Wenn am Mittwochabend der BVB im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Barcelona antreten muss (ab 21 Uhr im LIVETICKER), treffen zwei Trainer aufeinander, die sich nur allzu gut kennen: Barca-Trainer Hansi Flick und Dortmunds Coach Niko Kovac.
Die brisante Geschichte zwischen Flick und Kovac, die nur einen Sieger kannte
Ein Duell mit Vorgeschichte
Ein Duell mit einer gewissen Brisanz, die in der Historie begründet liegt. Doch dieses Feuer rührt nicht von früheren Partien gegeneinander her - vielmehr verbindet die beiden eine Geschichte gemeinsamer Zusammenarbeit. Und das ausgerechnet in München, der Stadt, in der in dieser Saison das Finale stattfindet.
Flick wird Kovac zur Seite gestellt
Rückblick: Sommer 2019, Niko Kovac hat in seiner Premieren-Saison mit dem FC Bayern das Double geholt. Der Kroate sitzt trotzdem nicht fest im Sattel. Bereits vor dem Pokalfinale hatte ein Bericht von spox für Aufsehen gesorgt, wonach die Münchner Bosse sich auch im Falle eines Pokalsieges von Kovac trennen würden.
Der Bericht bewahrheitet sich nicht, doch trotzdem ist klar: Der Trainer steht unter Beobachtung – auch weil unter ihm die spielerische Souveränität des Rekordmeisters gelitten hat.
Die damaligen Klub-Strategen um Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge stellen ihrem Coach einen erfahrenen Co-Trainer zur Seite: Hansi Flick. Jener Mann, der unter Bundestrainer Joachim Löw das Sinnbild eines loyalen, aber durchaus selbstbewussten Assistenten hatte. Böse Zungen behaupten damals, Flick solle Kovac „bewachen“ – so wie es einst Willy Sagnol an der Seite von Carlo Ancelotti tun sollte.
Flick macht hellhörig
Entsprechend hellhörig ist die Münchner Medienlandschaft. Auffällig: Bereits im Trainingslager am Tegernsee drehen sich viele Fragen um Flick. Welchen Einfluss hat er? Wie geht er mit den Spielern um? Wie groß ist sein Anspruch als nominelle Nummer zwei im Trainerteam an der Säbener Straße?
Flick, das dürfte ihm damals selbst wohl noch nicht klar gewesen sein, wird schnell in noch größere Verantwortung gedrängt. Im Herbst 2019 verstrickt sich Kovac immer wieder in öffentliche Diskussionen – und er macht Fehler.
Erst handelt er sich im Werben des FCB um Leroy Sané einen Rüffel aus Manchester ein und entschuldigt sich später. Es folgte die fast legendäre Aussage über Thomas Müller. „Wenn Not am Mann“ sei, werde das bayerische Urgestein wieder eine Rolle spielen. Auch dafür bittet der Kroate später um Verzeihung. Schlechte Voraussetzungen, um Stärke zu demonstrieren.
Obendrein attackiert Müllers Ehefrau Lisa den Trainer via Instagram öffentlich und in München geht wieder ein Maulwurf um. Es ist die Zeit, in der Ex-Profi Dietmar Hamann bei Sky feststellt: „Es ist eine gefährliche Situation für den Trainer. Er wird demontiert!“
Flick tröstet Martínez
Und Flick? Der sorgt Anfang Oktober 2019 für eine Szene, die noch lange im kollektiven Gedächtnis der Bayern-Fans bleiben wird, als er den zum Bankdrücker degradierten Javi Martínez vor allen Kameras in der Allianz Arena tröstet. Der Spanier verdrückt auf offener Bühne bittere Tränen. Bei vielen Anhängern reift damals der Gedanke, dass der Co vielleicht der bessere Cheftrainer wäre …
Und tatsächlich: Als Kovac vier Wochen später gehen muss, wird Flick zum neuen Boss. Er räumt gleich auf seiner ersten Pressekonferenz auf und macht klare Ansagen: „Ich möchte nun wirklich, dass die Mannschaft Initiative ergreift, nach vorne angreift, die Qualitäten mit Ball zeigt und den Ball erobern will.“
Es ist eine kleine Abrechnung mit dem eher defensiven Ansatz à la Kovac. Den Kroaten verteidigt er zwar gegen Kritik und will nicht nachtreten, aber Flick sagt auch: „Ich gehe meinen eigenen Weg!“
Der Rest ist bekannt: Flick krempelt das Team um, gibt den Bayern über den Jahreswechsel 2019/20 neuen Schwung und erhält kurz vor dem Corona-Lockdown einen dauerhaften Vertrag. Er krönt die Saison mit dem Triple, auf das weitere Titel folgen. Damit tut er auch dem Ex-Trainer einen Gefallen. Kovac steht schließlich noch lange auf der Gehaltsliste der Münchner und kassiert Prämien, ehe er im Juli 2020 Trainer in Monaco wird.
Kovac und Flick betonen gutes Verhältnis
Heute ist das Verhältnis der beiden übrigens entspannt. „Ich schätze Niko sehr, er ist ein fantastischer Mensch und ein großer Trainer. Deswegen freue ich mich auch auf das Wiedersehen mit ihm“, sagte Flick bei der offiziellen Pressekonferenz des FC Barcelona vor dem Spiel gegen den BVB.
Kovac indes fühlte sich nie hintergangen und machte Flick nie Vorwürfe. „Ich freue mich, Hansi zu sehen“, sagte Dortmunds Coach nach dem Einzug ins Viertelfinale und fügte an: „Wir haben immer wieder Austausch. Nicht nur an Geburtstagen, sondern auch so. Man freut sich, wenn der andere erfolgreich ist.“
Mit großen Überraschungen rechnet Kovac indes nicht, wie er auf der Pressekonferenz am Tag vor dem Hinspiel erkläre: „Wir kennen und wir schätzen uns. Ich weiß, wie er seinen Fußball sieht. Er weiß, wie ich meinen Fußball sehe.“
Für den Kroaten sei klar gewesen, dass Flick zum FC Barcelona passe. „Sie haben gesehen, dass er in München und der Nationalmannschaft einen aggressiven Fußball nach vorne hat spielen lassen. Technisch stark, das zeichnet ihn aus. Er will Tore erzielen und viele Chancen mit seiner Mannschaft kreieren“, analysierte Kovac.
Kuriose Verbindung zwischen Kovac und Flick
Die Verbindung der beiden Trainer kommt nicht von ungefähr, schließlich war da nicht nur die kurze gemeinsame Zeit bei Bayern, sondern Flick war auch Assistent in Salzburg, als Kovac dort spiele.
Zudem macht eine weitere Kuriosität die Partien zwischen Barca und dem BVB zu etwas Besonderem: Kovacs aktueller Co-Trainer, Filip Tapalović, ist der Bruder von Flicks Torwarttrainer Toni Tapalović.
Es klingt nach viel Harmonie, doch in den anstehenden Partien werden all die Sympathien mit Sicherheit ruhen.