1988 war es, als Johann König zum ersten Mal ein Spiel von Borussia Dortmund live im Stadion erlebte. Gegen den VfL Bochum. Einen 2:1-Arbeitssieg. Seitdem ist es um ihn geschehen.
König: BVB hat Hernandez nicht nötig
"Ich war vorher zwar schon mal im Münchner Olympiastadion beim Spiel der Bayern gegen den Hamburger SV, doch ich saß ganz weit weg und es war ziemlich langweilig. In Dortmund dagegen war ich nah dran am Spielfeld. Da wusste ich der BVB ist mein Verein. Ein Jahr später kaufte ich mir meine erste Dauerkarte für 75 Mark."
Heute ist König einer der bekanntesten Comedians in Deutschland. 2019/2020 ist er mit seinem Programm "Jubel, Trubel, Heiserkeit" auf Tour und der 46-Jährige hätte sicher nichts dagegen, wenn dies am Samstagabend auch das Motto für seinen BVB im Topspiel beim FC Bayern wäre (Bundesliga: FC Bayern - Borussia Dortmund 18.30 Uhr im LIVETICKER).
SPORT1: Herr König, kribbelt es schon?
Johann König: Sehr. Es ist kaum zu beschreiben. Und gerade nach dem 5:4-Sieg der Bayern im Pokal gegen Heidenheim ist alles möglich. Die Münchner spielten die Wolfsburger zuletzt in Grund und Boden und gegen den Zweitligisten dann so ein Spiel. Wahnsinn. Die Bayern sind gerade eine echte Wundertüte. Das Schlimmste wird sein, dass ich am Samstagabend um 20 Uhr auf die Bühne muss, während mein BVB noch mindestens 15 bis 20 Minuten spielt. Da sitzen viele Leute im Saal, die auch wissen wollen, wie das Spiel ausgeht. Ich kann aber nicht später anfangen, weil ich es mir dann mit den Zuschauern verscherze, die sich für das Spiel gar nicht interessieren.
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SPORT1: Der BVB ist momentan zwei Punkte vorn. Wäre ein Sieg in München die Vorentscheidung im Titelrennen?
König: Auf keinen Fall. Vielleicht eine halbe Vorentscheidung. (lacht) Wir haben gesehen, wie schwer sich der BVB gegen Mannschaften tut, die sich hinten reinstellen. Die Bayern sind definitiv stärker aufgestellt. Die Dortmunder sind abhängig von Reus. Er muss sich nur mal verletzen, dann gibt es wieder ein Rumgestocher. Auch Michael Zorc (BVB-Sportdirektor, d. Red.) ist vorsichtig im Falle eines Sieges. Und das sehe ich genauso. Die Fans sangen gegen Wolfsburg schon von der Meisterschaft. Doch das ist zu früh. Ich hätte das nicht mitgesungen im Stadion. In zwei Wochen kann das wieder verspielt sein. (Service: Bundesliga-Tabelle)
SPORT1: Wie schlimm ist es, dass Paco Alcacer nicht dabei ist?
König: Dass er nicht spielen kann, ist eine große Schwächung für das Team. Obwohl er unberechenbar ist und es auch sein kann, dass 90 Minuten schwach spielt wie zum Beispiel gegen Wolfsburg. Dann aber zieht er auf einmal ein Foul am 16er und knallt das Ding rein. Er hat in diesem Spiel nicht sehr mannschaftsdienlich gespielt. Ich traue aber zum beispielsweise Pulisic auch so etwas zu.
SPORT1: Im Vorfeld des Spiels flogen gar keine Giftpfeile....
König: Ich glaube, dass das auch an dem Pokalspiel lag, dass die Bayern noch spielen mussten. Die Bayern haben das Hinspiel sicher noch im Kopf, da wurden Karl-Heinz Rummenigge und Hoeneß mit Bierbechern beworfen. Anscheinend haben sie keine Lust noch ein Fass aufzumachen. Ich finde es ganz angenehm, dass beide Klubs sich auf sich selbst konzentrieren. Die Bayern sind Favorit, aber jedem Team ist alles zuzutrauen. Aber was soll ich reden, ich bin kein Experte, ich bin nur Fan.
SPORT1: Marco Reus dürfte nach der Geburt seiner Tochter hoch motiviert sein. Was meinen Sie?
König: Das erste Kind ist etwas Besonderes, da war ich total gerührt und habe geweint. Dieses Erlebnis motiviert Reus natürlich. Ich glaube, er will später seiner Tochter von dem Gewinn der Schale erzählen, es wäre sein erster Meistertitel und ich bin mir ganz sicher, dass er am Samstag unbedingt sein Tor machen will.
