Den ganzen Montag und Dienstag über habe ich mir den Kopf zerbrochen, warum Niklas Süle nach Dortmund geht. Denn machen wir uns nichts vor, der naheliegendste Transfer aller Zeiten ist es nicht. Zumindest nicht für einen Champions-League-Sieger, der beim FC Bayern spielt. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Warum Süle alles richtig macht
Ich dachte: Der FC Bayern ist wie Biontech, Dortmund wie Johnson & Johnson. Nix gegen Johnson & Johnson, geht ja auch - aber halt nicht so gut. (Bericht: Wird Süle zur Persona non grata?)
Beweggründe für seinen Wechsel
Kurz: Ein Süle mit 26 wechselt ins scheichbeladene Ausland oder bucht die Flatrate bei Brazzo. Sonst nix. Was hat ihn also getrieben?
Ich habe dann versucht, mich in ihn hineinzuversetzen, denn spannend ist so eine Entscheidung ja schon, bei aller Nichtnachvollziehbarkeit. Ein paar Antworten habe ich gefunden, überraschenderweise. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Die erste: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein junger deutscher Nationalspieler nach Dortmund wechselt, obwohl er weiß, dass er bei seiner Ankunft nur noch die Rücklichter von Erling Haalands Umzugstransporter sieht. Der BVB mag mit Süle hinten stärker sein, aber ohne Superstürmer Haaland ist er wie ein 1. FC ohne Köln oder ein Rudi ohne Völler.
Der Sherlock Holmes in mir zählte also eins und eins zusammen: Süle will zum BVB, weil die dort schon wissen und ihm gesagt haben, dass Haaland bleibt. Zack!
Gegen Hummels hat er gute Chancen
Das gefiel mir. Ich analysierte mich schön warm, und mir fielen immer mehr Gründe ein, die für Dortmund sprechen. Mats Hummels zum Beispiel. Neben ihm kann Süle nur gewinnen. Er freut sich schon auf die staunenden Gesichter der BVB-Fans, wenn sie im August feststellen, wie schnell ein Innenverteidiger doch sein kann. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Mitreißende Atmosphäre in Dortmund
Grund drei: die Stimmung in Dortmund. Messungen sollen ergeben haben, dass sogar BVB-Fans, die im Signal-Iduna-Park gerade eine Bratwurst holen, auf dem Platz lauter zu hören sind als die komplette Südkurve der Allianz-Arena in der Verlängerung eines Champions-League-Halbfinals.
Hatte Süle also einfach Lust auf mehr Party?
Nähe zu seiner Heimat
Weiter geht‘s, Grund vier: Geschichte. In München steht das FC-Bayern-Museum, in Dortmund das Deutsche Fußballmuseum. Tja.
Grund fünf: der Standortvorteil. Die Stadt München bietet drei Highlights – den Englischen Garten, den Viktualienmarkt, die Alpen. Und wieder ist die Stadt Dortmund besser. Sie bietet ihren Gästen vier Sehenswürdigkeiten: die Nordtribüne, die Südtribüne, die Westtribüne, die Ostribüne.
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Lebensunterhaltskosten geringer als in München
Wir kommen zum Finale der Begründung. Nummer sechs: Süle verdient von Sommer an mehr als in München. Und obendrein sinken seine Nebenkosten – für das Geld, das ein Haus in München kostet, bekommst du in Dortmund einen halben Stadtteil.
Alles richtig gemacht, Niklas Süle!
Alex Steudel ist freier Journalist in Hamburg. Er war Bayern- und Nationalmannschaftsreporter und Chefredakteur von Sport-Bild. Heute widmet er sich in seiner Kolumne für SPORT1 auf nicht immer ganz ernstgemeinte Weise aktuellen Fußball-Themen. Die besten Steudel-Texte gibt‘s auch als Buch: Infos und Bestellung hier.