Der erste Spieltag in den Bundesligen nach der Corona-Pause war für DFL-Geschäftsführer Christian Seifert eine besondere Nervenprobe.
Seifert mit Spitze gegen Drittligisten
© Getty Images
Er sei "sehr angespannt" gewesen, sagte der 51 Jahre alte Spitzenfunktionär der Deutschen Fußball Liga der Süddeutschen Zeitung und berichtete von der Zeit vor dem ersten Anpfiff.
"Habe stattdessen den Rasen gemäht"
"Meine Frau und meine beiden Töchter haben am Wochenende nach Monaten mal wieder die Großeltern besucht, da bin ich lieber nicht mitgefahren - atmosphärisch hätte ich das Familientreffen nicht bereichert. Ich habe stattdessen den Rasen gemäht."
Bis zehn Uhr am Spieltag erhalten die Clubs nach Angaben von Seifert die Ergebnisse der Tests auf das Coronavirus, eine halbe Stunde später müssen die Spielerlisten bei der DFL gemeldet werden.
Dann sei er "schon unruhig" gewesen, berichtete Seifert. Anschließend habe er mit der Zweitligakonferenz angefangen, den Spieltag zu schauen. "Man ist da weit entfernt von einem entspannten Fußballnachmittag. Am Ende waren wir positiv überrascht, aber keiner nennt das großartig - großartig ist es erst wieder mit Publikum."
Seifert: Vereine entdecken plötzlich Moral
Seifert warnte jedoch auch vor vorschneller Euphorie ob des gelungenen Re-Starts. Man wisse nicht, ob Corona nicht doch noch "gewinnen" werde. Auch deshalb wurde der DFL-Boss auf einen möglichen Saisonabbruch angesprochen - und all die Diskussionen, die damit zuletzt einhergingen.
"Auf den Fall muss man vorbereitet sein, und selbstverständlich haben wir dazu auch verschiedene Szenarien entwickelt. Es gibt da sehr verschiedene Blickwinkel", sagte er. Die Bundesliga hatte die Entscheidung zum Worst Case Szenario zuletzt vertagt, weil unter den Klubs keine Einigkeit erzielt werden konnte. Wichtigster Punkt: Die Regelung von Ab- und Aufstieg. "Ich verstehe, wenn Spieler von Dynamo Dresden sagen, ein Saisonabbruch wäre unfair, bevor sie überhaupt aus der Quarantäne zurück sind. Allerdings wäre es genauso unfair, wenn Klubs - ohne ausdrücklich jemandem etwas zu unterstellen - absichtlich einen Abbruch herbeiführen, damit sie sagen können: Wir dürfen jetzt nicht absteigen."
Vielsagend erklärte Seifert: "Blicken Sie nach England oder in die 3. Liga hierzulande, dann drängt sich der Eindruck auf: Je nach Tabellenplatz entdeckt man plötzlich die Moral." Der Deutsche Fußball-Bund hatte zuletzt verkündet, die Drittliga-Saison am 30. Mai fortzuführen. Carl-Zeiss Jena hatte daraufhin rechtliche Schritte angekündigt, weitere Teams könnten folgen.
"In Englands Premier League trugen die sechs Klubs, die in der Tabelle unten stehen, verblüffende Argumente dafür vor, warum es sportlich oder gesellschaftlich besser wäre, nicht weiterzuspielen. Ähnlich in der dritten deutschen Liga", sagte Seifert.
Deshalb halte er es auch für ein wichtiges Zeichen, dass "bei uns alle 36 Klubs der ersten und zweiten Liga erklärt haben, die Saison zu Ende spielen zu wollen. Denn es wäre unannehmbar, wenn wir von vornherein sagen würden: Die Fernsehpartner und Sponsoren sollen bezahlen, aber eigentlich wollen wir nur um die Goldene Ananas spielen und ein bisschen Auslaufen veranstalten. Das wäre wirklich verwerflich und Betrug am Fan."