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Pyro-Show der Bayern-Fans: Eine Machtdemonstration der Südkurve

Eine Machtdemonstration der Südkurve

Nach der riesigen Pyro-Show der Bayern-Fans gegen Sporting ist die Wut bei den Klub-Bossen groß. Doch sie sind auch abhängig von den eigenen Anhängern.
Die Pyroshow der Bayern-Fans wird Konsequenzen haben. Dementsprechend sauer sind die Bayern-Bosse.
Nach der riesigen Pyro-Show der Bayern-Fans gegen Sporting ist die Wut bei den Klub-Bossen groß. Doch sie sind auch abhängig von den eigenen Anhängern.

Der Rauch der bengalischen Feuer in der Südkurve ist schnell verraucht, die Wut der bayerischen Führungsriege ist es noch lange nicht. Dass die aktive Fanszene – obwohl sie unter Beobachtung der UEFA stand – gegen Sporting für eine wahre Pyro-Show sorgte, macht nicht nur Jan-Christian Dreesen sauer.

„Das finde ich naturgemäß nicht gut. […] Es ist einfach nicht zu akzeptieren", wetterte der CEO nach dem Spiel. Schließlich ist ein Teilausschluss der Fans nun nicht mehr abzuwenden, mit einer weiteren empfindlichen Geldstrafe durch die UEFA ist zu rechnen.

Das Problem der Bosse: Sie sind auf die Ultras durchaus angewiesen – die Südkurve ist ein echter Machtfaktor.

Zwar haben die Väter des modernen FC Bayern bei der Gründung der Aktiengesellschaft im Winter 2021 durch entsprechende Statuten dafür gesorgt, dass die Fans nicht zu viel Einfluss auf die wichtigsten Gremien gewinnen können, doch abseits der Hinterzimmer haben die Anhänger diverse Möglichkeiten, die Vereinspolitik mitzubestimmen.

Hoeneß: „Gute Nacht, deutscher Fußball“

Erst vor rund einer Woche polterte Uli Hoeneß: „Wenn wir uns diesem Diktat, das aus bestimmten Kreisen kommt, auf die Dauer beugen, dann gute Nacht, deutscher Fußball.“ Doch selbst der Klub-Patron ist sich dessen bewusst, dass die Fans durchaus mächtige Mittel in ihren Händen halten, die sie gerne und oft nutzen – und damit Erfolg haben.

Die Liste der Punkte, in denen sich die Südkurve durchsetzen konnte, ist lang: Das Sponsoring durch Katar ist mittlerweile Geschichte, eine Rückkehr von Jérôme Boateng an die Säbener Straße ist vom Tisch, der Verein spielt in rot-weißen Trikots.

Es sind viele Entwicklungen, die ohne die lautstarken und kreativen Aktionen der aktiven Fans vermutlich nicht zustande gekommen wären. Entsprechend selbstbewusst tritt man auf.

Ein Geschenk der Südkurve an den FC Bayern

Bei allem Ärger über die Südkurve gehört auch zur Wahrheit: In vielen Momenten sonnen sich der Verein und seine Bosse im Ruhm, den ihnen die Anhänger verschaffen. Ohne sie gäbe es keine Kurt-Landauer-Stiftung und keine Franz-Beckenbauer-Statue vor der Arena.

Und: Seit dem 125. Geburtstag des Klubs spielt man vor Heimspielen die neue Hymne „Immer vorwärts FC Bayern“ – die war explizit ein Geschenk der Südkurve an den Verein. Kein Wunder also, dass selbst Hoeneß jüngst zugab, dass er die Ultras liebe – vor allem wegen der teils spektakulären Choreos.

Bayern-Boss Dreesen fühlt sich hintergangen

Dass sich durch die Pyro-Aktion gegen Sporting vor allem Dreesen hintergangen fühlt, liegt auf der Hand. Er ist einer der Bosse, die eigentlich ein besonders gutes Verhältnis zu den aktiven Anhängern pflegen.

Während sich sein direkter Vorgänger Oliver Kahn nicht für deren Belange interessierte, suchte Dreesen bereits zu seiner Zeit als Finanzvorstand den Schulterschluss.

Das Ergebnis: Harte Attacken auf ihn gab es nicht. Im Streit um das Sponsoring aus Katar war es vor allem Präsident Herbert Hainer, der sich harsche Kritik gefallen lassen musste.

Umso erstaunlicher ist es, dass die Bayern-Fans am Dienstagabend in dieser Weise zündelten – schließlich wussten sie ganz genau, dass der Verein unter Bewährung stand.

Machtfaktor Südkurve

Hinter den Kulissen bewerten die Verantwortlichen die Aktion durchaus als eine Art Machtdemonstration. Die Botschaft wird folgendermaßen verstanden: Wir lassen uns nicht einhegen und von unseren Prinzipien abbringen.

Zu denen gehört nun mal auch das Abbrennen von Pyrotechnik. Die aktiven Bayern-Fans sehen sich selbst in der Tradition italienischer Ultra-Gruppen, die bereits vor Jahrzehnten Bengalos & Co. in die Stadien brachten. Das Spiel mit dem Feuer gehört zur Identität der Südkurve – selbst wenn die Fans gar nicht im Stadion sind.

Anfang April 2023 mussten die Bayern schon einmal ohne Unterstützung in der Champions League auskommen. Zum Viertelfinale beim FC Arsenal waren keine bayerischen Fans zugelassen.

Der Grund: Fortwährende Verstöße gegen das Pyro-Verbot. Einen Teil der Anhänger ließ das kalt. Sie platzierten sich einfach neben dem Emirates Stadium und schossen Raketen in den Londoner Nachthimmel.

Verhältnis zwischen FC Bayern und Fans nachhaltig gestört?

Ob das Verhältnis zwischen Fans und Verein durch die feurige Aktion vom Dienstag nachhaltig gestört wird, ist noch offen. Stand jetzt sind die Bosse stinksauer.

Ob sie angesichts der Macht der Ultras die offene Konfrontation suchen, darf jedoch bezweifelt werden. Dafür ist die Südkurve ein zu wichtiger Faktor beim FC Bayern.