Wer Trainer Danny Galm genau zuhört, dem fällt die klare Kommunikation sofort auf. Der Coach des SV Sandhausen, der zuvor im Jugendbereich der Bundesligisten TSG Hoffenheim und des FC Bayern München wertvolle Erfahrung sammelte, hat einen klaren Plan im Umgang mit seinen Spielern.
“Wanner ein unglaublich guter Fußballer“
Im exklusiven SPORT1-Interview gibt Galm, der den Fußball-Lehrer mit der Note 1,2 abgeschlossen hat, Einblicke in seine Arbeit – und erklärt, worauf es für Talente beim FC Bayern ankommt.
SPORT1: Danny Galm, Sie haben in diesem Sommer den Schritt aus der Jugendabteilung des FC Bayern München zum SV Sandhausen gewagt. Was waren die Gründe?
Danny Galm: Zuerst benötigt man eine Anfrage zum richtigen Zeitpunkt. Das war in diesem Sommer der Fall. Jürgen Machmeier (Präsident und Vorstandsvorsitzender SV Sandhausen, Anm. d. Red.) hatte mich zuvor schon häufiger kontaktiert. Diesmal hat es gepasst, weil die zwei Jahre beim FC Bayern München sehr wichtig waren, um mich zu entwickeln, verschiedene Situationen zu durchleben und viele Menschen kennenzulernen. Ich habe mich dann mit der Anfrage aus Sandhausen befasst und mit meiner Familie gesprochen. Dabei hatte ich von Beginn an ein sehr gutes Gefühl, das sich schon nach wenigen Wochen bestätigte.
Galm: „Müssen großen Umbruch bewältigen“
SPORT1: Ihr erstes Ausrufezeichen mit Sandhausen konnten Sie in einem wilden Pokalduell gegen Hannover 96 setzen und die nächste Runde erreichen. Welche Bedeutung hatte dieser Erfolg?
Galm: Ich habe schnell gemerkt, dass der gesamte Verein auf dieses Pokalspiel gegen Hannover hin gefiebert hat. Meine Spieler waren in der Trainingswoche extrem fokussiert. Wenn du zum ersten Heimspiel der neuen Saison im Pokal spielst und Euphorie entfachst, dann willst du einen tollen Fight liefern. Das haben wir geschafft und uns das Weiterkommen verdient.
SPORT1: Der SV Sandhausen ist als Absteiger in vielen Duellen der Favorit in Liga 3. Wie gehen Sie mit diesem Druck um?
Galm: Der Klub hat den Drang, wieder nach oben zu kommen. Das war auch Thema in unseren Gesprächen. Am Ende war das ein Grund dafür, diese Aufgabe anzunehmen. Meine Spieler, der gesamte Verein und ich selbst sind ambitioniert. Das bedeutet, dass wir eine Sprache sprechen. Ich habe das Wort Aufstieg aber noch nicht in den Mund genommen, weil ich Respekt vor den anderen Mannschaften in dieser Liga habe. Wir müssen mit 21 neuen Spielern einen großen Umbruch bewältigen. Die Aufgabe wird kein Selbstläufer. In dieser Liga kann schließlich jeder jeden schlagen.
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Galm: „Wanner ein unglaublicher Fußballer“
SPORT1: Beim FC Bayern München mussten und haben Sie vielversprechende Talente geformt. Paul Wanner etwa, der nach Elversberg verliehen wurde und dort gleich assistierte. Was zeichnet ihn aus?
Galm: Paul Wanner ist ein unglaublich guter Fußballer. Ihn kannst du auf allen Höhen anspielen, er hat immer eine sehr gute Idee. Aber auch bei Paul geht es darum, ihn auf den Profibereich vorzubereiten. Und dazu gehört nicht nur das Offensivspiel, sondern die Gier, die Zweikampfhärte, die Umschaltmomente. Du musst als Spieler für deine Mannschaft arbeiten. Es gilt auch für ihn, die Balance zu halten zwischen Offensivspiel und Defensivverhalten.
