäre gern Kubaner.“
Als das Land um Socrates trauerte, sagte die damalige Präsidentin Dilma Rousseff: „Brasilien hat einen seiner geschätztesten Söhne verloren, auf dem Platz war er ein Genie. Außerhalb des Platzes war er politisch aktiv, besorgt um sein Volk und sein Land.“
-----
Mit Sport-Informations-Dienst (SID)