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Bayern-Ex-Talent Mario Erb: "Dachte, ich werde der nächste Superstar bei Bayern"

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Bayern-Ex-Talent Mario Erb: "Dachte, ich werde der nächste Superstar bei Bayern"

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Ex-FCB-Talent: „Macht mich traurig“

Mario Erb war 14 Jahre beim FC Bayern aktiv und trainierte unter anderem mit Thomas Müller sowie Franck Ribéry. Im SPORT1-Interview erinnert sich der 32-Jährige an seine Zeit beim deutschen Rekordmeister.
Vor dem Tor maximal unglücklich, aber als Vorbereiter Weltklasse: Thomas Müller erlebte ein Auf und Ab im Topspiel gegen Union Berlin. Der Trainer betont seine besondere Bedeutung.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Mario Erb trainierte beim FC Bayern zusammen mit Thomas Müller und Franck Ribéry und unter Louis van Gaal.

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Doch der Durchbruch beim Rekordmeister gelang Erb in 14 Jahren an der Säbener Straße nicht. 2022 beendete der gebürtige Münchner seine aktive Laufbahn. Inzwischen betreibt er seine eigene Fußballschule „Kids United“. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

Auf seine Profikarriere blickt Erb zufrieden zurück. Im SPORT1-Interview spricht der 32-Jährige über seine Bayern-Zeit, Ribéry, van Gaal - und er schwärmt von Müller.

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SPORT1: Herr Erb, Sie wurden beim FC Bayern nicht gescoutet, sondern Ihr Vater hat Sie 1996 einfach mal beim Probetraining angemeldet. Kann man mal machen. Wie kam es dazu?

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Mario Erb: Genau. Der Papa war rotzfrech. Ich war damals sechs Jahre alt und es gab ein Turnier in Laim. Das war früher ein gutes Jugendturnier und der Trainer der U7 des FC Bayern war auch vor Ort. Mein Papa ging damals ganz cool zum Trainer hin und sagte: ‚Hier, wie sieht‘s aus, mein Sohn wird schon von einigen Vereinen beobachtet. Können wir mal zum Probetraining kommen?‘ Das mit den Vereinen stimmte natürlich nicht. Ich durfte dann tatsächlich vorbeischauen. Früher war das noch etwas etwas einfacher als heute. Dann bin ich also da hin, habe mittrainiert und hinterher hieß es ‚Ab 1.8. kannst du bei Bayern anfangen.‘

Erb und Contento hechteten nach Kahn-Handschuh

SPORT1: Ab dann ging es Jahr für Jahr nach oben für Sie?

Erb: Ganz genau. Bei Bayern ist das heute noch so. Die U7 gibt es nicht mehr. Die Jugendlichen starten jetzt glaube ich ab der U10 oder U11. Ich bin die ganzen 14 Jahre durchmarschiert bei Bayern. Was für eine geile Zeit!

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SPORT1: Sie wurden im Probetraining sogar Elfmeter-König.

Erb: Gut recherchiert. Nach dem Training wurde das damals immer gemacht und als ich dann Elfmeterkönig wurde, dachte ich bin der Größte und werde der nächste Superstar bei Bayern.

SPORT1: Früher waren Sie bei den Heimspielen der Bayern im Olympiastadion Balljunge. Gab es da mal einen witzigen Moment, den Sie noch im Kopf haben?

Erb: Da gab es tatsächlich ein lustiges Erlebnis, an das ich immer wieder gerne denke. Da war Diego Contento dabei, mit dem ich von der U7 bis zu den Amateuren zusammenspielte. Wir waren nach dem Spiel alle heiß auf Trikots und Torwarthandschuhe. Selbst Unterhemden wollten wir. Wenn uns Oliver Kahn seine Unterhose hingeworfen hätte, dann hätten wir auch uns darum gestritten. Nach dem Spiel haben wir über die Bande geschrien ‚Kahn, Kahn, Kahn, können wir die Handschuhe haben?‘ Olli warf uns die Handschuhe zu und einer blieb auf der Grundlinie liegen. Diego und ich hechteten nach dem Handschuh und hätten uns dabei fast verletzt.

„In dem Zimmer waren rund 3000 Bayern-Wappen“

SPORT1: Sie haben als Fan der Roten ihr Zimmer mit Bayern-Logos tapeziert.

Erb: So krank war ich. Mein Papa war krasser Bayern-Fan und auch ich wollte alles von Bayern haben. Wir sind damals in ein Möbelhaus gefahren und dann gab es da tatsächlich eine Bayern-Tapete. Und ich habe mir dann die Bayern-Tapete ins Zimmer rein klatschen lassen. Meine Mama ist rückwärts wieder raus gefallen, als sie in mein Zimmer kam. Aber meine beiden Brüder und unser Papa waren halt fußballverrückt. In dem Zimmer waren rund 3000 Bayern-Wappen.

