Am 6. April 1984 standen Hermann Gerland und Michael "Ata" Lameck das letzte Mal zusammen in einem Pflichtspiel für den VfL Bochum auf dem Platz. Am Ende gab es ein 1:1 zu Hause gegen den Hamburger SV.
"... dann kann man Bayern schlagen"
Insgesamt spielten die beiden Legenden knapp 800 Mal für die Bochumer. Gerland beendete 1984 beim VfL seine aktive Karriere, Lameck blieb noch drei weitere Jahre.
Vor dem DFB-Pokal-Duell der Bochumer mit dem FC Bayern (Di. ab 18 Uhr LIVE im TV bei SPORT1 und im Stream) hat SPORT1 die beiden wieder zusammengeführt.
Für Gerland ist es auch deshalb ein besonderes Spiel, weil er zwischen 2001 und 2018 als Trainer der zweiten Mannschaft und Co-Trainer der Profis lange Jahre in München gearbeitet hat.
Im Interview sprechen Gerland und Lameck über ihre gemeinsame Bochumer Zeit und die Spiele gegen den FC Bayern.
Lameck: "Wir waren natürlich nicht die besten Techniker"
SPORT1: Bochum gegen Bayern. Was haben Sie nach der Auslosung als erstes gedacht?
Hermann Gerland: Als erstes habe ich gedacht: Der VfL bekommt eine gute Einnahme, als zweites habe ich gedacht: Es wird schwierig für den VfL weiterzukommen.
Ata Lameck: Ich habe mich natürlich gefreut, weil wir mal wieder ein ausverkauftes Haus haben und gegen einen der besten Vereine in Deutschland spielen.
SPORT1: Wenn man mal zurückdenkt, was waren Hermann Gerland und Ata Lameck früher für Spielertypen?
Lameck: Hermann Gerland war immer da, war immer präsent, hat immer alles gegeben. Hermann und ich, wir waren natürlich nicht die besten Techniker, aber wir haben 90 Minuten gefightet, und das wollte das Publikum in Bochum sehen.
Gerland: Ata war der wesentlich bessere Fußballer, er war nie verletzt, und er war im Grunde genommen der Super-Spieler der 70er- und 80er-Jahre beim VfL.
SPORT1: Ata Lameck hat in 518 Spielen 38 Tore gemacht - wie hat er die denn gemacht?
Gerland: Das weiß er selbst auch nicht.
Lameck: (lacht) Ich bin ehrlich, es waren auch ein paar Elfmeter dabei.
"... aber dann schlug Gerd Müller wieder zu"
SPORT1: Wie war das damals, gegen die Bayern zu spielen?
Gerland: Die Bayern waren damals auch nicht schlechter, wenn man sich mal die Achse anschaut mit Maier, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Müller, Hoeneß, Rummenigge. Das waren überragende Fußballer und es war immer unglaublich schwierig, gegen sie zu gewinnen. Wir haben es sehr häufig versucht, wir haben immer alles gegeben, wir hatten sie auch häufiger Mal am Rande einer Niederlage, aber dann schlug Gerd Müller wieder zu und wir haben trotzdem verloren. Dennoch war es damals leichter, weil wir eine bessere Mannschaft hatten. Der VfL spielte damals in der ersten Liga, heute ja leider in der zweiten.
SPORT1: Welche Gedanken hat man sich damals vor einem Spiel gegen die Bayern gemacht?
Lameck: Man musste sich keine Gedanken machen, die Motivation war bei allen Spielern da. Die ganze Mannschaft kam damals aus dem Ruhrpott, dadurch hatten wir natürlich einen großen Kampfgeist. Und wir haben auch zu meiner Zeit ein paar Mal gegen den FC Bayern gewonnen als sogenannter kleiner VfL Bochum.
Gerland: "... dann kann man die Bayern auch schlagen"
SPORT1: Welche Spiele gegen die Bayern sind Ihnen in Erinnerung geblieben?
Gerland: Wir haben einmal 2:0 gegen die Bayern gewonnen mit Werner Scholz im Tor, da weiß ich noch, dass ich fünf Minuten vor Schluss die Null gezeigt habe. Das konnte schon mal passieren, aber da musste bei uns wirklich alles passen und Bayern war an dem Tag nicht in Topform.
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Lameck: Ich hatte ja damals einen jungen Spieler in meinem Team, Stefan Kuntz, der hat damals drei Tore in einem Spiel gegen die Bayern gemacht. Da kann ich mich noch gut dran erinnern.
SPORT1: Einstellung ist ein ganz wichtiger Faktor in so einem Spiel - aber kann sie auch zum entscheidenden Faktor werden?
Gerland: Die richtige Einstellung ist eine Grundvoraussetzung. Wenn man Spiele gewinnen möchte, muss man eine top Einstellung mitbringen. Ich bin davon überzeugt, dass der VfL im Aufeinandertreffen mit den Bayern im Pokal eine hundertprozentige Einstellung haben wird. Aber: Einstellung muss gepaart sein mit enormer Qualität, und dann muss der FC Bayern einen ganz, ganz schlechten Tag erwischen. Dann kann man die Bayern auch schlagen. Der FC Bayern ist der haushohe Favorit, aber es gibt immer wieder Mannschaften aus der zweiten Liga, die einen Erstligisten im Pokal schlagen. Das ist möglich, auch für den VfL.
Gerland: Ata war schlau - "im Gegensatz zu mir"
SPORT1: Hermann Gerland, sie haben zwischen 1972 und 1984 nur 204 Spiele gemacht. Warum so wenige?
Gerland: Das kann ich Ihnen genau erklären: Der Ata hat immer, wenn es brenzlig wurde, gesagt: "Hermann, geh du nach vorne, ich passe hinten auf." Dann bin ich immer in die Zweikämpfe reingeflogen und habe mich häufiger verletzt. Ata stand immer hinten und hat eher mit Auge gespielt, hatte als langsamer Spieler auch das Glück, weniger mit Muskelverletzungen zu tun zu haben. Ich hatte häufiger muskuläre Probleme.
SPORT1: Ata Lameck hat mal von sich selbst gesagt: Er wusste immer, was der Gegner vorhatte, und war deshalb schon da, bevor dieser wusste, was er eigentlich vorhatte.
Gerland: Das stimmt, er war ein schlauer Spieler, im Gegensatz zu mir.
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SPORT1: Was war Hermann Gerland für ein Spieler?
Lameck: Hermann Gerland war auf jeden Fall ein Kämpfer, der über 90 oder auch 120 Minuten immer alles gegeben hat. Man kam sehr schlecht an ihm vorbei. Er hat einige Hochkaräter aus der Bundesliga kaltgestellt. Er hatte dann eben leider Probleme mit seinem Körper und musste deshalb auch früher aufhören.
SPORT1: Wenn Sie sich einen Spieler vom FC Bayern aussuchen könnten, welcher wäre das?
Lameck: Arjen Robben, aber der ist ja leider in Rente gegangen.