SPORT1: Wie fanden Sie es, dass Reus sein Kind so kurz nach der Geburt sofort bei Instagram präsentierte?
König: Das muss nicht sein, ich finde das schamlos. Das Kind ist in diesem Fall unantastbar. Aber die Inszenierung auf Social-Media-Plattformen ist heute fest drin in den Köpfen der Profis und das ist dann leider eine normale Reaktion. Wenn Reus das noch glücklicher macht, dass sein Kind für alle zu sehen ist, dann bitte schön. Ich würde das im Leben nicht machen. Es ist einer der intimsten Momente, wenn das Kind frisch geboren ist. Den will ich doch unbedingt alleine erleben. Als mein erstes Kind damals auf die Welt kam, sind alle aus dem Raum raus gegangen. Das allerletzte, was mir in dem Moment eingefallen wäre, ist ein Selfie oder ein Post bei Instagram.
SPORT1: Lucien Favre hat in der Pressekonferenz gesagt man müsse perfekt spielen, um zu gewinnen. Wird es das perfekte Spiel für den BVB?
König: Von der Ausgangsposition her sind wir psychologisch natürlich im Vorteil. Die Bayern haben im Pokal am Mittwoch vier Stück bekommen und dem BVB reicht schon ein Unentschieden. Für mich war das Hinspiel in Dortmund das perfekte Spiel vom BVB. Als Paco Alcacer von der Mittellinie los rannte und Manuel Neuer dann einen Fehler machte, das werde ich nie vergessen. Auch die Szene, als Lewandowski zum Schluss noch das Tor aberkannt wurde. Das war für mich das perfekte Spiel. Und so etwas wird es wieder brauchen. Ich sehe aber ein Problem...
SPORT1: Welches?
König: ...in der Dortmunder Hintermannschaft. Es gab hier zu viele Wechsel und einige Verletzungen. Die Dortmunder Abwehr ist momentan schwer einzuschätzen. Da wurden in der Rückrunde zu viele Fehler gemacht und ich bin skeptisch, ob das halten kann gegen die Bayern.
SPORT1: Wie beurteilen Sie die Machtverhältnisse generell vor dem Kracher?
König: Von den finanziellen Möglichkeiten und dem Kader her sind die Bayern fast eine andere Liga. Ich hätte das nie im Leben gedacht, dass die Dortmunder in dieser Saison so lange Tabellenführer sind. Nie im Leben. Ich hätte alles drauf gewettet, dass die Münchner irgendwann davon ziehen, sie haben jede Position doppelt mit Topspielern besetzt. Soweit ist Dortmund noch nicht. Das können sie sich auch gar nicht leisten. Ich bin immer noch sehr vorsichtig. Es wird ein 50:50-Spiel und so steht auch die Chance auf den Gewinn der Meisterschaft für mich.
SPORT1: Die Bayern haben Lucas Hernandez für 80 Millionen Euro verpflichtet. Ist das auch beim BVB denkbar?
König: Die Dortmunder haben so eine gute Scouting-Abteilung, dass sie das gar nicht nötig haben. Die Verantwortlichen beim BVB holen lieber unbekannte Spieler, die dann in Dortmund aufblühen und für das Doppelte weiterziehen. Wenn ich mir Spieler der vergangenen Jahre anschaue wie Aubameyang oder Dembele, dann haben es die Dortmunder wirklich nicht nötig, so einen fertigen Spieler wie Hernandez zu kaufen. In Dortmund erkennt man ein Talent, bevor der Spieler groß wird und verkauft ihn dann lieber für 80 Millionen Euro.
SPORT1: In den vergangenen Jahren hat man beim BVB genug Geld eingenommen. Da wäre ein richtiger Kracher in der Größenordnung Hernandez doch drin, oder?
König: Mit Sicherheit. Das Geld für so einen Transfer hätte man schon, aber die Bosse wollen das gar nicht. Die Bayern dagegen wollen konkurrenzfähig bleiben, die Champions League gewinnen und dafür muss man einen Hernandez holen. Auch, um damit allen anderen Mannschaften in der Bundesliga zu zeigen, wie dick das Konto ist. Die Münchner wollen halt ihre Muskeln spielen lassen. Das ist natürlich auch etwas Psychologisches. Sie haben aber immer noch keinen Scheich in der Hinterhand, deshalb finde ich das völlig legitim, dass man so ein Zeichen setzt, auch an die Top-Klubs in Europa. Mit einem Scheich wie bei 1860 München würde es bei Bayern richtig unangenehm werden.
SPORT1: Ihr Tipp für Samstag?
König: Ich tippe auf ein faires 1:1. Damit bleiben wir Erster und haben weiter alles in der eigenen Hand.