Mario Erb spielte bis 2011 beim FC Bayern
Mario Erb spielte bis 2011 beim FC Bayern

SPORT1: Was machen Sie heute? Oder sind Sie Fußball-Millionär und müssen nicht mehr arbeiten?

Erb: Leider nein. Zwölf Jahre war ich im Fußball-Zirkus drin, da habe ich schon ordentliches Geld verdient. Aber in der 3. Liga und Regionalliga ist noch kein Spieler reich geworden. Ich habe meine eigene Fußballschule „Kids United“ für Kinder und das macht riesig Spaß. Ich veranstalte in den Ferien auch Fußball-Camps.

SPORT1: Wie kamen Sie darauf, eine Fußballschule zu eröffnen?

Erb: Die letzten zwei Jahre meiner Karriere habe ich in Hoffenheim gespielt und habe dort in der Fußballschule auch ein halbes Jahr hospitiert. Die TSG ist da richtig gut aufgestellt. Da habe ich gespürt, dass das genau mein Ding ist.

Erb: „Ballack war mein unantastbarer Held“

SPORT1: Wer war Ihr Lieblingsspieler beim FC Bayern?

Erb: Michael Ballack. Ich habe mir damals sogar extra eine Frisur wie er machen lassen. Für mich war Ballack einer der prägenden Spieler im Fußball. Er hatte eine unfassbare Ausstrahlung. Ballack war mein unantastbarer Held.

SPORT1: Haben Sie sich von Ballack etwas abgeguckt?

Erb: (lacht laut) Nein, sonst wäre ich in der Bundesliga gelandet. Damals habe ich Ballack einfach gesehen und dachte oft ‚Wie cool wäre es so zu sein wie Ballack!‘

SPORT1: Bereuen Sie es, dass es für den ganz großen Schritt nicht gereicht hat?

Erb: Nein. Klar, ich hätte es gerne geschafft. Ich würde mich selbst belügen, wenn ich das nicht sagen würde. Jeder Fußballer kickt, um in der Bundesliga zu landen. Weil ich so viele Jahre bei Bayern war und es doch nicht gereicht hat, das macht mich schon traurig. Ich bin aber nicht daran zerbrochen. Bei dem einen Profi soll es so sein und bei dem einen so. Vielleicht war die eine oder andere Entscheidung falsch.

SPORT1: Aber es verwundert schon, weil Sie so viele Jahre bei Bayern waren.

Erb: Das stimmt. Der Sprung in die erste Mannschaft bei Bayern war leider zu groß. Ich war auch oft im Training bei Louis van Gaal dabei. Meine Stamm-Positionen waren in der Innenverteidigung und auf der Sechs. Doch dafür war ich offenbar nicht zu kräftig genug. Ich trainierte als Verteidiger oft rechts und links außen. Oben war Lahm und Pranjic und ich war auch zu langsam, um in die Bundesliga reinzukommen.

Van Gaal? Gerland „hatte eigentlich das Training gemacht“

SPORT1: Sie wechselten von den Bayern in die 2. Liga zu Alemannia Aachen.

Erb: Das war für mich ein guter Schritt, dachte ich zumindest. Doch Peter Hyballa, unter dem ich regelmäßig spielte, wurde entlassen. Sein Nachfolger Friedhelm Funkel war genau das Gegenteil von Hyballa und setzte auf Erfahrung. Da war ich raus. Ich wechselte nach der Insolvenz in Aachen nach Unterhaching und später nach Erfurt und habe mich so in der 3. Liga fest gespielt.

SPORT1: Gab es eine krasse Geschichte aus Ihrer Zeit bei Bayern?

Erb: Vom Tiger (Hermann Gerland, d. Red.) gibt es immer gute Geschichten. Ich hatte ihn, da war er schon Co-Trainer bei Louis van Gaal, der sein Spielsystem komplett bis ganz nach unten durchziehen wollte. Der Tiger hatte eigentlich das Training gemacht, das van Gaal vorgegeben hatte.

Mario Erb (r.) im Gespräch mit SPORT1-Reporter Reinhard Franke
Mario Erb (r.) im Gespräch mit SPORT1-Reporter Reinhard Franke

SPORT1: Gibt es ein konkretes Beispiel?

Erb: Wir mussten den berühmten Cooper-Test machen, das heißt zehn Runden in zwölf Minuten. Wenn man es nicht geschafft hat, musste man das Ganze gleich nochmal machen.

