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Leichtathletik: Lisa Mayer nach Mannheim über Olympia-Quali und Verletzungen

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Leichtathletik: Lisa Mayer nach Mannheim über Olympia-Quali und Verletzungen

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Mayer: "Freudentränen geflossen"

Lisa Mayers Karriere wurde durch Verletzungen zu einer emotionalen Achterbahnfahrt. Nun meldet sich die deutsche Sprint-Hoffnung in beeindruckender Manier zurück.
Lisa Mayer konnte ihren Erfolg in Mannheim kaum fassen
Lisa Mayer konnte ihren Erfolg in Mannheim kaum fassen
© Imago
Johannes Fischer
Johannes Fischer

Bis vor einigen Jahren galt Lisa Mayer neben Gina Lückenkemper als größte Hoffnung in der deutschen Sprintszene.

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Schon als Teenagerin sorgte sie mit Klassezeiten über die 100 und 200 Meter für Aufsehen. Doch während Lückenkemper internationale Erfolge einheimste und bei der EM in Berlin 2018 sogar Silber holte, blieb Mayer buchstäblich auf der Strecke.

Zahllose Verletzungen verhinderten in den vergangenen Jahren, dass die gebürtige Gießenerin ihr Potenzial auf der Tartanbahn abrufen konnte. Erst seit ihrem Trainerwechsel im vergangenen Jahr ging es aufwärts – und nun meldete sie sich eindrucksvoll zurück.

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Bei einem Meeting in Mannheim setzte sich die 25-Jährige nicht nur im Finale gegen ihre Konkurrentinnen durch, sondern knackte mit 11,12 Sekunden völlig überraschend die Olympianorm.

Bei SPORT1 erklärt Mayer ihre Gefühle nach dem Coup, was sie sich für die Olympischen Spiele vorgenommen hat und wo sie in Tokio mit einer Medaille liebäugelt.

SPORT1: Frau Mayer, am vergangenen Samstag sind Sie in Mannheim eine neue Bestleistung über 100 Meter gelaufen. Haben Sie schon realisiert, was Ihnen da gelungen ist?

Lisa Mayer: Ja, mittlerweile ist ein bisschen gesackt und ich habe es realisiert. Trotzdem freue ich mich natürlich immer noch.

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SPORT1: Wissen Sie noch, was Ihnen durch den Kopf ging, als Sie die Zeit gesehen haben?

Mayer: Im ersten Moment sind 11,14 Sekunden aufgeleuchtet. Da war mein erster Gedanke: 'Das kann doch nicht wahr sein!' und ich habe einen kleinen Schrei der Überraschung ausgestoßen. Der Lauf hat sich zwar gut angefühlt, aber mit einer solchen Zeit zum Einstieg rechnet man einfach nicht. Kurze Zeit später hat der Stadionsprecher sogar 11,12 Sekunden durchgesagt, was meine persönliche Bestzeit ist. Da sind mir schon die ersten Gratulanten um den Hals gefallen. Ich wollte aber erst noch den Wind abwarten, nicht dass ich mich zu früh über eine Bestzeit und die Olympianorm freue. Als das auch gültig war, sind bei mir die Freudentränen geflossen. Nach den letzten drei, vier Jahren mit den ganzen Rückschlägen war das eine unglaubliche Erlösung.

Bereits beim Zieleinlauf war Mayer (l.) bewusst, dass das eine gute Zeit war
Bereits beim Zieleinlauf war Mayer (l.) bewusst, dass das eine gute Zeit war

SPORT1: Was hatten Sie sich vor dem Lauf vorgenommen? Mit welchen Erwartungen sind sie ins Rennen gegangen?

Mayer: Mir ist es gelungen, mir keinen großen Kopf zu machen und zu große Erwartungen an mich selber zu richten. Ich wollte es besser machen als im Vorlauf, wo ich eine 11,30 Sekunden gelaufen bin. Das war okay, aber auch noch nicht richtig zufriedenstellend. In diesem Finale mit der deutschen Sprintelite wollte ich mich bestmöglich platzieren. Dass dabei so eine Zeit herumkommt, damit habe ich zum Saisoneinstieg niemals gerechnet.

Emotionale Achterbahnfahrt nach Verletzungspech

SPORT1: Wenn man Ihre Vorgeschichte mit den zahllosen Verletzungen kennt, ist die Zeit noch beeindruckender. Sind Sie in all den Jahren nicht auch mal verzweifelt, wenn die nächste Verletzung aufbrach?

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Mayer: Natürlich, das war eine emotionale Achterbahnfahrt, die man in all den Jahren durchlebt. Ich habe immer irgendwo gespürt, dass ich solche Zeiten noch draufhabe und noch viel ungezeigtes Potenzial in mir steckt. Aber wenn man einen Rückschlag nach dem anderen erleidet, sich immer wieder zurückkämpft, sich denkt, dass es jetzt klappt und der nächste Rückschlag folgt - dann ist das unglaublich kräftezehrend. Da kommen natürlich viele Zweifel auf, die man versucht, so schnell wie möglich beiseitezuschieben und im Keim zu ersticken. Aber der Gefühlsausbruch am Samstag zeigt, wie viel innerlicher Druck, den man vielleicht so gar nicht wahrgenommen hat, in den letzten Wochen, Monaten und Jahren auf mir lastete.

