Von Thorsten Mesch

Rio de Janeiro/München - Der Riese Manuel Neuer mit seinem Goldenen Handschuh, daneben der Zwerg Lionel Messi mit dem Goldenen Ball.

Der glückliche deutsche Torhüter neben dem traurigen argentinischen Superstar. Es war eins der Bilder des WM-Endspiels von Rio de Janeiro.

Doch während Neuer völlig zu Recht die Wahl des besten Keepers des Turniers gewonnen hatte, wunderten sich viele, warum Messi als bester Spieler ausgezeichnet worden war.

Breitner lobt Bayern-Keeper

"Ich empfinde ich es als eine absolute Farce, dass ein Lionel Messi, der drei, vier oder fünf Szenen hatte in dem ganzen Turnier, zum Spieler des Turniers gewählt wird", ärgerte sich Paul Breitner.

Breitner ist als kritischer Zeitgenosse bekannt. Der Weltmeister von 1974 ist ein Freund des offenen Worts.

Man muss seine Meinung nicht immer unbedingt teilen. Doch dieses Mal kann man ihm einfach nicht widersprechen.

"Es gab nur einen absoluten Superstar, und das ist und war Manuel Neuer", sagte Breitner im "Deutschlandfunk".

Neuers Leistung nicht anerkannt

Dich Neuer war bei der Wahl, die von Sportjournalisten durchgeführt worden war, nicht einmal unter den Top Ten. Breitner kann das nicht nachvollziehen.

"Ich verstehe nicht, warum niemand, Entschuldigung, den Arsch in der Hose hat, um zu sagen, okay, dann nehmen wir auch mal einen Torwart", sagt der ehemalige Star von Bayern München und Real Madrid.

"Wenn er die beste Leistung aller, aller anwesenden Spieler in einem Turnier gezeigt hat, dann nehme ich den und sage, du bist der absolute Superstar dieser WM."

Neuer war ? über das ganze Turnier betrachtet ? ohne Frage der beste Spieler der deutschen Mannschaft. Der Weltmeistermannschaft.

Doch bei Wahlen zählt meistens die Bekanntheit eines Spielers mehr als seine Leistung.

Neuer war überragend. ()

Vielseitigkeit ist Neuers stärke

Im Achtelfinale gegen Algerien glänzte er als mitspielender Torwart, der die Abwehrfehler seiner Vorderleute vorhersah und mit spektakulären Ausflügen aus seinem Strafraum mehrere Chancen des Gegners zu Nichte machte.

Im Viertelfinale gegen Frankreich rettete er in der Schlussphase mit einer Blitzreaktion den knappen Sieg, und im Endspiel ließ er die Argentiniens Stürmer verzweifeln.

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"Ein guter Torwart denkt nicht groß, er antizipiert die Situation. Er ist da, wo der Ball ist, und nimmt ihn sich. Es ist ein Automatismus", sagt Neuer über sein Spiel.

Zugegeben: Bei seiner Rettungstat gegen Gonzalo Higuain, den er bei seiner Faustabwehr an der Strafraumgrenze mit voller Wucht mit dem Knie erwischte, hatte er Glück.

Ein kritischer Moment

Es war Neuers einziger kritischer Moment während der gesamten WM.

"Manuel Neuer kann der beste deutsche Torwart aller Zeiten werden", hatte Ex-Nationalkeeper Jens Lehmann schon vor dem Finale erklärt.

Nach dem WM-Gewinn kann man sagen: Neuer ist der beste deutsche Torwart aller Zeiten. Es dürfte kaum jemanden geben, der dieser Behauptung widerspricht.

"Manuel ist unfassbar", sagt sein ehemaliger Vereinskollege Julian Draxler. "Bei Schalke war er schon super. Aber was er bei Bayern für eine Entwicklung genommen hat, auch von seiner Persönlichkeit her, dass kommt einem Oliver Kahn schon sehr nahe."

Der komplette Torwart

Neuer ist als Torwart kompletter als Kahn, der fußballerisch nicht das Niveau des Ex-Schalkers hatte.

Kahn führte die DFB-Auswahl bei der WM 2002 mit überragenden Leistungen ins Finale, machte aber beim 0:2 gegen Brasilien einen entscheidenden Fehler.

Ähnlich ging es Harald "Toni" Schumacher bei der WM 1986.

Im Endspiel gegen Argentinien patzte der damalige Kölner schwer. "Ich habe gehalten wie ein Arsch", sagte Schumacher später.

Experten schätzen Neuer auch stärker ein als die Weltmeister-Torhüter Toni Turek, Sepp Maier oder Bodo Illgner. "Ich mag keine Vergleiche", sagt Neuer bescheiden.

Superman im Tor

Er hat gehalten wie ein Supermann und nebenbei auch noch gezeigt, was das moderne Torwartspiel ausmacht.

Neuer spielte bei der WM laut offizieller FIFA-Statistik 244 erfolgreiche Pässe - zwei mehr als Messi! Der Argentinier brachte in sieben Spielen nur 68 Prozent seiner 356 Zuspiele beim Mitspieler an - Neuer 82 Prozent.

Es ist nur eine nebensächliche Statistik, sie sagt aber viel über Neuers Qualität aus.

Präsenz und gutes Stellungsspiel

"Jeder weiß, dass er ein wunderbarer Fußballer ist, der gut mitspielen kann", sagte Kahn als Experte im "ZDF", "aber entscheidend ist, dass er in den wichtigen Situationen da ist und seiner Mannschaft die Siege rettet."

Im Finale zog er den Argentiniern durch seine Präsenz, seine Ausstrahlung und sein gutes Stellungsspiel. Auch Messi verzweifelte am 28-Jährigen.

"Das Tolle bei Manuel: Seine besten Jahre kommen erst noch", glaubt Lehmann.

Neuer ist Welttorhüter, Europas Torwart des Jahres und bester Keeper der WM.

Teamplayer statt Egoist

Wenn er bei der nächsten WM in Russland dort weitermacht, wo er in Brasilien aufgehört hat, könnte der in vier Jahren den Goldenen Ball und den Goldenen Handschuh in den Händen halten.

Neuer hat fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Wenn er mit dem FC Bayern an die Erfolge der letzten zwei Spielzeiten anknüpft, könnte er Messi sogar bei der Wahl zum Weltfußballer überflügeln.

Sollte es nicht klappen, wird es ihn nicht umwerfen. Denn Neuer ist vor allen eins: ein Teamplayer. Er will vor allem seinen Mitspielern helfen.

"Sie sollen immer das Gefühl haben, sich auf mich verlassen zu können", sagt er. Und das können sie.