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Giovanni Trapattoni beim FC Bayern: Die Geschichte hinter der berühmten Wutrede

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Giovanni Trapattoni beim FC Bayern: Die Geschichte hinter der berühmten Wutrede

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Die Geschichte hinter Traps Wutrede

Die berühmteste Wutrede der Bundesliga wird 26! SPORT1 blickt zurück auf Giovanni Trapattonis Wutausbruch, der in die Liga-Geschichte eingehen sollte.
Der warmherzige Italiener ist nicht nur für seine Erfolge als Trainer bei Juventus Turin und Bayern München bekannt, sondern vor allem auch für seinen legendären Wutausbruch.
SPORT1
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von SPORT1

Einer der spektakulärsten Auftritte der Bundesliga-Geschichte nahm schon zwei Tage vorher seinen Anlauf.

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Der FC Bayern war nach dem 0:1 bei Schalke 04 am 8. März 1998 noch tiefer in die Krise gerutscht: seit fünf Spielen sieglos, sieben Punkte hinter Spitzenreiter Kaiserslautern und zudem in der Champions League ausgeschieden.

Trainer Giovanni Trapattoni "war stinksauer", erinnert sich Markus Hörwick, der langjährige Bayern-Mediendirektor. "Nach unserer Rückkehr ins Teamhotel in Essen hielt er eine wütende Rede - und beim Gestikulieren hat er Uli Hoeneß eine volle Flasche Rotwein über den kompletten Anzug gekippt."

Danach verabschiedete sich der italienische Chefcoach für knapp zwei Tage in den Schmollwinkel, sein Haus im heimatlichen Mailand. Am Dienstag, 10. März, fuhr er mit dem Auto über den Brenner zurück nach München.

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Hörwick ahnt Schlimmes

Für 15 Uhr war an der Säbener Straße eine Pressekonferenz mit Trapattoni angesetzt, doch Hörwick hatte seit der Ansprache nach dem Schalke-Spiel ein ungutes Gefühl. Dreimal rief er den Trainer unterwegs an, vor allem, um sich selbst zu beruhigen.

Doch als Hörwick dann am Nachmittag Trapattoni in dessen Trainerzimmer auf dem Vereinsgelände abholte, bemerkte er, dass ihn sein Bauchgefühl nicht getrogen hatte.

Der Startrainer, der angesichts seines holprigen Deutschs für die Gespräche mit den Journalisten meist zwei, drei deutsche Begriffe auf einer Karte notierte, hatte diesmal acht eng beschriebene Seiten vor sich liegen. "Gehen wir", sagte er erwartungsvoll.

Legendäre Wutrede

"In dem Moment, als Trap die Zettel rausholte, wusste ich, was passieren wird", erzählt Hörwick. Kurz darauf hielt Trapattoni im überfüllten Pressestüberl seine legendäre Wutrede.

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Dabei erregte er sich über die massive Kritik an seiner defensiven Spielweise und vor allem über die Aussagen von Mehmet Scholl und Mario Basler, die sich öffentlich über ihre Nicht-Aufstellung beklagt hatten.

REGENSBURG, GERMANY - NOVEMBER 09: Waldemar Hartmann, head coach of Paulaner Traumelf looks on during the friendly match between FC Bayern Muenchen and Paulaner Traumelf at Continental Arena on November 9, 2015 in Regensburg, Germany.  (Photo by Micha Will/Bongarts/Getty Images)
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"Ein Trainer ist nicht ein Idiot! Ein Trainer sehen, was passieren in Platz. In diese Spiel es waren zwei, drei oder vier Spieler, die waren schwach wie eine Flasche leer!", schimpfte Trap.

"Haben Sie gesehen Mittwoch, welche Mannschaft hat gespielt Mittwoch? Hat gespielt Mehmet, oder gespielt Basler, oder gespielt Trapattoni? Diese Spieler beklagen mehr als spielen!"

Strunz wird überraschend zum Opfer

Vor allem aber bekam ein weiterer Profi sein Fett weg: Thomas Strunz. Dabei am meisten in Erinnerung geblieben ist der folgende Ausruf: „Strunz ist zwei Jahre hier, hat gespielt zehn Spiele, ist immer verletzt. Was erlauben Strunz?“

Der wusste zunächst gar nicht, wie ihm geschah. Denn im Gegensatz zu Scholl und Basler habe er den Trainer gar nicht kritisiert. "Giovanni hat alle drei Namen, die ihm genannt wurden, in einen Sack gepackt und drauf gekloppt", sagt Strunz im Rückblick.

Was Trapattoni selber auch in einem Interview mit SPORT1 später zugab. „Thomas war im Grunde unschuldig und deshalb verlief alles so unglücklich“, erklärte der heute 84-Jährige.

Unglücklich vor allem deshalb, „weil der Spieler, um den es hauptsächlich ging, einen Nachnamen hat, der in Italien eine merkwürdige Bedeutung hat“, sagte Trapattoni mit Verweis auf das italienische Wort „Stronzo“, was mit „Depp“ noch sehr höflich übersetzt ist. Im Mailänder Dialekt hört sich das Wort sogar noch mehr nach dem deutschen „Strunz“ an.

Strunz wird bekannter

Daher sei die erste Zeit nach der Wutrede "unangenehm" gewesen, berichtete Strunz vor einigen Jahren der Süddeutschen Zeitung: "Aber tatsächlich wurde der Bekanntheitsgrad meines Namens dadurch erhöht. Wenn ich am Ball war, haben die Leute 'Struuunz' gerufen. Ich hatte mein Markenzeichen."

Und er ergänzte: "Von da an habe ich das nicht mehr als negativ empfunden, weil ich selber dazu beitragen konnte, wieder sportlich bewertet zu werden. Das war dann auch ein Erfolg in meiner Karriere, der Turnaround vom Clown der Nation zum Nationalspieler. Darauf bin ich stolz."

Auch Markus Hörwick kann inzwischen über die damaligen Erlebnisse lachen und sorgt heute noch immer mit den Erzählungen von damals bei Auftritten für große Erheiterung. An jedem Tag im März vor 26 Jahren allerdings sah es in ihm ganz anders aus, als er mit verschränkten Armen rechts hinter dem wild gestikulierenden Trapattoni wie versteinert an der Wand lehnte.

"Ich habe kurz überlegt, das Ganze abzubrechen. Die Sache war aber nicht mehr zu stoppen. Fernsehkameras liefen, da konnte ich den Trainer nicht wegziehen. Ich hätte ihn bloßgestellt."

Nach ziemlich genau dreieinhalb Minuten endete Traps Monolog mit den berühmten Worten: "Ich habe fertig."

Hörwick verhindert noch Schlimmeres

Nach wenigen Schritten aber drehte sich der Erfolgscoach im Kabinengang wieder um: "Habe ich noch etwas vergessen." Doch Hörwick verstellte ihm den Weg und behauptete: "Das lohnt sich nicht, Giovanni, die sind schon alle weg."

Mit viel Zureden und etwas sanfter Gewalt brachte er den Trainer zurück in sein Zimmer – während die Aufregung im nach wie vor vollbesetzten Pressestüberl riesengroß war und die Geschichte über die legendäre Wutrede ihren Lauf nahm.