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BVB - Bayern 2001: Das größte Karten-Festival der Bundesliga

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BVB - Bayern 2001: Das größte Karten-Festival der Bundesliga

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Das größte Karten-Festival der Liga

Im Spiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern 2001 sorgt Schiedsrichter Strampe für einen unrühmlichen Bundesliga-Rekord. SPORT1 erinnert an das größte Kartenfestival der Liga.
7. April 2001: Das emotionsgeladene Spitzenspiel zwischen dem BVB und dem FC Bayern mündet in einer Kartenflut. So oft wie Hartmut Strampe musste noch kein Schiedsrichter in seine Tasche greifen.
Udo Muras
Udo Muras

Der FC Bayern und auch Borussia Dortmund halten einige Rekorde, auf die sie stolz sind und die man von ihnen erwarten kann. Doch einer ist darunter, auf den könnten sie gut und gerne verzichten.

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Am 7. April 2001 waren die beiden Top-Klubs für das größte Karten-Festival, das die Bundesliga je gesehen hatte, verantwortlich. Die Ausgangslage: Die Bayern unter Trainer Ottmar Hitzfeld strebten den Titel-Hattrick an, tanzten noch auf zwei Hochzeiten und kamen gerade mit einem 1:0 in der Champions League aus Manchester zurück.

In jenen Tagen glänzten sie nicht gerade und hatten nach 27 Spieltagen schon acht Mal verloren. Weshalb die Meisterschaft 2000/01 richtig spannend war.

Der BVB dagegen war noch nicht die unumstrittene zweite Kraft im deutschen Oberhaus. Im Vorjahr fast abgestiegen, hatte er sich gerade wieder erholt und lag unter Jung-Trainer Matthias Sammer, damals 33, nur einen Punkt hinter Bayern auf Platz 2.

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Bundesliga-Rekord: Schiri Strampe zückt 14 Karten

Das Westfalenstadion war mit damals 68.600 Zuschauerplätzen ausverkauft. Das Top-Spiel des Wochenendes wurde an jenem Samstag erst um 20 Uhr angepfiffen.

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Wer auf beste Samstagabend-Unterhaltung gehofft hatte, wurde freilich enttäuscht. Im Nachhinein war das „Programm“ nicht ganz jugendfrei.

Die sich über die Jahre aufgeschaukelte Rivalität entlud sich in ungekannter Intensität. Wobei sich die Beobachter hinterher nicht einig waren, wer oder was schlimmer war: Die Unfairness der Spieler oder die Leistung des Schiedsrichters?

Hartmut Strampe aus Handorf in Niedersachsen stellte in 93:08 Minuten Spielzeit zwei Rekorde auf: Er zückte 14 Karten (für 13 Spieler), davon elf gegen eine Mannschaft - die Bayern.

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Da war das eigentliche Ergebnis (1:1) nach Toren von Roque Santa Cruz (6.) und Fredi Bobic (52.) fast schon Nebensache.

Hoeneß tobt nach Lizarazus Gelb-Roter Karte

Das Spiel geriet spätestens nach 35 Minuten aus den Fugen, als Strampe Bayerns Verteidiger Bixente Lizarazu vom Platz stellte.

Der hatte schon Gelb, weil er nach sieben Minuten mit der Hand auf den Ball gefallen war, offenkundig ohne jede Absicht. Nach seiner Notbremse musste Lizarazu dann vom Platz.

Aus Sicht des empörten Bayern-Managers Uli Hoeneß war das die erste „von über 50″ Fehlentscheidungen Strampes, dem der Kicker mit folgender Begründung die Note 5 gab: „… lag bei den persönlichen Strafen oft richtig, sonst allerdings mit eklatanten Fehlentscheidungen.“

Mit zehn Mann retteten die Bayern ihren Vorsprung in die Pause. Den durften sie dank zweier Fehlentscheidungen des Gespanns in Schwarz, das eine Großchance und ein Tor des BVB wegen Abseits annullierte, noch sieben Minuten behalten.

Dann traf Bobic, aber das war nun ein irreguläres Tor, wie das Fernsehen nachwies, weil Vorbereiter Evanilson zuvor Hand spielte. Die Bayern tobten, das Stadion kochte.

Effenberg fliegt nach Ellenbogen-Check vom Platz

Nach 55 Minuten der nächste Eklat: Bayern-Kapitän Stefan Effenberg ließ Evanilson auflaufen, setzte dabei noch den Ellenbogen ein. Strampe zückte wegen Tätlichkeit Rot, schon der siebte Platzverweis in „Effes“ Karriere.