Erb: „Van Gaal hat uns alle gesiezt“

SPORT1: Was hat Gerland alles angeordnet?

Erb: Wenn ein Spieler Übergewicht hatte, dann hat er ihn mit Regenjacke in die Sauna rein gesetzt, dass er erstmal schön ein Kilo runter bekam. Oder im Sommer hat er auch mal mit langen Klamotten trainieren lassen.

SPORT1: Welche Berührungspunkte gab es mit van Gaal?

Erb: Ich war immer dann beim General, wenn oben zwei, drei Spieler gefehlt haben. Oder wenn am Wochenende Spieler-Ersatztraining war. Die Ausstrahlung von van Gaal war extrem. Wenn er auf den Tisch gehauen hat, war die ganze Säbener Straße ruhig.

SPORT1: Wie denken Sie zurück an die Momente mit van Gaal?

Erb: Van Gaal hat uns alle gesiezt. Er konnte für die Spieler kein Kumpel sein. Sein Stil war unglaublich. Dieses technisch geschulte, passorientierte Fußballspiel war einfach geil. So hatte ich das in meinen 14 Jahren bei Bayern nicht erlebt. Man hatte ab und zu schlotternde Knie vor van Gaal. Eine Ansage habe ich einmal von Andries Jonker, dem Co-Trainer, bekommen. Er ist einmal komplett durchgedreht, weil ich es vier, fünf Mal nicht hinbekommen habe, eine Übung so hinzubekommen, wie es sein sollte. Ich wurde vor Zuschauern so rund gemacht, das werde ich niemals vergessen.

Müller? „War damals schon total sympathisch“

SPORT1: Van Gaal hat Sie nie zusammengefaltet?

Erb: Zum Glück nicht. Vor ihm hatten alle Respekt. Bei van Gaal hat keiner einen Mucks gemacht. Außer Franky.

SPORT1: Frank Ribéry?

Erb: Genau. Er hat sich um nichts geschert. Ribéry hatte nicht wirklich Respekt vor van Gaal und war immer entspannt. Er konnte es sich auch erlauben. Da waren wir Jungen schon etwas neidisch.

Franck Ribéry und Louis van Gaal erlebten beim FC Bayern eine erfolgreiche Zeit
Franck Ribéry und Louis van Gaal erlebten beim FC Bayern eine erfolgreiche Zeit

SPORT1: Thomas Müller wurde von van Gaal zu den Profis hoch geholt.

Erb: Und Holger Badstuber. So begann die Wahnsinns-Story von Müller. Ich bin von der A-Jugend zu den Amateuren hochgekommen und Müller und Badstuber wurden zu van Gaal geholt. Thomas machte in der Champions League sein erstes Spiel. Er kam rein und hat das Ding halt rein gedrückt. So war Thomas Müller und ich habe mich brutal für ihn gefreut. Er war damals schon total sympathisch und so ist er bis heute geblieben.

Erb: Bei Müller war es nie Glück

SPORT1: Wenn Müller spielt, sieht das oft etwas hölzern aus. Warum hat er den Durchbruch geschafft?

Erb: Thomas Müller hat einfach immer die Qualität gehabt. Er hat auch in der A-Jugend regelmäßig die Hütten gemacht. Damals hat er sich den Ball rechts oder links vorbei gelegt und die Kirsche rein gemacht. Es war bei Müller nie Glück, sondern immer Können. Das sieht bei ihm etwas hölzern aus, dass du denkst ‚Was macht der da?‘, aber er macht die Buden und dann ist es eine Klasse für sich.

SPORT1: Gibt es etwas Witziges aus Ihrer Bayern-Zeit, was im Gedächtnis blieb?

Erb: Wir waren in der U16/U17 mal richtig feiern und kamen natürlich viel zu spät zurück. Wir waren total betrunken und haben mit zehn Mann im Internat geschlafen. Am nächsten Tag hatten wir Training und „Becki“ (damaliger Trainer, der 2015 verstorbene Stefan Beckenbauer, d. Red.) hatte Wind davon bekommen. Dann ließ er die, die feiern waren, gegen die, die nicht feiern waren, gegeneinander spielen. Das war eine Gaudi.

SPORT1: Sie haben viel erlebt. Wie blicken Sie auf Ihre Karriere zurück?

Erb: Es war eine schöne Zeit, wenn ich auch nicht auf der ganz großen Bühne stehen durfte. Ich bin aber stolz auf das, was ich erreicht habe. Die Momente mit Ribéry werde ich niemals vergessen.