Der Sommer 2019 ist für die Fans von Atlético Madrid eine Achterbahnfahrt der Gefühle.
La Liga: João Félix am Scheideweg - Rekord-Transfer hat Zoff mit Atlético Madrids Trainer Diego Simeone
127-Millionen-Talent in der Sackgasse
Nach langem Hickhack verlässt Antoine Griezmann die Rojiblancos und schließt sich dem FC Barcelona an. Die Atlético-Anhänger sind außer sich, Griezmann wird zum Feindbild, zum Antihelden. Die Angst geht um. (Atlético Madrid - UD Levante am Mittwoch ab 19.00 Uhr im LIVETICKER)
Dann aber schnappen sich die Colchoneros João Félix für 127,2 Millionen Euro. Das portugiesische Wunderkind kommt nach 20 Toren und elf Assists in 43 Spielen von Benfica Lissabon zum Arbeiterklub.
Die Atlético-Anhänger sind außer sich - dieses Mal aber aus heller Vorfreude. Der Rekord-Transfer ein Ausrufezeichen. Der Stürmer mit der Zahnspange und dem Lausbuben-Antlitz soll das Aushängeschild des Vereins sein. Das Gesicht von Atlético!
Doch es lächelt nicht mehr. Aber auch in der dritten Saison seit seinem Wechsel warten die Fans auf den Durchbruch von João Félix. SPORT1 erklärt die Hintergründe.
Ärger zwischen Atlético-Coach Simeone und João Félix
Im Winter wollte das portugiesische Wunderkind unbedingt Madrid verlassen. Doch ein Transfer ließ sich nicht realisieren.
Der Hintergrund: João Félix und Coach Diego Simeone haben wohl ein angespanntes Verhältnis. Bislang drang davon aber weniger an die Öffentlichkeit. (NEWS: Alle aktuellen Infos zu La Liga)
Das änderte sich aber gravierend, als der Stürmer kürzlich gegenüber The Athletic seinem Unmut Luft machte - und zwar öffentlich: „Ich denke, wir alle wissen, was das Problem ist. Ich möchte es allerdings nicht sagen...“
Simeones Konter ließ nicht lange auf sich warten: „Zu dem, was João gesagt hat, müssen Sie ihn fragen. Ich arbeite im Einklang mit dem Team. Aber wenn ihm klar ist, was unser Problem ist, dann wäre es gut, das zu wissen…“
Solche öffentliche Auseinandersetzungen helfen niemanden. Weder João Félix, in der Marca einst als „Perle“ bezeichnet. Noch Simeone. Noch dem Verein.
Atlético steckt in einer sportlichen Krise
Erst recht, wenn man bedenkt, dass der amtierende spanische Meister in dieser Saison sportlich wenig zu überzeugen weiß. Die Titelverteidigung ist außer Reichweite.
In La Liga liegen die Colchoneros mit 39 Punkten nur auf dem vierten Platz - auf Tabellenführer Real Madrid sind es 15 (!) Zähler Rückstand. (DATEN: Die Tabelle von La Liga)
Und von hinten drängeln Barca (39), Real Sociedad (38) und der FC Villarreal (36). Das Verpassen der Champions-League-Ränge wäre der Super-GAU.
Immerhin konnte sich die Simeone-Truppe hinter dem FC Liverpool gerade so als Zweiter für das Achtelfinale der Königsklasse qualifizieren.
Dort wartet nun Manchester United. Kein leichtes Los. Eine titellose Saison droht, denn in der Copa del Rey mussten die Rojiblancos bereits im Achtelfinale die Segel streichen.
João Félix spielte trotz Verletzung
Auch João Félix konnte die sportliche Misere bislang nicht verhindern und kommt wettbewerbsübergreifend nur auf sieben Scorer-Punkte in 22 Spielen.
Zu wenig für seine unbestrittene Klasse. Aber unter Coach Simeone konnte er diese auch selten zeigen, denn in der Liga stand er nur sechs Mal in der Startelf. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan von La Liga)
Immer wieder musste der Stürmer die letzten zwei Jahre wegen seines Knöchels und Sprunggelenkes verletzungsbedingt pausieren oder mit Schmerzen spielen. Auf die Zähne beißen, wie er verriet:
„Es war eine schwierige Saison. Am Anfang ging es mir gut, dann kam die Verletzung, und ich spielte sechs Monate lang mit einem gebrochenen Knochen im Fuß. Die Leute wussten es nicht, sie merkten es erst nach der Operation.“
João Félix beteuerte zudem: „Es war meine Entscheidung, so zu spielen, zu versuchen, dem Team zu helfen. Es war schwierig, ja, aber ich fühlte mich als Teil davon, als Teil des Teams.“
Simeones arbeitsaufwendiger Fußball-Stil
Ob er sich nach seinem gescheiterten Winter-Transfer immer noch als Teil des Teams sieht, ist nicht bekannt.
Dafür weiß aber die spanische Presse, dass Feix mit Simeones eigenwilligem Fußball-Stil nicht zurechtkommt. Der argentinische Trainer zwinge João Felix in Situationen, in denen er nicht sein volles Potential ausschöpfen könne.
Beim schmächtigen Wunderkind mit dem treffenden Spitznamen „Furacão (Hurrikan) herrscht nur noch Flaute
Der Cholismo ist eben „dreckig“: Während Barca für Tiki-Taka und viel Ballbesitz bekannt ist, kommt Atlético mehr über Körpereinsatz und Laufbereitschaft. Es sieht zwar nicht schön aus, ist aber verdammt effektiv.
Und das sollte auch João Félix wissen und vor allem verkörpern. Denn als Simeone 2011 das sinkende Schiff übernahm, verdiente er sich schnell den Respekt seiner Spieler und impfte ihnen wieder Selbstbewusstsein ein.
Der intensive, direkte Spielstil - mit einer sattelfesten Abwehr und blitzschnellen Gegenangriffen - führte Atlético zu zwei Meisterschaften, einem Pokalsieg und zwei Triumphen in der Europa League.
Simeone steht für Erfolg, auch wenn die Rojiblancos in der Königsklasse zwei Mal im Endspiel unterlagen. João Félix dagegen blieb bis heute leider den Beweis schuldig, dass er 127,2 Millionen Euro wert ist.