Der Sünder gab sich nicht sehr reuig: „Ich rechne mit einem Freispruch.“ Neun Bayern igelten sich ein. Igel haben Stachel und wenn sie pieksen, tut es weh.

Immer wieder lagen Borussen auf dem Boden, manche freilich machten eine Kunst daraus. „Der Herr Addo zum Beispiel gehört in den Zirkus“, attestierte Hoeneß BVB-Profi Otto Addo schauspielerische Fähigkeiten.

Strampe versuchte sich mit den Instrumenten des Schiedsrichters, Respekt zu verschaffen: Er zückte Karten. Vor allem gegen die Bayern.

Die Liste der Verwarnten liest sich wie die Mannschaftsaufstellung: Oliver Kahn, Sammy Kuffour, Thomas Linke, Hasan Salihamidzic, Jens Jeremies, Mehmet Scholl, Giovane Elber, dazu der eingewechselte Willy Sagnol. Lizarazu und Effenberg waren vom Platz geflogen.

„Früher, als ich gegen Dortmund gespielt habe, da gab es, glaube ich, 125 Gelbe Karten“, sagte Effenberg im April 2024 im STAHLWERK Doppelpass: „Da hat es richtig gescheppert, weil du weißt, dass du aggressiv sein musst.“

Bayern-Manager Hoeneß dringt in Schiedsrichterkabine ein

Beinahe schämen mussten sich Abwehrchef Patrik Andersson und Roque Santa Cruz, dass sie gänzlich unbefleckt vom Platz kamen.

Zum Bundesliga-Rekord machten die Partie aber die Verwarnungen für die Borussen Addo und Sunday Oliseh und der Platzverweis für Evanilson (grobes Foulspiel an Joker Sergio) in letzter Minute.

„Herr Strampe und die Wilde 13″ - so hätte man den Spielfilm, der am 7. April 2001 im deutschen Fernsehen lief, in den TV-Zeitschriften betiteln können. Das Nachspiel und der mediale Widerhall waren entsprechend heftig.

Uli Hoeneß drang mit hochrotem Kopf in die Schiedsrichterkabine ein, schließlich hatten die Bayern vor dem nächsten Gipfel gegen den FC Schalke 04 vier gesperrte Spieler. Strampes Assistent Bernd Hauer plauderte aus, Hoeneß habe erst wieder rausgehen wollen, wenn der Bericht unterschrieben sei.

Was er darin lesen wollte, wurde nicht publik, aber er riet Strampes Gespann, sie bräuchten Effenbergs Rote Karte „gar nicht erst aufzuschreiben, weil er sowieso nächste Woche wieder spielen würde.“ Dem war nicht so, schon am Montag fällte das Sportgericht die Urteile: Effenberg bekam zwei Spiele Sperre, Evanilson drei.

Strampe pfeift nie mehr ein Bayern-Spiel nach Karten-Flut

Hoeneß, der öffentlich forderte, darüber nachzudenken „ob man Herrn Strampe mal eine Zeit lang aus dem Verkehr zieht“, kam nochmal davon, „weil nicht zwingend eine Diffamierung oder Beleidigung des Schiedsrichters“ darin gesehen wurde, wie der Kontrollausschuss-Vorsitzende Horst Hilpert wissen ließ.

Einen Rüffel bekam Hoeneß dennoch von der Obrigkeit: Volker Roth, der Schiri-Boss, tadelte: „Das, was Hoeneß macht, ist die bekannte Methode, von den Unzulänglichkeiten der eigenen Spieler abzulenken. Für Hartmut Strampe war es ein sehr schweres Spiel, denn es wurde kein Fußball gespielt.“

Auf diese Formel konnten sich alle einigen. Nur langsam flaute die Erregung ab. Uli Hoeneß rief am Montag bei Addo an und verkündete danach: „Es ist alles wieder in Ordnung. Man darf doch nicht wochenlang alles auf die Goldwaage legen, was gesagt wurde.“

Franz Beckenbauer, damals Bayern-Präsident, regte einen Runden Tisch von Ligavertretern und Schiedsrichtern an, weil sich die Probleme gehäuft hätten. Den gab es nicht.

Das Schlusswort gebührt Strampe: „Spaß gemacht hat‘s nicht!“ Er blieb noch zwei Jahre Bundesliga-Schiedsrichter, ein Bayern-Spiel pfiff er nie mehr.