Als Huub Stevens im STAHLWERK Doppelpass bei SPORT1 auf die bitteren Minuten vom 19. Mai 2001 angesprochen wird und das Video sieht, fängt er sogar an zu lachen.
Effenberg: „Was soll ich sagen, Huub?“
Er merkt aber an: „Es hat zehn Jahre gedauert, bis es nicht mehr weh tat, die Bilder zu sehen. Meister zu werden, wäre damals sensationell gewesen.“ (DATEN: Ergebnisse der Bundesliga)
Ihm gegenüber ist es Stefan Effenberg fast schon unangenehm, über den Tag zu sprechen. „Was soll ich sagen, Huub? Ich mag dich total und finde dich sehr sympathisch. Mir tut es aber auch nicht leid“, erklärt der SPORT1-Experte schmunzelnd.
„Effe“ hatte damals gut lachen und jubelte mit dem FC Bayern über den Titel.
Schalke für vier Minuten Meister
Für vier Minuten und 38 Sekunden sahen sich an jenem Tag alle Schalker und der damalige Coach Stevens am Ziel ihrer Träume - und feierten bereits die vermeintlich erste Meisterschaft seit 1958. Mit 5:3 siegten die Knappen zu Hause gegen Unterhaching und parallel schien es, als würde der FC Bayern mit Effenberg seinen Vorsprung in der Tabelle durch ein 0:1 gegen den HSV einzubüßen.
Auf dem Rasen im Parkstadion lagen sich die Spieler und Funktionäre bereits in den Armen. Und auch zehntausende Fans hielt es nicht mehr auf den Rängen.
Manager Rudi Assauer, der am 6. Februar 2019 starb, wurde von den Anhängern fast erdrückt und Andreas Müller gab bereits Interviews in einem HSV-Trikot als Dank für die Schützenhilfe.
Doch dann wurde es für die Königsblauen zu einem der bittersten Tage der Vereinsgeschichte.
Stevens sieht Bayern-Tor in Kabine
Denn was zunächst niemand wusste: Schalke war noch gar nicht sicher Meister. Zwar berichtete Premiere-Reporter Rolf Fuhrmann dies bereits, doch der Schalker Konkurrent aus München spielte noch. (DATEN: Spielplan der Bundesliga)
Stevens, später zu Schalkes Jahrhunderttrainer gewählt, wollte sich nicht anstecken lassen von den Jubelstürmen und ging zunächst über die Rolltreppe nach oben in seine Kabine.
Er wollte selbst sehen, wie der FC Bayern seine Partie beim Hamburger SV beendet. Denn die Ausgangslage war klar. Nur wenn München verliert, werden sie nicht Meister. In der 90. Minute köpfte Sergej Barbarez das 1:0 für die Hanseaten.
Der Niederländer machte wenig später also die Tür zu seiner Kabine auf und konnte es kaum glauben. „Ich hatte ein komisches Gefühl nach unserem Abpfiff und bin nach oben gegangen in meine Kabine. Da saß dann Youri Mulder, der sich die Bilder aus Hamburg anguckte. Dann sah ich Andersson, wie er den Ball reinschoss - gerade als ich reinkam“, berichtet Stevens bei SPORT1 über die Szene, die Bayern doch zum Meister machte. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Kahn wollte Freistoß schießen
In der Nachspielzeit hatte HSV-Keeper Mathias Schober eine Rückgabe von Tomás Ujfalusi unbedrängt mit der Hand aufgenommen und Schiedsrichter Dr. Markus Merk entschied auf indirekter Freistoß.
Bundesliga auf SPORT1
Bayern-Keeper Oliver Kahn stürmte daraufhin in den Hamburger Strafraum und zum Ball. Er redete eindringlich auf seine Teamkollegen ein und irrte umher. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Effenberg erinnert sich noch genau: „Oliver Kahn kam vorne an und meinte nur: ‚Ich schieße.‘ Da habe ich nur gesagt: ‚Ruuuhig. Du kannst ja gar nicht schießen.‘ Dann wollte er Unruhe stiften, was ihm auch gelungen ist.“
Wenig später drosch Patrik Andersson den Ball zum 1:1 in die Maschen und die Münchner damit zum Titel.
Stevens hätte es Assauer gegönnt
„Ich habe kurz überlegt, selbst zu schießen“, verrät Effenberg Details zu dem Drama. „Die Distanz hat es dann aber hergegeben, dass derjenige mit dem härtesten Schuss schießt. Das war damals Patrik. Es war maximal glücklich. Die Meisterschaft war nicht verdient.“
Besonders bitter: Während in Gelsenkirchen bereits ein Feuerwerk gestartet wurde, konnten alle Fans dem Münchner bei seinem Schuss ins Glück auf den Leinwänden zuschauen und landeten im Tal der Tränen.
„Das war wohl das spannendste Finale der Bundesligageschichte. Und wir sind nicht verdient Meister geworden“, fasst Effenberg zusammen und schaut Stevens an.
Der antwortet: „Gerade Rudi Assauer hätte ich es so sehr gegönnt. Aber es sollte eben nicht sein.“