Den ersten Pflichtsieg hakte Roger Schmidt schnell ab.
Bayer Leverkusen im Liga-TÜV
Leverkusen setzt auf Frischzellenkur
Wie er schließlich über sein Debüt an der Seitenlinie sprach verdeutlichte jedoch, wie der neue Trainer von Bayer Leverkusen tickt.
"Wir haben nach einer langen Vorbereitung eine sehr gute Leistung geboten. Ich bin absolut einverstanden und zufrieden mit dem Spiel. Die Mannschaft hat ein sauberes Spiel mit vielen guten Aktionen und schönen Toren abgeliefert", sagte Schmidt.
Treffender hätte man den lockeren 6:0-Sieg im DFB-Pokal beim Verbandsligisten Alemannia Waldalgesheim kaum beschreiben können. Lange aufhalten wird sich der 47-Jährige damit nicht. Es war ein lockerer Aufgalopp. Mehr nicht.
Denn für Bayer geht es Schlag auf Schlag weiter. Und die Aufgaben werden nicht einfacher. Dafür aber mit der Champions-League-Qualifikation umso wichtiger.
Leverkusen hat eine Menge vor. Knapp 30 Millionen Euro hat sich der Werksklub eine Frischzellenkur mit neuen Spielern und einem neuen Trainer kosten lassen.
SPORT1 stellt das neue Leverkusen vor.
Bayer hat die Lehren aus der vergangenen Saison gezogen und wie angekündigt eine Menge Geld in die Hand genommen.
Das Hamburger Spielmacher-Juwel Hakan Calhanoglu ließen sich die Leverkusener 14,5 Millionen Euro kosten, Stürmer Josip Drmic kam für knapp sieben Millionen aus Nürnberg.
Der Brasilianer Wendell war als Verstärkung für die linke Seite mit 6,5 Millionen Euro nicht wesentlich billiger.
Der vom Konkurrenten Schalke ausgeliehene Kyriakos Papadopoulos soll im besten Fall genauso wie Wendell eine sofortige Verstärkung für die bisweilen instabile Abwehr sein.
Hinzu kommen Talente wie der ukrainische U 21-Nationalspieler Wladlen Jurtschenko oder Rückkehrer Karim Bellarabi, der ebenso wie Tin Jedvaj, Leihgabe vom AS Rom, im DFB-Pokal in der Anfangsformation stand.
Die verlorene Substanz durch die beiden namhaftesten Abgänge Sidney Sam (Schalke) und Emre Can (Liverpool) hält sich deshalb in Grenzen.
Roger Schmidt ist in erster Linie ein relativ unbeschriebenes Blatt. Auch wenn er bereits aus Paderborn einen Zweitligisten mit Ambitionen und aus Red Bull Salzburg eine Meistermannschaft geformt hat. Doch der Neue soll Zeit bekommen, die Pläne, mit denen er die Vereinsführung überzeugt hat, in die Tat umzusetzen.
Das Vorhaben mit Schmidt ist ambitioniert. Leverkusen soll nicht nur möglichst weit oben angreifen, sondern dabei auch noch attraktiven Fußball spielen.
Das hatte Bayer vor allem in der bis zur Entlassung von Ex-Coach Sami Hyypiä katastrophalen Rückrunde bisweilen völlig vernachlässigt.
Schmidt wirkt jedoch unbeirrt. Er hat seinen Plan, den er konsequent verfolgt: eine aggressive Offensive. Für seinen anvisierten Power-Fußball hat er personell viele hochkarätige Alternativen.
Doch Schmidt hat so auch eine Menge Aufgaben gleichzeitig vor der Brust: Das neue System auf den Platz bringen, die Neuzugänge integrieren und nebenbei Talenten wie Julian Brandt oder Levin Öztunali den nächsten Schritt ermöglichen.
Stefan Kießling soll auch in der kommenden Saison wieder der Mann für die wichtigen Tore werden. Im Pokal netzte er zum Auftakt gleich fünf Mal ein.
Unterstützung bekommt er aus einem qualitativ hochwertigeren Mittelfeld. Allerdings bekommt Kießling auch Konkurrenz. Denn auch Drmic drängt auf einen Platz in der Startelf.
Torhüter Bernd Leno ist weiterhin die unumstrittene Nummer eins. Sollte er seine starken Leistungen aus der Vorsaison auf dem bisherigen Niveau fortsetzen, könnte endlich auch die Nationalmannschaft ein Thema werden.
Bei Hakan Calhanoglu sorgt schon die Ablöse für die Star-Schublade. Bei dem 20-Jährigen muss man abwarten, wie er den Trubel um seinen Wechsel vom HSV zu Bayer abgeschüttelt hat.
Verbal gehört er schon zu den ganz Großen: Jüngst stellte er klar, dass er Bayer auf Augenhöhe mit den Bayern sehe.
An Bayers Zielsetzung hat sich nicht viel verändert: Die Champions League ist angesichts der investierten Millionenbeträge eigentlich Pflicht. Doch der Verein übt sich weiter in Understatement.
Zu frisch sind die Erinnerungen an die vergangene Saison, als man nach einer bärenstärken Hinrunde plötzlich Bayern-Jäger Nummer eins war.
Und nach einer genauso schwachen Rückserie froh sein konnte, noch die Qualifikation zur Königsklasse erreicht zu haben.
"Wenn es sehr gut läuft, kann es ein Champions-League-Platz werden", äußerte sich Sportdirektor Rudi Völler vorsichtig. Daneben wird im Umfeld fest mit dem Einzug in die Gruppenphase der europäischen Königsklasse gerechnet.
Der letzte Titel, der Pokalsieg 1993, liegt für einen Klub mit den Ambitionen Leverkusens Ewigkeiten zurück.
Auch 2015 kann aufgrund der bayerischen Übermacht national und der fehlenden Klasse international wohl erneut nur der Pokalsieg neu auf den Briefkopf kommen. Doch damit liebäugeln sie in Leverkusen schon seit Jahren erfolglos.
Aufgrund der hohen Investitionen und der damit vorhandenen Klasse im Kader ist ein Platz in der Champions League Pflicht.
Die Verwirklichung hängt aber von mehreren Faktoren ab.
Vor allem davon, ob Schmidt seine Ideen zügig umsetzen kann und ob Leverkusen endlich die gesamte Saison über stabil bleibt.
Wenn die Konkurrenz wie Schalke oder Dortmund strauchelt, kann es durchaus auch noch höher hinausgehen.