SPORT1: In der Vorbereitung war nach einem Traumtor plötzlich Frans Krätzig in aller Munde. Sind Sie da auch stolz, wenn ein ehemaliger Schützling Akzente setzen kann?
Galm: Ich stehe mit Frans weiterhin im Kontakt. Es macht Spaß zu sehen, wie sich die Jungs entwickeln und es bereitet mir Freude, ihren Weg zu verfolgen. Bei Frans war dieser Sprung nicht unbedingt absehbar. In meiner Anfangsphase beim FC Bayern hatte er eine Schambeinentzündung und war viele Monate raus. Wir hatten viele intensive Gespräche, ob es überhaupt noch weitergehen kann. So eine Entwicklung zu sehen, freut mich deshalb umso mehr. Man stärkt die Spieler in ihrer Handlung.
SPORT1: Kenan Yildiz ging etwas verschnupft weg vom FC Bayern und darf jetzt bei Juventus Turin sogar ganz oben mittrainieren. Ist er ein Spieler gewesen, bei dem man das Talent nicht sofort erkannt hat?
Galm: Man wird nie jedem Spieler gerecht werden können. Ich kann mich an sehr gute Gespräche mit Kenan Yildiz und seiner Familie erinnern. Wir sind heute immer noch im Austausch. Ich habe ihm zu seinem Debüt in der Serie A gratuliert. Da kommt immer eine Antwort zurück. Am Ende geht es darum: Es gibt verschiedene Wege, um nach oben zu gehen. Der Traum von jedem Jugendspieler ist es, beim FC Bayern durchzustarten. Aber es gibt auch Umwege. Und in diesen Umwegen erkennen Spieler dann meistens, ob sie die Widerstandsfähigkeit haben und ihren Traum weiterleben können. Oder ob sie von diesem Traum wegkommen. Am Ende setzen sich die Spieler durch, die das beste Gesamtpaket haben.
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Galm: „Dieser Schritt ist beim FC Bayern schwer“
SPORT1: Beim FC Bayern selbst hat lange kein Eigengewächs mehr den Durchbruch gepackt. Wie kann die Suche nach einem „neuen Thomas Müller“ beendet werden?
Galm: Beim FC Bayern gibt es tolle Jugendspieler. Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel haben viele Spieler oben mittrainieren lassen. Diese Möglichkeit, mit den besten Spielern der Welt trainieren zu können, bringt die Jungs weiter. Es soll aber nicht nur eine einmalige Sache sein, wenn ein Talent einmal bei den Profis mittrainiert. Das sollte nur der Anfang sein - dessen muss sich jeder Jugendspieler bewusst sein. Ein Jugendspieler trainiert dort, bringt seinen Input rein, seine Stärken zur Geltung und dann geht es darum, das zu stabilisieren. Irgendwann sollte ein Talent nicht nur mittrainieren, sondern auch im Spiel eingesetzt werden. Dass dieser Schritt beim FC Bayern München sehr schwer ist, das ist allen bekannt. Dort sind die besten Spieler der Welt. Daher kann es auch über ein Leihgeschäft gelingen, im Profibereich durchzustarten.
SPORT1: Wenn Spieler über Sie sprechen, wird stets Ihre starke Kommunikation genannt. Können Sie ausführen, auf was Sie besonders achten?
Galm: Das Thema Kommunikation befindet sich bei mir an oberster Stelle. Im Zentrum meiner Wertehierarchie steht der gegenseitige Respekt. Und um Respekt zu bekommen, muss ich mit Spielern und Mitarbeitern im ständigen Austausch sein – das ist wichtig. Es gibt meine Meinung, aber es gibt auch die Meinung von Spielern und Mitarbeitern. Wenn ich diese Meinung nicht kenne, dann ist der Spieler nur eine Marionette. Mir geht es darum, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln. Kommunikation und Vertrauen sind Themen, die langfristig wachsen. Wenn etwas nicht sofort funktioniert, dann sind wir gewillt, Lösungen zu suchen.
