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Eintracht: Chandler vor Pokalfinale gegen RB - "Sind Sie nur noch eine Art Maskottchen?

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Eintracht: Chandler vor Pokalfinale gegen RB - "Sind Sie nur noch eine Art Maskottchen?

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Chandler: „Es trifft Tradition auf RB“

Timothy Chandler steht erneut mit Eintracht Frankfurt im Pokal-Finale. Mit SPORT1 spricht das Urgestein über RB Leipzig, die Fans, seine Rolle - und das Aus von Trainer Oliver Glasner.
Marco Rose spitzt bei einer Frage für Oliver Glasner zur taktischen Ausrichtung von Eintracht Frankfurt die Ohren.
cmichel
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Timothy Chandler kehrte 2014 zu Eintracht Frankfurt zurück. Seitdem hat sich aus einem Abstiegskandidaten ein Titelhamster entwickelt. Der 33-Jährige nahm sich für SPORT1 Zeit und ordnete vor dem Pokalfinale gegen RB Leipzig (Samstag, 20 Uhr) die wichtigsten Themen ein.

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SPORT1: Timothy Chandler, Sie stehen mit der Eintracht erneut in einem Endspiel um einen Titel. Wird das irgendwann zur Routine?

Timothy Chandler: Endspiele werden keine Routine für uns. Es ist unglaublich, welchen Weg wir bei Eintracht Frankfurt gegangen sind. Jetzt haben wir seit 2017 schon das vierte Finale. Aber es spricht für die Entwicklung des Vereins, die er seit der Relegation 2016 gegen Nürnberg genommen hat. Deshalb bin ich stolz darauf, Teil dieses Klubs zu sein.

SPORT1: Aus dem Kader, der 2018 den DFB-Pokal gegen den FC Bayern München gewonnen hat, sind nur noch Sie, Makoto Hasebe und Daichi Kamada dabei. Sind Sie in diesen Tagen der Ansprechpartner schlechthin in der Kabine?

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Chandler: Wir unterhalten uns darüber, wie es 2017 und 2018 in Berlin gewesen ist. Die Jungs sollen sich einfach auf die Atmosphäre im Finale freuen. Auch mit unseren Fans im Stadion, mit dieser Kurve im Rücken - es wird einfach unglaublich.

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SPORT1: 2018 haben Sie das Finale verletzungsbedingt verpasst. Konnten Sie die Atmosphäre dennoch aufsagen?

Chandler: Ich war vor fünf Jahren trotz Verletzung komplett mit dabei. Wir sind damals am Donnerstag angereist und vor dem Spiel durch Berlin gelaufen. Wir haben dort so viele Fans mit ihren Fahnen, Trikots und glücklichen Gesichter gesehen. Die Stadt war voll mit Frankfurtern. Das war ein unbeschreibliches Erlebnis.

„Wir haben regelmäßig gezeigt, dass wir K.o.-Spiele können“

SPORT1: Helfen diese Erfahrungen, die Sie in Endspielen gesammelt haben? Das Europa-League-Finale gegen die Glasgow Rangers liegt schließlich erst ein Jahr zurück.

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Chandler: Diese Erfahrungen helfen uns natürlich. Wir haben regelmäßig gezeigt, dass wir K.o.-Spiele können. Uns ist bewusst, worum es in einem Endspiel geht. Es geht darum, den Pokal am Ende hochzustemmen. Das wollen wir packen. Wir haben keine Lust darauf, dem Gegner dabei zuzuschauen.

SPORT1: Mit RB Leipzig wartet allerdings ein schwieriger Gegner. Und ein brisantes Duell. Das Modell Leipzig wird vor allem von Fanszenen wie der Eintracht sehr kritisch gesehen. Spüren Sie eine besondere Verantwortung in diesem Endspiel?

Chandler: Es trifft Tradition von fast 125 Jahren auf RB. Da spüren wir von außen tatsächlich eine gewisse Erwartungshaltung. Wir wollen alles reinhauen und den Fans den Pokal schenken. Uns ist bewusst, dass es für unsere Anhänger auch von der Konstellation her ein ganz wichtiges Spiel ist.

Timothy Chandler schwärmt im exklusiven SPORT1 Interview von den Anhängern der Eintracht.
01:33
Eintracht Frankfurt: Timothy Chandler über die Fans vor dem DFB-Pokalfinale

SPORT1: Wer über Eintracht spricht, der kommt an den Fans nicht vorbei. In Berlin werden wieder rund 50.000 Anhänger erwartet. Ist der Wert der Anhängerschaft überhaupt messbar auf einer Emotionsskala von 1 bis 10?

