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Phantomtor Kießling - wie Leverkusen gegen Hoffenheim von einem kaputten Netz profitierte

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Phantomtor Kießling - wie Leverkusen gegen Hoffenheim von einem kaputten Netz profitierte

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Das letzte Phantom-Tor

Am 18. Oktober 2013 sorgte Stefan Kießling für den Aufreger der Bundesliga-Saison: Der Leverkusener erzielte ein Tor, das keines war. SPORT1 erinnert sich.
18. Oktober 2013: Stefan Kießlings Kopfball findet durch ein Loch im Netz den Weg ins Hoffenheimer Tor. Der Treffer zählt und wird zum zweiten Phantomtor der Bundesligageschichte.
Udo Muras
Udo Muras

In den ersten 50 Jahren der Bundesliga hat es immer mal wieder irreguläre Tore gegeben, weil nur das menschliche Auge entscheiden konnte.

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Erst die Zunahme technischer Möglichkeiten bedeutete das allmähliche Ende der sogenannten Phantomtore. Das letzte dieser Art fiel im Oktober 2013 beim Spiel TSG Hoffenheim gegen Bayer Leverkusen, nach dem der Platzwart die meisten Interviews geben musste.

Doch die Frage, die alle interessierte, konnte Klaus-Peter Sauer auch nicht beantworten. Eine Erklärung dafür, wie denn bloß das Loch ins Netz kam an jenem 18. Oktober 2013 in der Rhein-Wirsol-Arena zu Sinsheim, hatte er nämlich auch nicht.

Stefan Kießling (Bayer, 11) erzielte 2013 das letzte Phantomtor
Stefan Kießling (Bayer, 11) erzielte 2013 das letzte Phantomtor

„Alles sah so akkurat wie immer aus“, empfand er, als er fünf Stunden vor Anpfiff die Netze aufgehängt habe. Dennoch: In einem der Netze klaffte an jenem Freitagabend an der Außenseite ein kleines Loch und durch dieses flutschte in der 71. Spielminute der Ball.

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Geköpft von Bayer Leverkusens Stürmer Stefan Kießling kam er von draußen rein und blieb drinnen liegen. Wie er hinein gekommen ist, sah zunächst keiner – geschweige denn, dass es jemand wahrhaben wollte.

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Brych: „Keiner, auch nicht Kießling, hat mir gesagt, dass es kein Tor war“

Bild-Reporter Philipp Arens notierte: „71. Kies mit Kopf vorbei.“ Aber wieso jubelten die Leverkusener? Schiedsrichter Felix Brych erlebte seine schwerste Stunde an der Pfeife. Es gab weder Videobeweis noch Torlinientechnik – nur Zeugen.

Brych: „Die Reaktionen der Spieler waren eindeutig, es gab kein Kontra. Keiner, auch nicht Kießling, hat mir gesagt, dass es kein Tor war.“ Das Netz kontrollierte er nicht und so gab er das 0:2, zumal die Hoffenheimer nicht protestierten. Auf die Idee kamen sie erst, nachdem sie verloren hatten, der Endstand lautete 1:2.

Mittlerweile hatten sich nämlich neben dem Tor warmlaufende TSG-Reservisten entdeckt, was das Fernsehen schon in Echtzeit offenbarte: Da ist ein Loch im Netz!

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Es ermöglichte das letzte Phantomtor der Bundesligageschichte, denn die Szene heizte die Debatte um die Torlinientechnik neu an. Letztere wurde 2015/16 eingeführt, seit 2017/18 gibt es zudem den Videobeweis. 2013 gab es nur unbeugsame Statuten.

Hoffenheim zog vor das Sportgericht und beantragte eine Wiederholung, was Bayer ablehnte. Man sei ja nicht schuld am kaputten Netz und der falschen Wahrnehmung des Schiedsrichters.

Sportdirektor Rudi Völler schlug vor, das Spiel beim Stand von 0:1 fortzusetzen – für die letzten 19 Minuten – und hatte einen guten Rat an die TSG: „Ein kleiner Tipp: Das nächste Mal richtige Netze kaufen.“

Das Sportgericht entschied am 29. Oktober: keine Wiederholung, das Ergebnis hatte Bestand. Richter Hans E. Lorenz: „Fragen Sie uns nicht, ob das Urteil uns unter sportlichen Gesichtspunkten gefällt. Unter rechtlichen Gesichtspunkten gibt es keine Alternative.“

Legendäres Phantom-Tor von Helmer

Der DFB war und ist da ein gebranntes Kind. Als er 1994 nach dem berühmten „Helmer-Tor“ das Spiel FC Bayern – 1. FC Nürnberg wiederholen ließ, gab es einen Rüffel von der FIFA. Niemand habe an der Tatsachenentscheidung zu rütteln.

23. April 1994: Bayern-Verteidiger Thomas Helmer bugsiert den Ball nach einer Ecke am Nürnberger Tor vorbei, Schiedsrichter Osmers erkennt aber auf Treffer. Der Begriff "Phantomtor" wird geboren.
01:49
SPORT1 Bundesliga Classics: Thomas Helmer und das Phantomtor 1994

Stefan Kießling, als fairer Sportsmann bekannt, wurde zum Buhmann der Nation. Wegen wüster Beschimpfungen ließ er seine Facebook-Seite schließen, ein halbes Jahr bekam die Familie Polizeischutz. Der Stürmer suchte die Hilfe seines Sportpsychologen auf.

Alles nur, weil er nicht zugegeben hatte, was ohnehin keiner im ersten Moment erklären konnte: „Ehrlich, ich habe es nicht gesehen. Erst als mir die Hoffenheimer das Loch gezeigt haben, wurde es mir klar. Es war eine Scheißsituation für mich.“

2018 sagte er: „Natürlich gab es Momente, in denen ich diese Szene verflucht habe. Das Tor verfolgt mich bis heute.“