Inmitten der sportlichen Krise holte sich die Klubführung des VfB Stuttgart im September des vergangenen Jahres zwei prominente Gesichter mit einer erfolgreichen VfB-Vergangenheit an die Seite: Philipp Lahm und Sami Khedira wurden als Berater des Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle vorgestellt.
Lahms und Khediras Einfluss beim VfB
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Die Aufgaben der beiden Rio-Weltmeister seien, so hieß es im September, die Entscheider des Klubs in sportlichen Dingen wie der Kaderplanung direkt zu beraten, die strategische Ausrichtung des Vereins mitzubestimmen und ihre jeweiligen Netzwerke zu aktivieren.
Detaillierte Angaben zu den Tätigkeitsfeldern von Lahm und Khedira machte der VfB nicht. Die Ex-Profis legten aber Wert darauf, dass sie nur intern eine Rolle spielen wollen.
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„Es ist nicht meine Aufgabe, in der Öffentlichkeit zu sprechen“, ließ Lahm bei seiner Vorstellung verlauten, „wir machen das intern, und wir beraten nur. Wir treffen keine Entscheidungen. Der VfB muss schauen, was er daraus macht.“
VfB Stuttgart: Wehrle spricht über Lahm und Khedira
Mehr als ein halbes Jahr später gewährte Wehrle im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1 einen Einblick in die Zusammenarbeit mit Lahm und Khedira. „Wir haben einen wöchentlichen Austausch mit den beiden und sie sind auch bei den Kaderplanungssitzungen mit dem Cheftrainer und den Chefscouts dabei“, verriet der 48-Jährige.
Und weiter: „Wir haben auch strategische Kaderplanungssitzungen, da schauen wir gemeinsam, wie wir die Top-Talente in den nächsten Jahren einbinden können. Das gab es vorher alles nicht. Das war vorher eine One-Man-Show.“
Sowohl Khedira als auch Lahm bescheinigte Wehrle „ein herausragendes Netzwerk“. Letztgenannter fokussiert sich vor allem auf eine Aufgabe: „Bei Lahm ist es so, dass er mehr in die Analyse geht, was er jetzt zuletzt mit dem Nachwuchsleistungszentrum gemacht hat.“
Gänzlich klar, was die Tätigkeit des langjährigen Nationalmannschaftskapitäns im Detail umfasst, wird aus Wehrles Worten jedoch nicht. Dem Vernehmen nach ist das Engagement in etwa mit dem einer wirtschaftlichen Consulting-Firma zu gleichzusetzen, es geht um Strukturen und Arbeitsprozesse.
Lahm nur selten vor Ort in Stuttgart
Weiter betonte Wehrle, dass er mit Lahm und Khedira in einem „sehr intensiven Austausch“ stehe. Doch im Gegensatz zu Khedira, der immer wieder Trainingseinheiten besucht, sei Lahm selten persönlich in Stuttgart zu sehen.
„Der Austausch ist regelmäßig da, vor allem mit Alexander Wehrle natürlich. Das passiert virtuell, telefonisch, was auch immer. Es gibt heutzutage so viele Möglichkeiten“, berichtete Lahm im Februar gegenüber der Stuttgarter Zeitung. „Selbstverständlich“ sehe er jedes Spiel der Schwaben.
Der Vorstandschef hatte den Schritt im vergangenen Jahr damit begründet, dass der VfB sich „im Sport breiter aufstellen“ und „unterschiedliche Perspektiven“ einbinden wolle - „insbesondere auch von Menschen, die selbst Profifußball gespielt haben“. Diese Argumente wiederholte Wehrle am Sonntag im STAHLWERK Doppelpass: „Wir sollten nicht von einer Person abhängig sein.“
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Doch nicht überall stieß das Engagement von Lahm, der als Chef des Organisationskomitees für die EM 2024 tätig ist, und Khedira, der auch als Experte bei DAZN arbeitet, auf Zustimmung.
VfB: Lahm und Khedira befeuern Machtkampf
Aus dem Umfeld des Klubs keimte Kritik auf, dass Wehrle zu wenig Ahnung von sportlichen Abläufen habe und sich Khedira und Lahm als Kompensation an seine Seite geholt habe.
Zudem tobte im Herbst bereits ein interner Machtkampf beim VfB zwischen dem Vorstandschef und dem damaligen sportlichen Leiter Sven Mislintat. Mit der Installation von Khedira und Lahm als auch von Christian Gentner als Leiter der Lizenzspielerabteilung schwächte Wehrle - ob bewusst oder unbewusst - Mislintats Position beim VfB.
Die Folge: Der 50-Jährige packte frühzeitig die Koffer und verließ Stuttgart Ende November. Damit verspielte Wehrle, obwohl er sich im Machtkampf durchgesetzt hatte, bei vielen VfB-Unterstützern Sympathien.