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Goretzkas Märchen beim FC Bayern scheint auserzählt

Goretzkas Märchen scheint auserzählt

Mehrmals wurde Leon Goretzka abgeschrieben, immer wieder kämpfte er sich zurück. Doch ob es ab kommenden Sommer für einen neuen Vertrag beim FC Bayern reicht, ist fraglicher denn je.
Nachdem Aleksandar Pavlovic immer wieder den Vorzug vor Leon Goretzka im Mittelfeld erhielt, äußert sich FCB-Sportdirektor Christoph Freund zu der Zukunft des 30-Jährigen.
Mehrmals wurde Leon Goretzka abgeschrieben, immer wieder kämpfte er sich zurück. Doch ob es ab kommenden Sommer für einen neuen Vertrag beim FC Bayern reicht, ist fraglicher denn je.

Vincent Kompany bewies am Samstagnachmittag beim Spiel in Stuttgart ein goldenes Händchen. Nach einer Stunde wechselte der Bayern-Trainer gleich dreifach. Neben Raphael Guerreiro und Nicolas Jackson musste auch Leon Goretzka den Platz vorzeitig verlassen. In der Folge legten die Münchner den Turbo ein. Sie schraubten das Ergebnis in den restlichen 30 Minuten von 1:0 auf 5:0.

Im Nachgang wurde dem Trainer ein genialer Taktik-Kniff nachgesagt, doch zur Wahrheit gehört auch: Gerade dieses Trio auszuwechseln, lag auf der Hand. Alle drei Bayern-Stars hatten nicht ihren besten Tag erwischt. Dass es danach so deutlich besser lief, wird vor allem für Goretzka zum Problem.

Warum es für Goretzka eng wird

Aleksandar Pavlovic konnte an Goretzkas Stelle rundum überzeugen – und das, obwohl der im Spiel davor bei Union Berlin angeschlagen vom Platz musste. Auffällig: Während Goretzka gegen den VfB in 60 Minuten auf lediglich 27 Ballkontakte kam, schaffte es Pavlovic in der Hälfte der Zeit auf 48 – ein Statement des Youngsters, das nachhallen dürfte. Und ein weiterer Beleg dafür, dass es für Goretzka eng wird.

Schon in den vergangenen Monaten wurde deutlich, dass Kompany in Topspielen wie gegen Chelsea, Dortmund, PSG und Arsenal lieber auf die teaminterne Konkurrenz statt auf den Nationalspieler setzt. Für ihn eine gefährliche Situation, schließlich läuft sein gut dotierter Vertrag im kommenden Sommer aus. Für einen neuen braucht er also Argumente.

Als SPORT1 am vergangenen Freitag Christoph Freund nach den Planungen des Vereins im Fall Goretzka fragte, wich der Sportdirektor gekonnt aus, ließ sich nicht in die Karten schauen und betonte vor allem die vermeintlichen Stärken des Mittelfeldspielers: „Er ist auch eine wichtige Persönlichkeit in unserer Mannschaft. Er hat der Mannschaft immer geholfen und ist wichtig für das Team“, lobte Freund und sagte weiter: „Er ist ein wichtiger Part für unsere Mannschaft, wenn er auf dem Platz steht.“ Aber gerade letzterer Punkt darf mittlerweile bezweifelt werden – vor allem in Duellen mit Top-Teams.

Das liegt zum Teil auch daran, dass das Gesamtpaket, das Goretzka bietet, nicht zu hundert Prozent in das Anforderungsprofil des Trainers passt. Ein „Box-to-Box-Spieler“ wird nicht immer unbedingt benötigt.

Kompany setzt auf Vertrauen

Immerhin kann sich der Nationalspieler darauf verlassen, dass er - anders als unter Thomas Tuchel - vom Trainer keinen öffentlichen Druck befürchten muss. Vor den Mikros ist Kompany immer loyal gegenüber seinen Spielern.

„Es geht einfach darum, dass ich den Jungs vertraue - egal wer im Mittelfeld spielt. Ich habe keine Probleme und ich mag diese Konkurrenzsituation“, sagte der Bayern-Coach am Montag auf Nachfrage von SPORT1. Manchmal falle seine Entscheidung zwischen Goretzka und Pavlovic aufgrund der aktuellen Form, manchmal aufgrund der Stärke des Gegners.

Fakt ist: In der Führungsriege des FCB wartet man vorerst weiter ab, was Goretzka in den anstehenden Verhandlungen zu bieten hat – zum Beispiel einen deutlichen Gehaltsverzicht, aber auch ansprechende Leistungen.

Apropos Gehalt: Angesichts von rund 17 Millionen Euro, die der 30-Jährige in München verdient, müsste die Kürzung vermutlich sogar mehr als deutlich ausfallen, damit sich der Deal für die Bayern-Bosse wirklich rechnet.

Sportvorstand Max Eberl kündigte zuletzt an, bei Verlängerungen an „gewissen Punkten“ über Einsparungen zu reden: „Das hängt auch vom Alter, dem Kader und einer veränderten Gehaltsstruktur ab. Das können die Spieler annehmen oder wie im Fall Leroy Sané auch mal nicht annehmen. Dann geht man sauber auseinander.“

Die Probleme werden mehr

Derweil steht mit Tom Bischof bereits ein hoffnungsvoller Nachfolger für Goretzka im Kader, der zwar derzeit als Linksverteidiger auftritt, aber bereits unterstrichen hat, dass er eigentlich auf den Platz neben Kimmich im Mittelfeld schielt.

Der aus Hoffenheim an die Isar gewechselte Youngster bezieht Schätzungen zufolge ein Gehalt im mittleren einstelligen Millionenbereich – so weit wird sich Goretzka angesichts möglicher Angebote aus der Türkei wohl kaum nach unten bewegen. Leistung, Geld, Konkurrenz – für ihn werden es aktuell immer mehr Probleme. Seine Geschichte beim FC Bayern scheint im Sommer auserzählt.

Immerhin kann sich Goretzka auf seine mentale Stärke und seinen Willen verlassen. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass er um den positiven Fortgang seiner Karriere kämpfen muss.

Bereits unter dem damaligen Bayern-Trainer Julian Nagelsmann musste er sich immer wieder hinter Marcel Sabitzer anstellen. Es folgten schwierige Phasen unter Thomas Tuchel und Kompany - und trotzdem schaffte es Goretzka immer wieder zurück und sogar erneut in den Kreis der Nationalmannschaft.

Zeigt er es den Zweiflern auch diesmal? Die Herausforderung ist in jedem Fall größer denn je.