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Julian Nagelsmann von 1899 Hoffenheim: Lässig im Abstiegskampf

Nagelsmann: Cool im Abstiegskampf

Statt sich mit Schiedsrichtern, Offiziellen und gegnerischen Trainern anzulegen, scheint Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann ein Lässigkeits-Gelübde abgelegt zu haben.
1899 Hoffenheim v VfL Wolfsburg - Bundesliga
1899 Hoffenheim v VfL Wolfsburg - Bundesliga
© Getty Images
Statt sich mit Schiedsrichtern, Offiziellen und gegnerischen Trainern anzulegen, scheint Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann ein Lässigkeits-Gelübde abgelegt zu haben.

Was hat Julian Nagelsmann vielleicht all seinen 17 Trainerkollegen aus der Bundesliga voraus? Sein Alter zählt hier übrigens nicht. Das ist a: sowieso klar und b: auch völlig egal.

Nagelsmann kann nichts daran ändern, immer noch erst 28 zu sein. In seinen bisher acht Partien als Cheftrainer von 1899 Hoffenheim hat er zudem bewiesen, dass Jugend nicht vor Punktesammeln schützt. 14 Punkte hat die TSG unter ihm geholt, so viele wie in den 20 Spielen zuvor mit den Übungsleitern Markus Gisdol und Huub Stevens.

Vor dem nächsten Spiel bei Eintracht Frankfurt (Sa., ab 15 Uhr LIVE in unserem Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) hat Hoffenheim als 14. mittlerweile die besten Aussichten im Abstiegskampf - und mit 18 Zählern einen mehr als Frankfurt.

Abgeklärt und besonnen

Was also hat Nagelsmann seinen Kollegen voraus? Vor allem die Reife und Souveränität.

Im Umgang mit Schiedsrichtern, Offiziellen und gegnerischen Trainern ist Nagelsmann bisher mit fast beängstigender Abgeklärtheit und Besonnenheit aufgefallen.

Als Kölns Manager Jörg Schmadtke letzten Sonntag nach dem Last-Minute-Ausgleich Hoffenheims seinen Kaugummi in Richtung der 1899-Bank warf und wutentbrannt vom Ende des Fairplay schwadronierte, goss Nagelsmann seinerseits nicht etwa branchentypisch weiteres Öl ins Feuer.

Sondern zeigte Verständnis. "In der Situation hätte ich vermutlich identisch reagiert", sagte er, um dann ruhig zu ergänzen: "Wir spielen den Angriff zu Ende, beide Spieler liegen auf dem Boden. Ich glaube nicht, dass man deshalb den Fairplay-Gedanken beerdigen muss. So eine weltbewegende Szene war es nicht."

So geht Deeskalation

Dem anderen zuhören, Verständnis zeigen und die Lage versachlichen: So funktioniert Deeskalation, auch abseits des Fußballfeldes.

Auch die Schiedsrichter haben gemerkt, dass mit Nagelsmann ein ziemlich vernünftiger Trainer die Bundesliga-Bühne betreten hat. Als Schiedsrichter Peter Sippel beim 1:3 Hoffenheims bei Borussia Dortmund Ende Februar Sebastian Rudy vom Feld stellte, bezeichnete Nagelsmann den Platzverweis völlig unaufgeregt als vertretbar.

Wohlgemerkt: Der Platzverweis war spielentscheidend, alles andere als unumstritten und half der TSG im Abstiegskampf natürlich nicht gerade. Der frühere FIFA-Schiedsrichter Markus Merk lobte Nagelsmann daraufhin als Vorbild für seine Zunft.

Trotzdem sehr emotional

Da scheint einer am Werk zu sein, der nicht wie ein stets unmittelbar vor dem Ausbruch stehender Vulkan wirkt (wie etwa Jürgen Klopp), der nicht dauernd meckert (wie Thomas Tuchel) oder die Markierungslinien der Coaching-Zone eher als unverbindliche Vorschläge versteht (wie Pep Guardiola). Richtig aus sich herausgegangen ist Nagelsmann bisher in der Bundesliga nur beim Jubeln.

Aus Nagelsmanns vorbildlichem Verhalten an der Seitenlinie nun zu schließen, dass es sich bei dem Mann um einen Stoiker handeln muss, wäre übrigens ebenso töricht wie falsch. Im Gegenteil: Der bayerische Schwabe gilt als hochemotionaler Typ.

Seine leidenschaftlichen und lauten Ansprachen aus seiner Zeit als Trainer von Hoffenheims U19 sind im Kraichgau legendär. An der Seitenlinie galt er zudem als kilometerfressender Trainer.

Doch für den Abstiegskampf in der Bundesliga scheint er sich ein Lässigkeits-Gelübde auferlegt zu haben. Mit Erfolg, in jeder Beziehung.