Chandler: 15! 15! (lacht). Ich habe die Bilder vor den Fanshops im Internet gesehen. Es ist unfassbar, was dort los war, nachdem der Verkauf für unser Sondertrikot gestartet ist. Das zeigt, was Eintracht Frankfurt mit der Stadt und den Menschen macht. Es freut uns sehr, wenn wir dabei helfen können, dass die Leute einfach glücklich sind. Schon seit Wochen wird überall über das Finale gesprochen. Dabei ist es völlig egal, ob ich meine Tochter in den Kindergarten bringe oder einen Kaffee trinken gehe. Die Leute sprechen vom Endspiel - unabhängig davon, ob jemand 14 oder 85 Jahre alt ist. Das ist schön zu sehen.

„Für mich ist das Wichtigste, dass ich mit mir selbst im Reinen bin“

SPORT1: Kommen wir auf Ihre Saison zu sprechen. Sie kamen nur auf acht Einsätze, wurden stets nur eingewechselt. Wie groß ist die Unzufriedenheit darüber?

Chandler: Natürlich bin ich kurz unzufrieden, wenn ich nicht zum Einsatz komme. Aber für mich ist das Wichtigste, dass ich mit mir selbst im Reinen bin. Ich muss sagen können, dass ich jede Woche alles im Training gebe, topfit und einsatzbereit bin. Trainerentscheidungen kann ich nicht ändern. Ich konzentriere mich deshalb auf mich selbst, die Mannschaft und den Verein. Alles andere liegt nicht in meiner Hand.

SPORT1: Bei den Fans fällt das Urteil gespalten aus. Die eine Seite sagt, dass ein Chandler in der schwierigen Situation gutgetan hätte. Der andere Teil spricht von einer Art Maskottchen, der nur noch für die Kabinen-Stimmung da sei. Wo liegt die Wahrheit?

Chandler: Wenn ich auf dem Platz stehe, dann gebe ich immer alles, egal wie viele Minuten noch zu spielen sind. Ich habe auch dann, wenn es sportlich nicht so gut lief, immer alles rausgehauen, was in mir steckt. In der Kabine bin ich zu einhundert Prozent dabei. Ich will, dass die Jungs glücklich sind, und Freude an ihrem Beruf haben. Ich bin ein Mensch, der gerne Spaß hat, wir leben schließlich nur einmal. Den Beruf, den wir haben, sollten wir deshalb genießen. Eine gute Stimmung in der Kabine ist mir daher immer wichtig. Dafür werde ich immer sorgen, auch wenn mich Leute dann als Kabinen-Maskottchen bezeichnen. Aber ich habe nicht enttäuscht, wenn ich auf dem Platz stand.

Im exklusiven SPORT1 Interview spricht Timothy Chandler über seine Situation unter Oliver Glasner und seine Zukunft bei den Adlern.
02:13
Eintracht Frankfurt: Timothy Chandler exklusiv über seine Zukunft bei den Adlern

„Die Mannschaft weiß meine Qualitäten auch zu schätzen“

SPORT1: Ärgert es Sie sehr, wenn Ihnen der sportliche Ehrgeiz von Außenstehenden abgesprochen wird?

Chandler: Solche Vorwürfe ärgern mich, ja. Sie kommen zum Teil auch von Menschen und Journalisten, die einen schon sehr lange kennen. Das ist schade, weil sie auch beim Training dabei sind und dort sehen, dass ich immer alles gebe. Und wenn ich in den vergangenen Jahren auf dem Platz stand, dann habe ich auch immer alles gegeben und war ab und zu für ein Tor gut. Es ärgert mich, wenn Leute von außen zuschauen und dann so über mich schreiben. Aber ich weiß, was ich kann, und die Mannschaft weiß meine Qualitäten auch zu schätzen. Das zählt am Ende.

SPORT1: Hat Ihnen Oliver Glasner erklärt, warum es auch in der Krise nicht für mehr Einsatzzeiten – trotz langer Dreifachbelastung bis in den März hinein – reichte?

Chandler: Nein, darüber haben wir ehrlicherweise kaum gesprochen. Aber es ist wichtig, dass ich mich damit arrangiere und positiv bleibe.

SPORT1: Sehen Sie den Trainerwechsel daher auch als Chance für sich?

Chandler: Natürlich kann ich mich neu anbieten. Vielleicht sagt aber auch der neue Trainer, dass es mit mir nicht klappt. Aber ich kann die Vorbereitung nutzen und alles reinwerfen. Dann muss ich auf die Entscheidung des Trainers warten. Was dann passiert, kann ich aber nicht ändern.