SPORT1: Vor knapp einem Jahr sind Sie zu Ihrem jetzigen Coach David Corell gewechselt. War das der entscheidende Impuls, dass Sie wieder mehr Vertrauen zu Ihrem Körper bekommen?

Mayer: Auf jeden Fall! Es war letztes Jahr klar, nachdem es wieder nicht funktionierte, dass ich definitiv etwas ändern muss. Ich habe ganz großes Vertrauen in David und seine Arbeit gesetzt und bin wahnsinnig glücklich, diesen Schritt getan zu haben. Mit seinen 28 Jahren ist er noch ein extrem junger Trainer, da kamen einige negative Stimmen auf, ob das mit solch einem unerfahrenen Coach klappen kann. Ich habe aber gleich die Chance gesehen und Alter spielt nicht die Rolle, auch wenn er natürlich nicht so eine große Erfahrung besitzt. Aber er ist ein sehr wissbegieriger Trainer, der auch mal nach links oder rechts schaut und sich nicht davor scheut, andere Meinungen einzuholen. Das habe ich als große Chance gesehen und er macht einfach einen unfassbar guten Job – was man an meiner Leistung in Mannheim gesehen hat. 

Mayer: "Schöne Ausgangsposition, die Konkurrenz geschockt zu haben"

SPORT1: Sie haben die Olympianorm von 11,15 Sekunden unterboten, was aber noch nicht die sichere Olympiateilnahme bedeutet. Dennoch haben Sie ein dickes Ausrufezeichen gesetzt. Glauben Sie, dass Sie Ihre Konkurrentinnen, wie Gina Lückenkemper oder Tatjana Pinto, ein wenig geschockt haben?

Mayer: Ich will es ein bisschen defensiv halten, weil ich es in den letzten Jahren gelernt habe, wie schnell sich im Sport Dinge ändern können. Für mich geht es in den kommenden Wochen erst einmal gesund zu bleiben, das ist das allerwichtigste. Dass ich schnell rennen kann, habe ich gezeigt. Wenn der Körper mitmacht, ist in dieser Saison noch ein bisschen was möglich. Die Konkurrenz wird definitiv nicht schlafen und bis zur letzten Sekunde um die Olympiatickets fighten – und der Kampf hat gerade erst begonnen. Es sind noch sechs Wochen Zeit, bis final nominiert wird. Trotzdem ist es eine schöne Ausgangsposition, selbst vorgelegt und die Konkurrenz zumindest ein bisschen geschockt zu haben. Das nimmt mit persönlich den Druck, dieser Norm hinterherrennen zu müssen, so dass ich die nächsten Wettkämpfe ein bisschen befreiter angehen kann. Trotzdem bin ich mir bewusst, dass der Kampf um die Tickets noch lange nicht entschieden ist.

Bereits 2016 startete Lisa Mayer (2.v.l.) zusammen mit Tatjana Pinto, Rebekka Haase und Gina Lueckenkemper (v.l.n.r.) in der 4x100m-Staffel und lief unter anderem bei Olympia auf Rang vier
Bereits 2016 startete Lisa Mayer (2.v.l.) zusammen mit Tatjana Pinto, Rebekka Haase und Gina Lueckenkemper (v.l.n.r.) in der 4x100m-Staffel und lief unter anderem bei Olympia auf Rang vier

SPORT1: Bei Olympia werden Sie vermutlich auch in der 4X100 Meter-Staffel antreten. Ist dort sogar eine Medaille drin, wenn alles glatt läuft?

Mayer: Wenn alles perfekt passt, das Glück auf unserer Seite ist und vier gesunde Mädels auf der Bahn stehen, dann ist eine Medaille definitiv möglich. Das Potenzial im deutschen Frauensprint ist in der breiten Spitze unglaublich stark. Gina Lückenkemper, Tatjana Pinto, Rebekka Haase und noch drei, vier andere Mädels mit 11,20er-Zeiten, die in den nächsten Wochen vielleicht noch schneller laufen werden, stehen für die Staffel bereit.

Tokio werden keine gewöhnlichen Spiele

SPORT1: Die Spiele in Tokio stehen unter keinem guten Stern. In Japan will ein Großteil der Bevölkerung, dass Olympia erneut wegen der steigenden Corona-Zahlen verschoben werden sollte. Wie sehen Sie als Sportlerin dieses Dilemma?

Mayer: Es ist unglaublich schwierig und ich möchte nicht in der Haut stecken, der solche Dinge entscheiden muss. Ich kann verstehen, dass die Bevölkerung vor Ort ihre Zweifel hat und gegen die Austragung der Spiele ist. Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen alles tun werden, um sichere Spiele für uns alle durchzuführen. Wir Sportler hatten durch die ganzen Diskussionen ein Jahr lang Zeit, uns damit gedanklich auseinanderzusetzen, dass es keine gewöhnlichen Spiele werden. Ich gehe sehr offen an die Sache heran und bin dankbar, dass die Spiele stattfinden werden, weil es das größte sportliche Ereignis ist. Ich habe das Glück, dass ich schon 2016 die Spiele in Rio erleben durfte und auch 2024 noch in einem Alter bin, wo ich die Chance habe, mich dafür zu qualifizieren. Aber für die Sportler, für die es ein einmaliges Erlebnis ist, wäre es unfassbar tragisch, wenn die Spiele abgesagt würden.