16 Jahre spielte der HSV schon in der Bundesliga, der Traum vom Meistertitel blieb jedoch stets unerfüllt.
HSV-Meisterfeier wurde zum Albtraum
Die Hamburger hatten 1977 zwar schon groß aufgetrumpft und den Europapokal der Pokalsieger an die Elbe geholt. Mit dem Gewinn der Salatschüssel aber wurde es erst zwei Jahre später etwas, in der Saison 1978/79, vor allem dank Kevin Keegan, der unter Trainer Branko Zebec in seiner zweiten Saison endlich aufblühte und 17 Treffer erzielte.
Perfekt gemacht wurde der dritte Meistertitel der Vereinsgeschichte - die anderen beiden vor dem Bundesliga-Start 1963 - schon am 33. Spieltag in Bielefeld mit einem schmucklosen 0:0. Eine Woche hatten die Hamburger nun Zeit, sich auf die Meisterfeier am 9. Juni 1979 im eigenen Stadion vorzubereiten, zum Gratulieren kamen die Bayern.
Doch offenbar war die Vorbereitungszeit noch viel zu kurz, der eigentlich glücklichste Tag in der Bundesligageschichte des HSV geriet aus den Fugen - mit schlimmen Folgen.
HSV-Fans nahmen das Stadion auseinander
Nach dem sportlich bedeutungslosen 1:2 gegen die Bayern gab es die bis dato schlimmsten Bilder in einem deutschen Stadion. Die Massen wollten aufs Spielfeld, Drahtgitter wurden mit Bolzenschneidern zertrennt, Absperrungen überrannt.
Auf der Westtribüne brach ein Zaun unter dem Druck zusammen. Menschen purzelten auf die Tartanbahn, etliche von ihnen stark alkoholisiert. Andere wurden fast zerquetscht.
Wem nichts passierte, der setzte sein Zerstörungswerk ungehindert fort, sogar die Tore wurden abmontiert. Während der Meisterehrung landeten Rettungs-Hubschrauber im Volkspark-Stadion.
Die Spieler des Hamburger SV kamen mit dem Schrecken davon
Die Spieler flohen, außer Jimmy Hartwig bekam keiner die Goldene Ehrennadel vom Hamburger Verbandspräsidenten Dr. Barrelt, Kapitän Peter Nogly kam ohne Trikot, Schuhe und Strümpfe in der Kabine an - aber mit der Meisterschale.
Die Bilanz des Schreckens: 71 Verletzte, die auf fünf Krankenhäuser der Stadt verteilt wurden, Personal wurde eigens aus dem Wochenende zurückgerufen. Mehr als die Hälfte (39) waren Schwerverletzte, vier lagen noch am nächsten Tag auf der Intensivstation. „Zum Glück gab es keine Tote“, sagte Mittelstürmer Horst Hrubesch.
Das nicht, in den Krankenhäusern landeten Menschen mit Lungenquetschungen, Knochenbrüchen, Brustkorbprellungen, Riss-, Stich- und Hautverletzungen. Ferner zu beklagen waren zwei zerfetzte Tore und ein kaputter Zaun. Der Sachschaden betrug rund 100.000 D-Mark.
Polizei und Ordner konnten Tragödie nicht verhindern
All das konnten 500 Ordner und 340 Polizisten nicht verhindern. Ein 19-Jähriger stellte sich hinterher immerhin der Polizei, er hatte sich als Zaunschneider betätigt, nun plagte ihn das Gewissen. Es war die Mutter aller chaotischen Meisterfeiern, die danach Schule machten.
In den USA fand man die Vorkommnisse so interessant, dass ein Sender nach Abpfiff der Partie noch 60 Minuten weiter übertrug. Es war ein historisches Ereignis, das nur Kevin Keegan nicht weiter verwunderte.
Er kannte diese Szenen schon aus England, wo sich der Hooliganismus gerade ausbreitete und war als erster in die Kabine geflohen. Allen anderen ging es wie DFB-Funktionär Walter Baresel, der meinte: „So etwas hat es in der Geschichte des Fußballs noch nie gegeben!“