SPORT1: Sie sind 2014 zur Eintracht zurückgekehrt. In diesen neun Jahren ist aus dem Mittelfeld- ein deutscher Spitzenklub und Europa-League-Sieger geworden. Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?

Chandler: Ich muss mich manchmal kneifen, wenn ich an die Entwicklung denke. Als ich 2014 ankam, ging es vor allem darum, 40 Punkte zu sammeln und nicht abzusteigen. Dann hatten wir die Relegation gegen Nürnberg. Das war ein Knackpunkt für Eintracht Frankfurt! Wären wir da abgestiegen, dann hätten wir möglicherweise große Probleme bekommen. Aber wir haben den Klassenerhalt geschafft und danach ging es stetig bergauf. Zunächst hat es mit guten Leihtransfers begonnen und ist dann nach und nach gewachsen. Die Verantwortlichen haben sehr gute Arbeit geleistet. Dafür kann ich nur großen Respekt zollen. Heute sind wir oben dabei, spielen regelmäßig international und haben Titel gewonnen. Das ist für uns und die Fans unglaublich. Wir wollen das Level halten und dabei unserem Fußball treu bleiben.

SPORT1: Früher wechselten die Top-Spieler der Eintracht nach Hoffenheim oder Wolfsburg, inzwischen klopft die europäische Elite Real Madrid, Juventus Turin oder der FC Bayern München an. Sehen Sie Gründe dafür?

Chandler: Es ist entscheidend, dass sich Spieler bei einem Verein wohlfühlen. Nehmen wir das Beispiel Randal Kolo Muani: Bei ihm hat vor der Saison niemand erwartet, dass er so einschlägt und eine solche Rakete ist. Er fühlt sich in der Kabine, auf dem Platz und in der Stadt sehr wohl. Diese gute Atmosphäre und die Möglichkeit, sich gut weiterzuentwickeln, gibt Spielern einen Kick, völlig befreit Fußball zu spielen. Deswegen schauen dann auch größere Vereine ganz schnell vorbei.

SPORT1: Wie glücklich wären Sie, wenn einer Ihrer Mitspieler im kommenden Jahr weiterhin Randal Kolo Muani heißen würde?

Chandler: Natürlich wären wir sehr glücklich, wenn Randal bei uns bleiben würde. Aber im Fußball kann alles passieren. Wenn Kolo Muani den Verein verlassen würde, könnte das nach dieser überragenden Saison wohl jeder Fan verstehen. Aber er ist eine Waffe für uns und deshalb würde ich mich unheimlich freuen, wenn er bleiben würde.

Timothy Chandler spricht im exklusiven SPORT1 Interview über das Pokalfinale in Berlin, seiner Rolle in der Kabine und seine Zukunft bei Eintracht Frankfurt.
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Eintracht Frankfurt: Timothy Chandler hofft auf Verbleib von Randal Kolo Muani

„Wir werden neue Spieler dazubekommen, aber es bleiben wichtige Säulen“

SPORT1: Dennoch droht in diesem Sommer eine Ära zu enden. Betrachten Sie den drohenden Umbruch mit Sorge?

Chandler: Ich mache mir keine Sorgen. Wir werden neue Spieler dazubekommen, aber es bleiben wichtige Säulen. Makoto Hasebe, Sebastian Rode und Kevin Trapp sind hier. Auch ich werde sicher bei der Eintracht bleiben. Wir müssen dafür sorgen, dass die Mannschaft im Sommer schnell zusammenwächst und sich findet. Danach schauen wir, was möglich ist. In den vergangenen Jahren ist es uns jedenfalls richtig gut gelungen, Abgänge zu kompensieren.

SPORT1: Ihr Vertrag läuft noch bis 2025. Wie konkret sind bereits die Planungen für die Zeit nach der Karriere?

Chandler: Wenn ich mich jeden Sommer so fit fühle, wie ich es jetzt noch tue, dann will ich weiter Fußball spielen. Danach werde ich mein Leben bei Eintracht Frankfurt weiterleben. In welcher Position ist noch offen. Aber ich werde Angestellter des Klubs bleiben - und das hoffentlich noch sehr lange.

SPORT1: Wenn man Ihren Umgang mit Kindern und Jugendlichen nach den Trainingseinheiten so sieht - wäre ein Job als Jugendtrainer spannend?

Chandler: Die Arbeit im NLZ wäre reizvoll, es sollte aber auch eine Beziehung zum Lizenzspielerbereich geben. Dort will ich auch helfen, die Entwicklung voranzutreiben. Aber wir werden sehen, wohin mein Weg bei der Eintracht führt.