Ein Wort reichte Bastian Schweinsteiger, um seinen EM-Auftakt zu beschreiben.
Schweinsteiger: Der Held aus dem Nichts
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"Unglaublich" nannte er seinen Kurzauftritt ab der 90. Minute samt Tor in der 92. zum 2:0-Sieg gegen die Ukraine in der ARD - und war sich wahrscheinlich nicht einmal bewusst, wie recht er damit auch ganz objektiv hatte.
Was sich kurz zuvor im Stadion von Lille abgespielt hatte, war aus gleich so vielen verschiedenen Gründen unglaublich, dass es selbst mit diesem Wort nur ungenügend beschrieben war.
Verletzungssorgen fast vergessen
Wie schon vor der WM 2014 hatte Schweinsteiger auch im Vorfeld der EM mit Verletzungssorgen zu kämpfen. Sein letztes Pflichtspiel hatte der 31-Jährige mit Manchester United am 20. März bestritten. Seither stand er nur rund 20 Minuten im letzten Härtetest vor dem Turnier gegen Ungarn auf dem Platz.
Und dann dieser Auftritt - auch wenn es noch ein bisschen an der nötigen Fitness fehlte. "Der Weg nach dem Jubel war lang, ich bin ein bisschen außer Atem", sagte Schweinsteiger kurz nach dem Spiel scherzhaft.
Ganz im Ernst betonte er dann aber auch, dass "alles sehr gut" sei: "Meine Verletzung ist ausgeheilt, ich fühle mich gut."
Tobias Schweinsteiger kontert Kritiker
Es war eine wichtige Botschaft vor allem für die deutschen Fans, waren die Zweifel am körperlichen Zustand des deutschen Kapitäns zuletzt doch groß gewesen.
Schweinsteigers Bruder Tobias fasste sie nachträglich noch einmal in Kürze zusammen. "Zu alt! Zu schwer! Zu langsam! Zenit überschritten!", schrieb er bei Twitter und konterte: "Boooooooooooooom! Bastian Schweinsteiger nie abschreiben!!!!" Mit Betonung auf den vier Ausrufezeichen.
Der Held des Abends wollte sich in den Katakomben nicht noch einmal äußern. Wortlos zog er durch die Mixed Zone von dannen, nachdem er ganz nebenbei mit seinem 14. EM-Einsatz auch noch den deutschen Rekordspieler Philipp Lahm eingeholt hatte.
Mesut Özil freut sich mit Schweinsteiger
Dafür sprachen andere über ihn. "Ich glaube, es war wichtig für ihn selbst. Durch das Tor wird er wahrscheinlich wieder viel mehr Selbstvertrauen haben", prophezeite Vorlagengeber Mesut Özil bei SPORT1. Die ganze Mannschaft sei "natürlich glücklich, dass Basti so ein Comeback gegeben hat, vor allem mit einem wichtigen Tor".
Mit dem Toreschießen hatte es Schweinsteiger in der Nationalmannschaft zuletzt nicht gerade, sein letzter Treffer datierte aus dem Oktober 2011. Aus dem Spiel heraus war er zuvor sogar seit August 2009 ohne eigenes Tor.
Selbst Joachim Löw überrascht
"Eigentlich war nicht geplant, dass Schweinsteiger so weit vorne auftaucht", sagte ein ebenfalls überraschter Joachim Löw.
Ob er seine Vorgaben für das weitere Turnier nun überdenken muss? Wohl eher nicht. Aber mit dem Mittelfeldstrategen gewinnt der Bundestrainer nicht nur eine zusätzliche taktische, sondern vor allem eine emotionale Komponente. Man denke nur an den blutüberströmten Schweinsteiger im WM-Finale 2014.
Und ganz nebenbei lieferte der ManUnited-Profi der deutschen Mannschaft auch noch ein gutes Omen: Sein Treffer war das erste deutsche Joker-Tor bei einer Europameisterschaft seit Oliver Bierhoffs legendärem Doppelpack im EM-Finale 1996.