Julian Weigl und Joshua Kimmich sind die dritte Generation. Vor 14 Jahren startete das Talentförderprogramm des Deutschen Fußball-Bunds mit seinen mittlerweile 366 Stützpunkten bundesweit.
Das Duell der Super-Youngster
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Die Weltmeister-Riege um Manuel Neuer, Jerome Boateng, Benedikt Höwedes, Mats Hummels, Sami Khedira oder Thomas Müller erfuhr dort ihre erste fußballerische Detailausbildung, etwas später folgte die Generation Draxler-Kroos-Mustafi-Schürrle.
Längst wird das Eintrittsalter in den Profibereich immer noch weiter nach unten geschraubt, Weigl, Kimmich, der Neu-Bremer Serge Gnabry, Leverkusens Julian Brandt oder Leipzigs Timo Werner sind noch ein paar Monate der "neue" Jahrgang. Schon bald werden andere Namen folgen.
Die Zukunft des deutschen Fußballs
Weigl und Kimmich sind so etwas wie die neuen Prototypen einer ebenso rasanten wie durchdachten Ausbildungsleitlinie. Und wenn beide am Samstag im Spiel von Borussia Dortmund gegen den FC Bayern (ab 18 Uhr LIVE in unserem Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) - wohl im Mittelfeld - aufeinandertreffen, trifft sich dort auch die Zukunft der deutschen Nationalmannschaft.
Weigl wurde beim TSV 1860 Rosenheim entdeckt und ging von dort ins Nachwuchsleistungszentrum der Münchner Löwen. Kimmich wechselte vom Dorfklub VfB Bösingen ins NLZ des VfB Stuttgart. Beide unternahmen in unterklassigen Ligen ihre ersten Gehversuche im Profi-Fußball: Weigl mit 1860 in der Zweiten Liga, Kimmich mit RB Leipzig sogar noch eine Klasse tiefer.
Und vom Sprungbrett Zweite Liga ging es dann bis ganz nach oben. Entdeckt von Dortmunds (Sven Mislintat) und Bayerns (Michael Reschke) Kaderplanern - und zum Wechsel überzeugt von Thomas Tuchel und Pep Guardiola. "Die Gespräche mit Thomas Tuchel waren sehr wichtig für meinen Wechsel", erinnert sich Weigl.
"Pep Guardiola hat mir auf dem Spielfeld Räume gezeigt, von denen ich vorher nicht wusste, dass sie da sind", sagt Kimmich. Beide sind die Ziehsöhne der prägenden Bundesliga-Trainer der letzten Jahre.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Ihre erste Saison in der Bundesliga war so überraschend überragend, dass es beide auf Anhieb zu ihrem ersten großen Turnier im Herrenbereich schafften. In ihrer Spielanlage sind sich beide recht ähnlich, in Details aber doch entfernt.
Weigl ist der Meister der Vororientierung, weiß schon Sekunden vor dem Empfang eines Zuspiels, in welche Richtung er gleich aufdrehen und entkommen oder eben weiterpassen kann.
Kimmich spielt eine Spur weniger rational, etwas intuitiver und auch gewagter. Angesichts der Überangebots im Mittelfeld der Bayern und weil während der abgelaufenen Saison eine Reihe von Verteidigern ausfielen, wurde Kimmich von Guardiola zum Außen- und Innenverteidiger berufen, spielte auch im Mittelfeld mal auf den Halbpositionen, mal im Zentrum.
Weigl dagegen war vom ersten Spiel an im defensiven Mittelfeld der Dortmunder gesetzt, die Spielanlage des BVB mit den hoch stehenden Außenverteidigern und lediglich zwei aufbauenden Innenverteidigern plus ihm als so genanntem Magnetspieler schob ihm eine Schlüsselrolle im Aufbauspiel zu.
Kimmich jagt den Martinez-Rekord
Kimmich war bei den Bayern eher der Spieler für alle Fälle. Wohl auch deshalb kommt er im Vergleich zu Weigl auf deutlich weniger Einsatzminuten in der Bundesliga. Weigl hat 2998 Minuten auf dem Platz gestanden, Kimmich "nur" 1849. 33 Mal schaffte es Weigl in Dortmunds Startformation, Kimmich 19 Mal in die der Bayern.
Aber: In den bisher 31 Bundesligaspielen mit Kimmich siegten die Bayern 26 Mal und spielten fünf Mal remis. Damit ist der Nationalspieler drauf und dran, Javi Martinez Karrierestart-Rekord von 39 ungeschlagenen Bundesligaspielen zu brechen.
In puncto Passfrequenz sind beide recht weit auseinander, Weigl hat 3051 Pässe gespielt, Kimmich 1858, aber in der Passquote dafür beinahe fast gleichauf: 8,3 Prozent lautet Weigls Fehlpassquote, die von Kimmich 8,4 Prozent. Ähnlich verhält es sich mit den Ballaktionen. Weigl (104,4 pro Spiel) ist nur einen Hauch vor Kimmich (102,1).
Dafür stellte Weigl im letzten Spiel der abgelaufenen Saison gegen Köln einen neuen Bundesligarekord auf: 216 Ballaktionen hatte vor ihm noch kein anderer Spieler. Und in der abgelaufenen Saison waren lediglich drei Spieler häufiger am Ball und erreichten eine bessere Passquote als der Newcomer.
Mehr Offensivdrang bei Kimmich
Signifikant unterschiedlich sind vor allen Dingen drei Werte: Weigl ist im Luftzweikampf deutlich besser, der Dortmunder gewinnt starke 57 Prozent seiner Duelle. Kimmich kommt dabei nur auf rund 36 Prozent. Dafür sprintet der Bayer mehr als doppelt so oft pro Partie (19,5 zu 9,5 Sprints pro Spiel).
Aber besonders die Offensivausrichtung beider Spieler ist unterschiedlich ausgeprägt. Kimmich kommt trotz deutlich weniger Spielzeit auf mehr Torschussvorlagen (25:23), mehr Torschüsse (18:12), mehr Assists (2:0) und mehr Tore (4:0). Überhaupt gelangen Kimmich in den letzten zwölf Pflichtspielen mit den Bayern sieben Tore.
Am Samstag wird Borussia Dortmund also auch auf den Torjäger Kimmich aufpassen müssen. Vermutlich werden beide Kontrahenten einige Male aufeinandertreffen. Der Kampf der deutschen Top-Mittelfeldtalente ist eine Geschichte für sich beim größten Spiel der Hinrunde.