SPORT1: Haben Sie für dieses Thema Kommunikation eine besondere Methode entwickelt?
Galm: Um mich selbst zu korrigieren, habe ich eine Liste erstellt. Dort mache ich mir kurze Notizen über Zeitpunkte, wann ich mit einem Spieler spreche. Dadurch kann ich genau sehen, wie oft ich mit den Spielern im Austausch bin. So erkenne ich frühzeitig, wann ich mit einem meiner Spieler sprechen sollte, damit keiner hinten runterfällt. Das versuche ich gar nicht erst aufkommen zu lassen. Diese Liste ist daher Update und Selbstreflexion für mich. Um es noch einmal zu betonen: Kommunikation ist das höchste Gut für mich.
SPORT1: Sie haben einmal gesagt: Erfolg sei Besessenheit. Wie drückt sich das bei ihnen aus?
Galm: Nach einer Niederlage wie zuletzt in Halle haben wir alle keinen schönen Tag. Wir machen uns Gedanken, was wir besser hätten machen können. Die Jungs hat es den ganzen Vormittag beschäftigt. Das ist Besessenheit, das macht mir Spaß. Wir dürfen uns von ein oder zwei Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ich fange bei der Fehlersuche aber zunächst bei mir selbst an und suche die Schuld nicht bei anderen. Anschließend spreche ich mit meinen Jungs. Dann sind wir in der Kommunikation auch beim „Wir“ angekommen – und dann finden wir eine Lösung, wie wir es in Zukunft besser machen wollen.
Galm: „Ich habe einen Plan“
SPORT1: Mit 37 ist Sandhausen ihre erste Station im Profibereich. Wie sieht ihr eigener Karriereplan aus?
Galm: Ich habe natürlich einen Plan. Der ging schon los, als ich Spieler war. Wenn du merkst, dass es nicht in die ganz hohen Ebenen hineinreicht, dann musst du einen Plan B vorbereiten. Das war bei mir dann relativ schnell klar. Das Wissen, was ich mir angeeignet habe, wollte ich Spielern und Mannschaften mitgeben. Deshalb habe ich meine Trainerscheine während meiner aktiven Zeit gemacht. Dann habe ich das Glück gehabt, dass Dirk Mack mich auf dem Schirm hatte und zur U16 nach Hoffenheim holte. Ich war demütig genug und hatte die Wertschätzung dafür, bei einem solchen Verein starten zu dürfen. Prinzipiell bin ich aber immer gut damit gefahren, dass ich mich mit dem befasse, was im Hier und Jetzt passiert. Wenn du gute Arbeit machst und Spieler weiterbringst, dann bekommst du ein sehr gutes Feedback von den Spielern. Das spiegelt sich dann auch auf dem Platz wider. Davon profitieren alle – Mannschaft, Trainerteam und Verein. Es ist mir sehr wichtig zu betonen, dass es hier in Sandhausen keine „One-Man-Show“ von Danny Galm gibt, sondern wir einen Mannschaftssport betreiben und das Team über allem steht.
SPORT1: Ist die Bundesliga dennoch ein Traum?
Galm: Als Spieler war es auf jeden Fall der erste Traum, in die Bundesliga zu kommen. Ich saß einmal bei Eintracht Frankfurt auf der Bank. Das war ein Riesenerlebnis. Auch als Trainer strebe ich nach dem Maximum. Am Ende bekommt aber jeder das, was er verdient. Ich lebe im Hier und Jetzt. Wir haben hier in Sandhausen eine Mammutaufgabe vor uns. Wenn wir alles investieren, dann werden die nächsten Schritte kommen. Ich will mir allerdings rausnehmen, wann dieser nächste Schritt kommt. Jetzt bin ich die ersten Monate im Profi-Bereich angekommen und habe noch viel dazuzulernen. Ich bin ein offener Mensch und warte ab, was auf mich zukommt.