Es sind Momente, die zeigen, was man in München unter der berühmten „Bayern-Familie“ versteht: Als Thomas Müller zur Filmpremiere von „Thomas Müller - Einer wie keiner“ in ein Kino nahe der Leopoldstraße einlud, gaben sich zahlreiche Stars aus dem Bayern-Kosmos die Ehre: Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Manuel Neuer und viele andere mehr.
Seltsame Distanz zu Müller: Deutliche Hinweise auf Abschied
Deutliche Hinweise auf Müller-Abschied
Natürlich stand Müller im Mittelpunkt. Er und sein Film waren das große Gesprächsthema. Aber auch seine berufliche Zukunft. Auffällig: Die beiden Gäste, die an der Säbener Straße immer noch über viel Einfluss verfügen, gaben sich an jenem Abend seltsam distanziert – zumindest, wenn es darum ging, ob Müller auch über den Sommer hinaus einen Platz im Kader des FC Bayern haben soll: Klub-Patron Uli Hoeneß und Ex-CEO Karl-Heinz Rummenigge. Beide sind aktuell Mitglieder des mächtigen Aufsichtsrats.
Hoeneß widerspricht Eberl
Zur Erinnerung: Bislang galt vor allem das, was Sportvorstand Max Eberl im Januar verkündet hatte. „Thomas braucht ja nicht groß zu verhandeln. Wenn er sagt, er hat Lust weiterzumachen, dann werden wir uns in die Augen schauen, dann schauen wir uns den Kader an und dann wird es weitergehen“, sagte der 51-Jährige damals.
Eine Sichtweise, die Hoeneß jetzt mit nur wenigen Sätzen einkassierte: „Ich glaube schon, dass der FC Bayern zusammen mit ihm die Entscheidung treffen muss. Wir sind ja nicht auf dem Basar, wo jeder machen kann, was er will.“ Und auch bei Rummenigge hörte es sich nicht so an, als verteile der FC Bayern aktuell leichtfertig Verträge: „Das muss der Vorstand bei uns entscheiden in Gesprächen mit ihm“, so der 69-Jährige.
Gewiss, beide verwiesen darauf, dass es die Aufgabe der sportlichen Leitung sei, solche Dinge zu entscheiden. Doch zu glauben, dass öffentliche Aussagen von Hoeneß und Rummenigge kein Gewicht hätten, wäre naiv. So ließ sich zwischen den Zeilen klar herauslesen, dass es eben nicht allein in der Hand von Müller liegt, ob dessen Karriere beim FCB fortgesetzt wird. Der Klub hat angesichts des selbst auferlegten Sparzwangs nichts zu verschenken.
Müller hat auch andere Optionen
Müller selbst hat - das hat er bereits mehrmals betont - noch nicht entschieden, wie es für ihn nach dieser Saison weitergeht. Die fast 90-minütige Dokumentation über ihn gibt aber bereits Aufschluss darüber, wie der 35-Jährige in dieser Hinsicht tickt.
Am Ende des Films gesteht er im Gespräch mit seinem Vater Gerhard, dass er nach einem möglichen Karriereende kein Problem damit haben werde, seinem Alltag Struktur zu verleihen. „Wofür es mit Sicherheit keinen Ersatz geben wird, ist das Adrenalin im Stadion - das ist das einzige“, erklärt Müller da. Das sei das einzige, das er nicht ersetzen könne.
Und der Film liefert noch weitere Hinweise darauf, dass der Weltmeister von 2014 vielleicht gar nicht so sehr an seiner aktiven Karriere beim FC Bayern hängt, wie man es ihm bisher nachsagte.
In einer Szene diskutiert er mit seinen Beratern sogar die Möglichkeit eines Wechsels nach Saudi-Arabien. In diesem Gespräch verwirft er den Gedanken zwar, weil ein solcher Schritt vermutlich seine Laufbahn in der Nationalmannschaft beendet hätte, doch Müller wirkt in der Doku nicht so, als sei ein Abschied vom Rekordmeister völlig ausgeschlossen. Zumal seine Spielzeiten seit dem Trainerwechsel von Thomas Tuchel zu Vincent Kompany nicht deutlich zugenommen haben.
Passend dazu sagt Hoeneß: „Wenn er nur noch Einwechselspieler ist, würde ich ihm raten, aufzuhören. Das ist seiner großen Karriere nicht würdig, wenn man als Ersatzspieler nur auf der Bank sitzt. Das würde ich ihm gerne ersparen.“
Geht Müller in die USA?
Stellt sich die Frage, ob und wie Müller weitermacht. Ein Wechsel in diese USA scheint denkbar, ist aber sicherlich nicht zwingend. Also ein Job bei Bayern? Die bayerischen Strippenzieher bremsen die Erwartungen der Fans auch in dieser Richtung deutlich ab.
„Thomas ist aus meiner Sicht geeignet, jeden Job beim FC Bayern zu machen - mit einer gewissen Anlaufzeit. Ich würde ihm immer raten, wenn er aufhört, ein bisschen Pause zu machen. Vielleicht sollte er mal in der Weltgeschichte rumreisen, um den großen Sport kennenzulernen. Fußball in Manchester. Das kann die NBA sein oder die San Francisco 49ers in der NFL“, erklärte Hoeneß auf Nachfrage von SPORT1.
Rummenigge stellte derweil vielsagend fest: „Ich habe immer den Eindruck bei der Generation, die jetzt Fußball spielt, dass die zu viel Kohle verdient haben, um sich anschließend noch ein zweites Mal aufzuraffen und zu ackern. In so einem Job muss man schon Gas geben und fleißig sein“. Es klingt deutlich reservierter als das, was zum Beispiel Aufsichtsratsboss Herbert Hainer zuletzt im Fall Müller verlautbaren ließ.
Fakt ist: Die Bayern wollen Müller unbedingt auch nach dessen Karriereende beim Rekordmeister einbinden - in welcher Rolle auch immer. Fakt ist aber auch: Hoeneß und Co. möchten ihm trotz aller Wertschätzung nicht sofort einen Top-Job zugestehen. Den muss sich der Ur-Bayer offenbar noch verdienen. Auch für lebende Legenden gibt es also keinen Bonus.