Bundesliga>

Der legendäre Ex-Doc tritt gegen Bayern nach

Doc-Legende tritt gegen Bayern nach

Der langjährige Teamarzt des FC Bayern Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt bedauert die Entwicklung des „Mia-san-Mia“-Gefühls. Der 82-Jährige zeigt sich auch von seinem Abschied enttäuscht.
Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt war über 40 Jahre lang Teamarzt beim FC Bayern
Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt war über 40 Jahre lang Teamarzt beim FC Bayern
© IMAGO/Chai v.d. Laage
Der langjährige Teamarzt des FC Bayern Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt bedauert die Entwicklung des „Mia-san-Mia“-Gefühls. Der 82-Jährige zeigt sich auch von seinem Abschied enttäuscht.

Der berühmte Slogan „Mia san Mia“ gehört zum FC Bayern wie die Vereinslegenden Franz Beckenbauer oder Thomas Müller. Wie der langjährige Teamarzt des Klubs Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt nun aber verriet, vermisse er dieses Gefühl immer mehr im Verein - vor allem bei den Profis des deutschen Rekordmeisters.

„Es drückt ein Gefühl aus, das mit Stolz, Selbstbewusstsein und Zusammenhalt einhergeht. Aber für mich gehört es eher der Vergangenheit an. Ich glaube: nur noch wenige Spieler spüren dieses Gefühl“, betonte Müller-Wohlfahrt im Interview mit der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. „Wenn ich an ‚Mia san Mia' denke, erinnere ich mich vor allem an die Zeiten unter Ottmar Hitzfeld und Jupp Heynckes. Große Trainer, große Erfolge – wohl einmalig.“

„Der FC Bayern war eine Familie“

Wenn er sich die heutige Mannschaft des FCB anschaue, fehle ihm die Identifikation zahlreicher Spieler mit dem Verein. „Der FC Bayern war eine Familie, heute ist er aber mehr und mehr zu einem Großunternehmen geworden. Die Spieler rangieren auf einer Werteskala je nach Ablösesumme.“

Müller-Wohlfahrt begann im April 1977 seine Arbeit beim FC Bayern und blieb mit einer kleinen Unterbrechung (2015 bis 2017) insgesamt 43 Jahre beim Klub. Der heute 82-Jährige beschrieb die immer weiter abnehmende Identifikation als „Wandel der Zeit“.

„Als ich in den 70er Jahren anfing, waren es 16 Mitarbeiter – jetzt sind es mehr als 1000. Man kannte sich, man hat sich geschätzt, einer war für den anderen da. Heute lebt das ‚Mia san Mia' am ehesten in der Fankurve weiter“, bemerkte Müller-Wohlfahrt.

Müller-Wohlfahrt beklagt die fehlende Gemeinschaft

Er stellte zudem klar: „Aber dieses Gefühl, das wir früher auf dem Rathausbalkon hatten, dieser Stolz auf unser Team, diese Riesen-Gemeinschaft – das sehe ich in der Mannschaft und im Umfeld nicht mehr. Trotzdem: es bleibt die Erinnerung.“

2020 beendete der Sportmediziner seine Tätigkeit als Teamarzt beim deutschen Rekordmeister. Den Klub verfolgt Müller-Wohlfahrt dennoch weiterhin aufmerksam.

„Ich sehe mich als stiller Beobachter. Wiederholt hätte ich gerne eingegriffen, um bei medizinischen Problemen zu helfen. Das waren so meine Gedankenspiele. Zu Uli (Hoeneß, d. Red.) und einigen anderen besteht nach wie vor ein freundschaftliches Verhältnis.“

Bayern-Abschied? „Antwort kann nur der Verein geben“

Trotz seiner jahrzehntelangen Verdienste für den Verein verlief Müller-Wohlfahrts Abschied im Jahr 2020 eher leise. Der Sportmediziner zeigte sich nun enttäuscht über die Art und Weise - und trat sanft gegen den Klub nach.

„Wissen Sie, wie oft ich von Bayernmitgliedern die Frage gehört habe, warum es keine Standing Ovations, keine Blasmusik, kein Abschiedsgeschenk, kein Essen, keine Geste gegeben habe? Meine Reaktion darauf: die Antwort kann nur der Verein geben“, so der 82-Jährige.

„Tief getroffen haben mich menschliche Enttäuschungen. Ich habe von mir aus die Vereinsarzttätigkeit beendet. Der Verein war lange Jahrzehnte Teil meines Lebens. Ich habe mich mit dem Verein identifiziert und das ‚Mia san Mia' verinnerlicht. Durch mein Tun fühle ich mich als Teil der Geschichte, des Aufbaus und des Erfolgs des FC Bayern. Die Geschichte ist geschrieben.“