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Der beispiellose Absturz des FC Bayern Polens

Der FC Bayern Polens im Sinkflug

Polens größter Klub Legia Warschau versinkt im Chaos. Auch Fredi Bobic, seit April in Warschau tätig, muss sich kritische Töne gefallen lassen.
Fredi Bobic erlebt eine schwierige Zeit bei Legia Warschau
Fredi Bobic erlebt eine schwierige Zeit bei Legia Warschau
© IMAGO/Newspix
Polens größter Klub Legia Warschau versinkt im Chaos. Auch Fredi Bobic, seit April in Warschau tätig, muss sich kritische Töne gefallen lassen.

Man stelle sich vor, der FC Bayern München würde aktuell seit Ende September auf einen Sieg in der nationalen Liga warten, kurz vor Weihnachten auf einem direkten Abstiegsplatz stehen und im internationalen Wettbewerb hoffnungslos abgeschlagen sein.

Zweifelsohne ein äußerst unwahrscheinliches Szenario - das mittlerweile jedoch den größten Klub Polens eingeholt hat.

Legia wartet seit langem auf einen Sieg in der Liga

Tatsächlich ist Legia Warschau in Polen das, was der FC Bayern in Deutschland ist. Zwischen der Saison 2012 und 2021 wurde der Klub in neun Saisons siebenmal Meister und belegte zweimal den zweiten Platz.

Zwar ist Legia diese Art Dominanz in den vergangenen Jahren ein wenig abhandengekommen, mit 15 Meistertiteln ist man dennoch polnischer Rekordmeister. Auch in der ewigen Tabelle der polnischen Ekstraklasa liegt Legia meilenweit vor Lech Posen an der Spitze.

Zahlen und Fakten, für die sich der Klub in der Gegenwart jedoch nichts kaufen kann. Seit dem 1:0-Heimsieg gegen Pogon Stettin am 28. September warten die treuen Anhänger des Hauptstadt-Klubs auf einen Sieg in der Liga.

Neun Spieltage später findet sich Legia auf einem direkten Abstiegsplatz wieder, ist im Pokal-Sechzehntelfinale gescheitert und hat sich in der Conference League aus der Ligaphase verabschiedet.

Es rumort gewaltig in einem Klub, der mittlerweile auch nicht mehr bei jedem Spiel auf den europaweit bekannten Support seiner Fanszene zählen kann.

Bobic verrät: Verhandlungen mit neuem Coach stocken

Auch ein Trainerwechsel konnte die Trendwende bislang nicht bringen. Im Sommer heuerte der Rumäne Edward Iordanescu an, musste nach gerade einmal 122 Tagen im Amt jedoch vorzeitig seinen Hut nehmen.

Seit dem 31. Oktober hat der Spanier Inaki Astiz in Warschau das Sagen, drei Remis und sechs Niederlagen sprechen aber eher gegen eine längere Weiterbeschäftigung.

Das sieht auch Fredi Bobic so, der seit April als „Head of Football Operations“ für Legia fungiert und seit Wochen um die Dienste von Trainer Marek Papszun buhlt.

Der 51-Jährige, derzeit noch Trainer von Liga-Konkurrent Rakow Tschenstochau, hat Bobic bereits seine Zusage für einen Wechsel zu Legia Warschau gegeben. Papszuns Verein in Person von Rakow-Eigentümer Michal Swierczewski schiebt dem Wechsel jedoch bisher einen Riegel vor.

„Beide Seiten wollten dasselbe, aber dann begann der Kampf. Es dauert nun schon sechs bis sieben Wochen, um den Trainer aus seinem Verein herauszuholen. Ich hoffe, dass wir bald bekannt geben können, dass er zu Legia kommt“, verriet Bobic zuletzt.

Ausbleibende Transfers als Hauptgrund der Talfahrt?

Nach seinem Engagement bei Hertha BSC suchte der frühere deutsche Nationalstürmer eine neue Herausforderung im Ausland und fand in Legia Warschau ein spannendes Projekt. Seit April leitet er dort die Fußballabteilung.

„Der Verein hat große Ambitionen und ich bin bereit, die Mannschaft dabei zu unterstützen, weitere Erfolge zu erzielen“, hatte er bei seinem Amtsantritt verlauten lassen. Monate später findet sich der Klub in einer sportlichen Talfahrt.

Den Misserfolg in Warschau machen polnische Medien auch am Transfersommer fest: Bobic und sein Sportdirektor Michal Zewlakow haben zwar ein großes Plus erwirtschaftet (11,7 Millionen Euro), allerdings die abgegebenen Schlüsselspieler nicht ersetzt bekommen.

Bobic kündigt Kader-Veränderungen an

Gerade in seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt hatte der 54-Jährige ein besonderes Gespür für den Kader bewiesen und den Grundstein für den heutigen Erfolg der Hessen gelegt. Wie es jedoch scheint, hat Bobic seinen Sinn für Transfers in Warschau noch nicht entdeckt.

„Ich habe nichts gegen Bobic, weil ich ihn nicht kenne. Bei allem Respekt: Ich weiß nicht, welche Rolle er spielt, was er für Legia geleistet hat“, hatte der ehemalige polnische Fußballer Zbigniew Boniek zuletzt verlauten lassen und in Polen damit für Aufsehen gesorgt.

Bobic selbst kündigte am vergangenen Sonntag nach einer weiteren Heimniederlage an, dass sich der Kader im Winter verändern wird.

„Manche Spieler haben ehrlich gesagt nicht den Mut, dieses Trikot zu tragen“, schimpfte er bei Canal+: „Und dafür übernehmen jetzt ich und alle im Verein die Verantwortung. Wir werden uns der Sache nicht entziehen. Aber ab Januar werden wir intensiv an der Vorbereitung auf die Rückrunde arbeiten. Im Frühjahr wird es keine Ausreden mehr geben.“