Christian Heidel hat Wort gehalten: Der Sportvorstand des FSV Mainz 05 hatte zuletzt betont, bewusst einen ganz anderen Trainertyp zu suchen als den quirligen Bo Henriksen. Das ist ihm definitiv gelungen.
Unter ihm weht schon jetzt ein neuer Wind
Unter ihm weht schon ein neuer Wind
Urs Fischer hat in dieser Woche die Amtsgeschäfte des entlassenen Bo Henriksen übernommen - und es weht bereits spürbar ein anderer Wind. Aber wofür will der ehemalige Coach von Union Berlin bei Mainz stehen? Und wie will er das verunsicherte Team anpacken vor einer knackigen Debütwoche, in der es heute Abend in der Conference League bei Lech Posen (21 Uhr LIVETICKER) losgeht, ehe am Sonntag ausgerechnet der FC Bayern München Fischers Team empfängt?
Mainz 05: Urs Fischer setzt neuen Ton
„Ein Vulkan bin ich nicht“, erklärte der Neue in der Pressekonferenz zu seiner Vorstellung. Die war von einer Ruhe getragen, wie man sie zuletzt selten erlebt hatte. Was nicht bedeutet, dass es Fischer an Lebendigkeit mangelt.
Im Gegenteil wirkt er bei einigen Antworten sogar verschmitzt, vor allem aber ist sein Auftritt getragen von einer Mischung aus Freude an und Respekt vor der neuen Aufgabe.
Den Ernst der Lage weiß der Schweizer, der an seiner letzten Station in Berlin ganz ähnliche Situationen erlebt hat, durchaus einzuschätzen. Wie offen er auch darüber spricht, ist aus Mainzer Sicht wohltuend: Der Klub kenne solche Situationen, das sei schon ein Vorteil, zugleich aber keine Garantie dafür, dass es auch diesmal reicht. Die Aufgabe, es zu versuchen, nimmt er an.
Mit Fischer kehrt ein pragmatischer Ansatz in die Landeshauptstadt zurück. Sich selbst beschreibt der Coach als authentisch, und so ist auch seine Wirkung. Für Träume und Kurvenflitzereien ist jetzt nicht die Zeit, und ohnehin ist er nicht der Typ dafür. Seine Bodenständigkeit ist in der aktuellen Lage genau richtig.
„Jungs, denkt von Spiel zu Spiel“
Deutlich wird, dass der neue Trainer das sichtbar verunsicherte Team nicht überfrachten möchte. Geht es um Prinzipien und was man den Spielern als Coach mitgeben will, sei er zunächst sehr behutsam, erklärte der erhoffte Retter: kleine Schritte, aus denen sich große ergeben. „Jungs, denkt von Spiel zu Spiel“, laute die Lösung. Und ja, gesteht der Schweizer ein, der Satz gelte gemeinhin als Phrase. Doch deswegen sei er nicht weniger wahr.
Es ist ein Ansatz, der vom letzten Tabellenplatz aus durchaus funktionieren kann: Schauen, was da ist, wer sich wie einbringen kann, und behutsam Kleinigkeiten verändern. Denn die Verunsicherung dieser Mannschaft war zuletzt greifbar. Aber es gibt eben auch die Ahnung, dass diese mit etwas Geduld aus den Köpfen zu bekommen ist.
Das Spiel unter Interimscoach Benjamin Hoffmann begann mit einer erkennbar verbesserten Haltung, die jedoch beim kleinsten Widerstand zerbröselte. An die positiven Signale können Fischer und sein Trainerteam anknüpfen, Mut geben, zarte Impulse setzen.
Immerhin steht, abgesehen vom abgewanderten Jonathan Burkardt und einigen verletzten Spielern, ein Team auf dem Feld, das in der Vorsaison noch fulminant auf Rang 6 gestürmt ist. Daran erinnerte auch der Coach in seiner ersten Pressekonferenz.
Keine taktische Revolution
Allzu große Veränderungen in der Spieltaktik möchte Fischer, der Benedict Hollerbach und Lennard Maloney aus der gemeinsamen Zeit in Berlin kennt, zunächst nicht vornehmen.
Es sei von ihm keine Umstellung auf die Viererkette zu erwarten: Um derartige Veränderungen durchzubringen, brauche es eine gemeinsame Vorbereitung. Fischer weiß, dass sein Spielstil nicht unbedingt mit Attraktivität verbunden wird. Damit kann er aber leben, betont er und fragt, ob denn ein langer Ball nicht attraktiv sein könne?
Kompaktheit, gemeinsames Verschieben, Organisation auf dem Platz. Die so genannten Basics. Getragen von den erfahrenen Spielern, gespickt mit individueller Klasse und dem einen oder anderen Nachwuchskicker, den man beizeiten ins kalte Wasser wirft. Das ist kein revolutionäres Konzept. Aber eines, das aufgehen kann in Mainz.