Gladbach-Debakel, Kimmich-Impfzoff, notorische Abwehrschwäche, Nagelsmann-Ausfall, Hernandez-Knast – Fußballfans und Bayern-Hasser in Deutschland halten sich an jedem Strohhalm fest; weil niemand erleben will, dass die Münchner zum zehnten Mal in Folge Meister werden, wird jede kleine sportliche und große menschliche Schwäche hoch-gejazzt. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
FC Bayern: Alex Steudel glaubt nicht an eine spannende Meisterschaft
In München lachen sie sich schlapp
Finde ich im Grunde super, ist aber leider völlig nutzlos: Statt Nerven zu zeigen, lachen sie sich in München schlapp über die eigene Krise. Die Lage für die Konkurrenz war nie bedrohlicher.
Bayern-Offensive besser denn je
Das jüngste Mini-Stolpern haben Neuer & Co. mit fünf Auswärtstoren bei Union Berlin beantwortet, das seit 21 Pflichtspielen nicht mehr zu Hause verloren hatte. Die Bayern sind Tabellenführer, was sie in den letzten drei Jahren nach zehn Spieltagen nur einmal waren. 2019 lagen sie zu diesem Zeitpunkt sogar auf Platz vier.
Was Freunden einer gepflegt spannenden Bundesliga viel größere Sorgen bereiten sollte, ist die neue Abteilung Attacke in München. Die Bayern waren nämlich nie torgefährlicher als heute: 38 Einschläge nach zehn Spieltagen! Das sind mehr Tore, als Schalke 04, Werder Bremen und der 1. FC Köln vergangene Saison an 34 (!) Spieltagen erzielten.(DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
3,8 Treffer pro Begegnung sind absolut unglaublich. Geht das so weiter (und ich weiß nicht so genau, warum es das nicht sollte), pulverisieren die Bayern 2022 ihren eigenen 100-Tore-Rekord: Rechnerisch steuern sie zurzeit auf (3,8x34=) 129 Tore zu.
Lewandowski ist beängstigend
Was auch daran liegt, dass Leroy Sané von Trainer Julian Nagelsmann (Achtung, jetzt wieder gesund!) zum sachdienlichen Fußball bekehrt wurde, und Weltfußballer Robert Lewandowski einfach keine Lust hat, alt zu werden: In den ersten zehn Bundesliga-Spielen war der angeblich 33-Jährige schon wieder zwölfmal erfolgreich. Das ist beängstigend, der Pole ist damit rechnerisch erneut auf Rekordkurs: Macht er so weiter wie bisher, landet er bei 41 Toren.
Und verletzt ist Lewandowski ja quasi nie, jedenfalls im Vergleich zu Dortmunds Titelhaupthoffnung Erling Haaland, der in dieser Saison schon vier Spiele verpasst hat und vergangenes Jahr dreimal von Verletzungen geplagt wurde.
Bayer Leverkusen? Strauchelt schon jetzt. RB Leipzig? Kommt nicht auf die Beine. SC Freiburg? Naja.(DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Ich fürchte, die Bayern wird auch diesmal keiner stoppen. Denn, und das hätte ich fast vergessen: Jeder weiß, dass sie sich sowieso erst ab Februar richtig anstrengen.
Alex Steudel ist freier Journalist in Hamburg. Er war Bayern- und Nationalmannschaftsreporter und Chefredakteur von Sport-Bild. Heute widmet er sich in seiner Kolumne für SPORT1 auf nicht immer ganz ernstgemeinte Weise aktuellen Fußball-Themen. Die besten Steudel-Texte gibt‘s auch als Buch: Infos und Bestellung hier.