Von Francois Duchateau
Niederlande erleben Ribbeck-Moment
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Voller Spott reagiert die Fußball-Welt auf das 0:3 der Niederlande gegen die Türkei, der höchsten Pflichtspielniederlage der "Elftal" seit 1996.
Damals beim 1:4 gegen England als Kapitän auf dem Platz und heute als Hauptverantwortlicher an der Seitenlinie: Danny Blind.
Nur Lettland und Kasachstan schlechter
Die im vergangenen Jahr noch drittbeste Mannschaft der Welt weiß in der EM-Qualifikation derzeit nur Lettland und Kasachstan hinter sich zu lassen.
"Güle Güle Hollanda", schrieb Felipe Melo, Brasilianer im Dienste von Inter Mailand, voller Schadenfreude auf Instagram und hielt drei Finger in die Kamera. Auf Wiedersehen Holland.
Vergleich mit Ribbeck
Auf Twitter wurde Danny Blind bereits mit Erich Ribbeck verglichen. Tausende Holländer traten der Facebook-Gruppe "Belgischer Fan werden" bei.
Nach dem Abend der Schande von Konya muss festgehalten werden: Nicht nur der niederländische Vereinsfußball steckt international in einer Krise, auch die Nationalmannschaft ist auf dem Boden der Tatsachen angelangt.
Leichte EM-Qualifikation
Dabei war es nie leichter, sich für eine Europameisterschaft zu qualifizieren: Auf 24 Mannschaften stockte die UEFA das Teilnehmerfeld für die EURO 2016 auf.
Oranje ist weiter denn je vom Turnier in Frankreich entfernt und steht kurz davor, erstmals seit 1984 eine Europameisterschaft zu verpassen.
Blind sieht keine Fehler
Fatal: Angelangt an diesem Nullpunkt fehlt es an Einsicht bei den Beteiligten. Bondscoach Danny Blind wollte nach Abpfiff keine Fehler eingestehen.
Der 54-Jährige sah gute und vielleicht sogar mehr Chancen als bei den Hausherren, sprach von einem unglücklichen Spielverlauf gegen Island und erklärte das 0:3 gegen die Türkei mit individuellen Patzern.
Van Persie sieht "gute Chancen"
Robin van Persie sprach sogar von "Kontrolle" und "guten Chancen", nur Wesley Sneijder schüttelte den Kopf.
Der Galatasaray-Regisseur wusste nicht, was falsch läuft: "Vielleicht stecken wir in einer Phase, in der wir einfach nur viel Pech haben."
Wenig internationale Erfahrung
Fakt ist, dass Oranje mit diesem Kader WM-Dritter wurde. Schon in Brasilien bestand das Team aus einer Vielzahl von Akteuren, die vor allem Eredivisie- und wenig internationale Erfahrung besaß.
Louis van Gaals von Anfang an umstrittener Nachfolger Guus Hiddink schien hingegen nicht beunruhigt von den individuellen Qualitäten seiner Kicker und band ihnen die traditionelle, holländische Schule auf.
Mutloses Quergeschiebe
Doch statt 4-3-3 mit ruhigem Spielaufbau von hinten und Flügelspiel zeigte Oranje bei dieser Qualifikationskampagne leidenschaftsloses Hin- und Her-Geschiebe ohne Rat und Mut.
Assistent Blind folgte Hiddink blind, obwohl er unter van Gaal einen anderen Fußball und völlig andere Prinzipien mitgetragen hat. Ein Umstand, der zum Autoritätsproblem der Ajax-Ikone beiträgt, die bei seinen Aufgaben nach der aktiven Karriere stets scheiterte.
Blind schließt Rücktritt aus
Nach der miserablen Qualifikationskampagne denke er nicht an einen Rücktritt, sagte Blind (Vertrag bis 2018) dem Niederländischen Rundfunk: "Der Gedanke eines Abschiedes geht mir überhaupt nicht durch den Kopf."
Auch KNVB-Direktor Bert van Oostveen wich nicht von seiner Seite, was jedoch nicht verwundert, schließlich war er es, der die Tandem-Idee Hiddink/Blind installierte und Ronald Koeman links liegen ließ, der in der Bevölkerung breite Zustimmung genoss und Erfolge bei Feyenoord vorzuweisen hatte.
Krasser Fehler
Der Kontrast zu Van Gaal zeigt jedoch sehr wohl, dass die amtierende Trainerwahl ein krasser Fehlgriff war.
Rechnerisch ist es für die Niederlande noch möglich, der Türkei Platz drei in der Gruppe A abzuluchsen, sollte Terim-Elf es in den verbleibenden Spielen gegen die bereits qualifizierten Tschechen und Isländer verpassen, mindestens vier Punkte einzufahren.
Derzeit ist es jedoch wahrscheinlicher, dass Oranje weiteren Katastrophen entgegenschlittert.