Er war einer der letzten Olympiasieger der DDR, holte 1988 in Seoul Gold in der Königsdisziplin der Leichtathletik. 30 Jahre danach legte er das späte Geständnis ab, dass sein Aufstieg auf Betrug beruhte.
Ein deutsches Gold mit Doping-Makel
Heute vor 36 Jahren gewann Christian Schenk den olympischen Zehnkampf in Olympiastadion - aus westdeutscher Sicht vor allem in Erinnerung für das Fehlstart-Debakel von Jürgen Hingsen.
Mit sieben persönlichen Bestleistungen übertrumpfte der Sohn des früheren DDR-Hürdenmeisters Eberhard Schenk Landsmann Torsten Voss, den Kanadier Dave Steen und den Titelverteidiger und Hingsen-Rivalen Daley Thompson aus England. Drei Jahrzehnte später gab Schenk zu, dass hinter den größten Erfolg seiner Karriere ein Sternchen gehört: Der Rostocker war Teil des Staatsdopingsystems der DDR - und war sich dessen bewusst.
Christian Schenk war gedopt: „Wir nannten sie Smarties“
„Ich habe gedopt, und ich wusste, dass ich dope“, schrieb der heute 59-Jährige in seiner 2018 veröffentlichten Autobiografie „Riss - Mein Leben zwischen Hymne und Hölle“.
„Anfangs bestritt ich, jemals verbotene Mittel eingenommen zu haben. Dann legte ich mir die juristisch etwas weichere Antwort zurecht, ich hätte nie wissentlich gedopt. Beides war gelogen“, stellte Schenk klar - und wurde damit zu einem der wenigen gedopten Spitzenathleten, die offen über ihre Vergangenheit reden.
Schenk gestand unter anderem ein, zu DDR-Zeiten, das Mittel Oral-Turinabol genommen zu haben. Er habe zwar nicht von Anfang an wissentlich gedopt, doch lange habe es nicht gedauert, bis er begriff, „dass es Mittel waren, über die man besser nicht sprach“.
Bei einem Trainingslager in Bulgarien seien den Sportlern verschiedene Mittel verabreicht worden: „In Belmeken erlebte ich es, dass zu den Mahlzeiten auf den Tellern der Athleten die verschiedensten Pillen ausgeschüttet wurden. Wir nannten sie Smarties. Was genau wir da schluckten, weiß ich nicht. Angeblich waren es Vitamine und Mineralien.“
Schenk kämpfte jahrelang mit psychischen Problemen
Schenk feierte nach dem Gold von Seoul - das er wegen Verjährung auch nach seinem Geständnis behalten durfte - weitere Erfolge: 1990 bei der EM in Split und 1991 bei der WM in Tokio holte er Bronze, seine sportliche Karriere endete 1994.
Neben seiner Dopingvergangenheit offenbarte Schenk 2018 auch schwere psychische Probleme und Suizidgedanken, der FAZ berichtete er von einer bipolaren Störung, die Depressionen und Verfolgungswahn zur Folge gehabt hätten - womöglich eine Spätfolge des früheren Dopingmissbrauchs.
An Silvester 2016 sei es zu einem besonders beunruhigenden Ausbruch gekommen: “Ich hielt mich für Anis Amri, den Attentäter vom Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz. Das war für mich der Horror. Ich habe mich vollständig mit ihm identifiziert, ich glaubte, ich hätte den Lastwagen in den Weihnachtsmarkt gesteuert und alle die Menschen getötet. Meine Ärzte und ich haben das bis heute nicht aufklären können.“
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Anmerkung der Redaktion: Wenn Sie sich selbst von Depressionen und Suizidgedanken betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (http://www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in zahlreichen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.
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Schenk arbeitete nach seiner Karriere einige Zeit für das ZDF, wurde dann Unternehmer und engagiert sich für viele soziale Zwecke, unter anderem für die SOS-Kinderdörfer und als Initiator eines jährlichen Sportfestivals für Inklusion in Rostock.